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Textstrukturen und weibliche Subjektivität in Texten von Leslie ...

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signes tranparents... 425<br />

Da<strong>von</strong> unterscheidet sich der literarische Sprachgebrauch, der Sprache als materielle Realität betrachtet, die die<br />

Welt nicht bezeichnet, sondern aus sich heraus e<strong>in</strong>e Welt entstehen läßt:<br />

S’y oppose alors l’usage littéraire du langage: ici le langage cesse d’être un <strong>in</strong>strument, un moyen, les<br />

mots ne sont plus seulement des entités vides se référant au monde extérieur au langage, mais prennent<br />

une épaisseur sensible, une réalité dans les sons, les cadences et les rythmes. Lo<strong>in</strong> d’être pure référence au<br />

monde extérieur, le langage littéraire crée lui-même un monde. 426<br />

Die alltägliche, referentielle Sprache bezeichnet Blanchot auch als discours, die literarische Sprache, die sich<br />

ihrer Verweisfunktion entledigt hat <strong>und</strong> dadurch selbst e<strong>in</strong>e materielle Dichte gew<strong>in</strong>nt, nennt er écriture.<br />

...dans l’écriture vient au jour une version du langage autre que le langage référentiel, orienté sur le sens,<br />

sur le ‘message’ à transmettre, que Blanchot appelle le discours. 427<br />

An dieser Stelle läßt sich e<strong>in</strong>e erste Geme<strong>in</strong>samkeit zwischen den Diskursbegriff bei Blanchot <strong>und</strong> Kaplan<br />

feststellen. Indem Kaplan discours <strong>und</strong> signification mite<strong>in</strong>ander assoziiert, bestimmt sie wie Blanchot Diskurs<br />

als e<strong>in</strong>e Sprachform, die vorgegebene Bedeutungen transportiert.<br />

E<strong>in</strong>e weitere Geme<strong>in</strong>samkeit betrifft das Verhältnis <strong>von</strong> discours <strong>und</strong> écriture. Bei Blanchot ersche<strong>in</strong>en sie wie<br />

zwei Seiten der Sprache, die untrennbar mite<strong>in</strong>ander verb<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> sich <strong>in</strong> ständigem Konflikt bef<strong>in</strong>den:<br />

...le discours [est] en lutte perpétuelle avec une couche sous-jacente à lui: avec l’écriture qui menace<br />

l’ordre de la représentation et du sens. 428<br />

In Kaplans Äußerungen kl<strong>in</strong>gt diese Vorstellung <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em Spannungsverhältnis zwischen écriture <strong>und</strong> discours<br />

ebenfalls an, wenn sie ihre Spracharbeit als e<strong>in</strong> Herausnehmen <strong>und</strong> Herausreißen bezeichnet. Auch bei ihr<br />

ersche<strong>in</strong>t der Diskurs der écriture vorgeordnet, denn um zur écriture zu gelangen muß alles, was <strong>in</strong> der Sprache<br />

an e<strong>in</strong>en Diskurs er<strong>in</strong>nert, entfernt werden.<br />

Schließlich fällt noch e<strong>in</strong>e dritte Parallele zwischen Blanchot <strong>und</strong> Kaplan auf, <strong>und</strong> zwar <strong>in</strong> ihrer Vorstellung, daß<br />

die diskursive Sprache ihrem Gegenstand Gewalt antue. Blanchot sieht <strong>in</strong> der repräsentierenden Sprache „e<strong>in</strong>e<br />

ursprüngliche Gewaltsamkeit am Werk“ wie Peter Bürger es ausdrückt. 429 Bürger, der diesen Aspekt der Gewalt<br />

<strong>in</strong> Blanchots Sprachauffassung herausarbeitet, stellt fest, daß Blanchot an die Vorstellungen Hegels anknüpft, bei<br />

dem es heißt:<br />

Der erste Act, wodurch Adam se<strong>in</strong>e Herrschaft über die Thiere constituiert hat, ist, daß er ihnen Nahmen<br />

gab, d.h. sie als seyende vernichtete <strong>und</strong> sie zu für sich ideellen machte. 430<br />

Während Hegel die Vernichtung durch sprachliche Benennung im übertragenen S<strong>in</strong>n versteht, deute Blanchot sie<br />

<strong>in</strong>s Wörtliche um:<br />

Bei Hegel ist das ‘Vernichten’ der Tiere durch Adam e<strong>in</strong>deutig metaphorisch; sie sterben nicht wirklich,<br />

Blanchot behält zwar die metaphorische Rede bei, sucht sie aber so eng an die wörtliche zu knüpfen, daß<br />

der Unterschied verwischt wird. Das heißt, er <strong>in</strong>sistiert darauf, daß <strong>in</strong> der Sprache wirklich e<strong>in</strong><br />

Gewaltsames, Ausschließendes, eben: Tötendes am Werk ist. 431<br />

Die Vorstellung, daß der für Diskurse charakteristische Akt des Benennens e<strong>in</strong>e tatsächliche Vernichtung der<br />

genannten Sache darstellt, f<strong>in</strong>det sich auch <strong>in</strong> Kaplans Ansicht, Diskurse würden ihren Gegenstand auslöschen –<br />

anéantir.<br />

425 Schulte-Nordholt (1995), S.27.<br />

426 Schulte-Nordholt (1995), S.27.<br />

427 Schulte-Nordholt (1995), S.15.<br />

428 Schulte-Nordholt (1995), S.85.<br />

429 Peter Bürger: „Die Literatur <strong>und</strong> der Tod: Maurice Blanchot“ (1992), S.175.<br />

430 Hegel: Jenaer Systementwürfe I. Zitiert nach Bürger (1992), S.175f.<br />

431 Bürger (1992), S.176.<br />

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