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Textstrukturen und weibliche Subjektivität in Texten von Leslie ...

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da<strong>von</strong> aus, daß Sprache die Wirklichkeit nicht abbildet, sondern konstruiert.<br />

Die unterschiedlichen Vorstellungen vom Verhältnis zwischen Sprache <strong>und</strong> Realität be<strong>in</strong>halten, so me<strong>in</strong>e<br />

Argumentation, entsprechende Unterschiede <strong>in</strong> der Subjektkonstruktion. Die Selbstf<strong>in</strong>dungstexte unterstellen,<br />

daß es e<strong>in</strong> <strong>weibliche</strong>s Wesen, e<strong>in</strong>e <strong>weibliche</strong> Identität gibt, die <strong>von</strong> der patriarchalen Gesellschaft verschüttet<br />

wurde <strong>und</strong> die es nun wieder aufzuf<strong>in</strong>den <strong>und</strong> freizulegen gilt. Die Autor<strong>in</strong>nen der experimentellen Texte, die<br />

zumeist mit den neuesten strukturalistischen, psychoanalytischen, philosophiekritischen Theorien vertraut 35 <strong>und</strong><br />

zum Teil selbst an der Theoriebildung <strong>in</strong> diesen Bereichen beteiligt s<strong>in</strong>d, gehen h<strong>in</strong>gegen da<strong>von</strong> aus, daß es ke<strong>in</strong>e<br />

vorgesellschaftliche Weiblichkeit gibt, <strong>und</strong> sich „<strong>weibliche</strong> <strong>Subjektivität</strong> <strong>in</strong> der <strong>und</strong> durch die Sprache<br />

[konstituiert]“. 36<br />

Die Selbstf<strong>in</strong>dungstexte können aufgr<strong>und</strong> ihrer strukturellen Geme<strong>in</strong>samkeiten <strong>und</strong> ihres relativ gleichartigen<br />

Subjektentwurfs vere<strong>in</strong>heitlichend dargestellt werden, aus der experimentellen Literatur mit ihren<br />

unterschiedlichen Subjektentwürfen greife ich die Texte <strong>von</strong> Hélène Cixous heraus.<br />

Zunächst soll der <strong>weibliche</strong> Subjektentwurf der Selbstf<strong>in</strong>dungstexte beschrieben werden, mit e<strong>in</strong>em besonderen<br />

Augenmerk auf die Probleme, die er aus Sicht e<strong>in</strong>er fem<strong>in</strong>istischen Kritik aufwirft. Im Anschluß daran sollen mit<br />

Bezug auf die problematischen Aspekte dieses Subjektmodells die sprach- <strong>und</strong> subjektkritischen Reflexionen der<br />

fem<strong>in</strong>istischen Theorie <strong>und</strong> Kritik dargestellt werden. Danach beschreibe ich den theoretischen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en<br />

fiktionalen Subjektentwurf <strong>von</strong> Hélène Cixous<br />

Geme<strong>in</strong>sam ist den Autor<strong>in</strong>nen der experimentellen <strong>und</strong> der Selbstf<strong>in</strong>dungsliteratur e<strong>in</strong>e negative E<strong>in</strong>stellung<br />

gegenüber politischer, ökonomischer <strong>und</strong> symbolischer Macht, sowie e<strong>in</strong>e daraus resultierende Ablehnung <strong>von</strong><br />

Theorien, <strong>in</strong> denen sie e<strong>in</strong> Instrument männlicher Herrschaft sehen. Theorien <strong>und</strong> Diskurse, <strong>in</strong>sbesondere die<br />

Philosophie 37 , haben ihrer Ansicht nach die Funktion, patriarchale Machtstrukturen zu legitimieren <strong>und</strong> die<br />

symbolische Macht <strong>von</strong> Männern zu stützen. 38 Die theoriekritische bis theoriefe<strong>in</strong>dliche E<strong>in</strong>stellung bleibt nicht<br />

ohne Auswirkungen auf die Subjektentwürfe. Deshalb soll, nachdem die unterschiedlichen Entwürfe <strong>weibliche</strong>r<br />

<strong>Subjektivität</strong> <strong>und</strong> deren Probleme vorgestellt wurden, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em abschließenden Abschnitt die Zusammenhänge,<br />

die die Autor<strong>in</strong>nen zwischen Sprache, Theorie, Diskurs <strong>und</strong> Macht sehen, näher beleuchtet werden.<br />

1. Das Subjektmodell der ‚Selbstf<strong>in</strong>dungstexte‘<br />

Selbstf<strong>in</strong>dungstexte beschreiben die subjektiven Erfahrungen <strong>von</strong> Frauen <strong>in</strong> der patriarchalen, kapitalistischen<br />

Gesellschaft aus der Perspektive e<strong>in</strong>er Ich-Erzähler<strong>in</strong>. Zu den thematischen Merkmalen der Texte sei e<strong>in</strong>e<br />

Zusammenfassung <strong>von</strong> Heymann zitiert:<br />

Thematisch gestalten diese Autor<strong>in</strong>nen Schwerpunktbereiche, die <strong>von</strong> Christiane Rochefort <strong>in</strong> ‘Les<br />

stances à Sophie’ gleichsam paradigmatisch vorgegeben s<strong>in</strong>d: Sexualität, Ehe, Familie, Arbeitswelt,<br />

psychiatrische Praxis, psychoanalytische Erfahrungen <strong>und</strong> die jeweils speziellen Formen der realen<br />

Unterdrückung der Frau <strong>in</strong> der imperialistischen Industriegesellschaft, wobei die sexuelle Repression, der<br />

Frauen im öffentlichen wie privaten Leben ausgesetzt s<strong>in</strong>d, das zentrale, übergeordnete Thema ist. 39<br />

Die Protagonist<strong>in</strong>nen berichten meist über ihren Leidensweg, der Bewußtwerdung ihrer Situation als Frau <strong>und</strong><br />

ihren Selbstf<strong>in</strong>dungsprozeß. E<strong>in</strong> wesentliches Merkmal dieser Texte liegt <strong>in</strong> ihrer gesellschaftspolitischen<br />

35<br />

Zum E<strong>in</strong>fluß <strong>von</strong> Foucault, Lacan, Derrida auf die Neue Frauenliteratur vgl. Claire Duchen: Fem<strong>in</strong>ism <strong>in</strong><br />

France (1986), S72ff.<br />

36<br />

Burmeister (1985), S.1636.<br />

37<br />

Zur Bedeutung der Philosophie <strong>in</strong> Frankreich siehe Duchen (1986), S.68f. <strong>und</strong> Luce Irigaray: „pouvoir du<br />

discours / subord<strong>in</strong>ation du fém<strong>in</strong><strong>in</strong>“ (1975), S.34.<br />

38<br />

Vgl. Duchen (1986), S.68.<br />

39 Heymann (1991), S.32.<br />

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