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Textstrukturen und weibliche Subjektivität in Texten von Leslie ...

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psychoanalytischen) Diskursen 15 das sprachmächtige Subjekt e<strong>in</strong> männliches ist <strong>und</strong> ‚die Frau‘ als stumme<br />

Gr<strong>und</strong>lage für die Konstitution dieses männlichen Subjekts entworfen ist. Diskurse s<strong>in</strong>d aus ihrer Sicht negativ<br />

zu bewerten, da <strong>in</strong> ihnen e<strong>in</strong> bestimmtes Geschlechterverhältnis e<strong>in</strong>geschrieben ist, das dem Mann e<strong>in</strong>en<br />

Subjekt- <strong>und</strong> der Frau e<strong>in</strong>en Objektstatus zuspricht. 16 Auch <strong>Leslie</strong> Kaplan hat e<strong>in</strong>e äußerst negative Vorstellung<br />

<strong>von</strong> Diskursen, <strong>und</strong> ich vertrete erstens die These, daß Kaplan mit ihrem literarischen Programm e<strong>in</strong>es<br />

‚Schreibens ohne Machtausübung‘ implizit an die Diskussionen <strong>und</strong> Erkenntnisse der fem<strong>in</strong>istischen Kritik<br />

anknüpft, <strong>und</strong> zweitens daß sich der <strong>von</strong> ihr formulierte Schreibanspruch auf den Entwurf der <strong>weibliche</strong>n<br />

Figuren auswirkt, sowie e<strong>in</strong>e bestimmte Vorstellung des schreibenden Subjekts, also <strong>von</strong> sich selbst als Autor<strong>in</strong>,<br />

be<strong>in</strong>haltet.<br />

Die <strong>in</strong> der Neuen Frauenliteratur präsentierten Modelle <strong>weibliche</strong>r <strong>Subjektivität</strong> <strong>und</strong> die dort aufgeworfenen<br />

Probleme (e<strong>in</strong>er) <strong>weibliche</strong>r Subjektkonstruktion bilden den Ausgangspunkt für me<strong>in</strong>e Analyse der <strong>weibliche</strong>n<br />

Figuren bei <strong>Leslie</strong> Kaplan. Im ersten Kapitel me<strong>in</strong>er Arbeit sollen deshalb fiktionale <strong>und</strong> theoretische<br />

Subjektentwürfe der Neuen Frauenliteratur vorgestellt werden.<br />

Das zweite Kapitel geht der Frage nach, warum Kaplan, wenn sie zentrale Themen der fem<strong>in</strong>istischen<br />

Diskussion <strong>und</strong> Literatur aufgreift, diese Bezüge nicht explizit benennt. Auf der Gr<strong>und</strong>lage <strong>von</strong> Pierre Bourdieus<br />

literatursoziologischem Ansatz, den er <strong>in</strong> „Le champ littéraire“ (1991) entwirft <strong>und</strong> <strong>in</strong> Les règles de l’art (1992)<br />

ausbaut, versuche ich die implizite Beziehung zwischen den <strong>Texten</strong> Kaplans <strong>und</strong> der Neuen Frauenliteratur zu<br />

(er-)klären. Mit Bourdieu gehe ich da<strong>von</strong> aus, daß sich e<strong>in</strong> Text immer nach den dom<strong>in</strong>anten Positionen des<br />

literarischen Feldes zu e<strong>in</strong>em bestimmten Zeitpunkt ausrichtet, unabhängig da<strong>von</strong>, ob dies <strong>von</strong> der jeweiligen<br />

AutorIn reflektiert oder beabsichtigt ist. Aus dieser Perspektive argumentiere ich, daß e<strong>in</strong> Bezug zwischen der<br />

literaturästhetischen Position Kaplans <strong>und</strong> der fem<strong>in</strong>istischen Literatur <strong>und</strong> Theorie auch dann vorhanden ist,<br />

wenn die Autor<strong>in</strong> sich selbst nicht im Klaren darüber ist. Dieser theoretische Ansatz be<strong>in</strong>haltet also die<br />

Annahme, daß die Bedeutung e<strong>in</strong>es literarischen Werkes sich nicht <strong>in</strong> den bewußten Intentionen e<strong>in</strong>er AutorIn<br />

erschöpft. Wenn Kaplan sich nicht explizit auf die Neuen Frauenliteratur bezieht, die <strong>in</strong> den 70er Jahren<br />

sicherlich e<strong>in</strong>e der dom<strong>in</strong>anten Positionen darstellte, so liegt dies, wie ich argumentieren möchte, auch an<br />

bestimmten Entwicklungen <strong>in</strong>nerhalb des literarischen Feldes. Zum e<strong>in</strong>en ist es die zunehmend ablehnende<br />

Haltung der Medien gegenüber dem Fem<strong>in</strong>ismus, die es für angehende Autor<strong>in</strong>nen nicht ratsam ersche<strong>in</strong>en<br />

lassen mag, sich explizit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e fem<strong>in</strong>istische Tradition e<strong>in</strong>zureihen. Zum anderen setzt nach der<br />

theoriefreudigen Zeit der 60er <strong>und</strong> 70er Jahre e<strong>in</strong>e generelle Abkehr <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em an Theorien orientierten<br />

Schreiben e<strong>in</strong>, was bedeutet, daß die Autor<strong>in</strong>nen ihr Schreiben gr<strong>und</strong>sätzlich nicht mehr explizit auf Theorien<br />

<strong>und</strong> folglich auch nicht auf die fem<strong>in</strong>istische beziehen.<br />

Die Frage nach e<strong>in</strong>em <strong>weibliche</strong>n Subjektentwurf trage ich an die Texte Kaplans heran; Kaplan selbst wird<br />

vorwiegend <strong>von</strong> Problemen der ästhetischen Form umgetrieben. Die D<strong>in</strong>ge für sich sprechen zu lassen <strong>und</strong> sie<br />

nicht im Erzählen beherrschen zu wollen, ist e<strong>in</strong>e ihrer wichtigsten erzähltheoretischen Zielsetzungen. Von daher<br />

bietet sich e<strong>in</strong> Vorgehen an, das die Figurenentwürfe ausgehend <strong>von</strong> den literaturästhetischen Ansprüchen <strong>und</strong><br />

ihrer Umsetzung <strong>in</strong> den formalen Strukturen der Texte untersucht.<br />

Das dritte Kapitel ist e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>gehenden Untersuchung der <strong>Textstrukturen</strong> <strong>von</strong> L’excès-l’us<strong>in</strong>e, Kaplans erstem<br />

15<br />

Diskurs wird <strong>in</strong> der fem<strong>in</strong>istischen Kritik verstanden als Rede e<strong>in</strong>es Subjekts, mit der e<strong>in</strong> Wissen hergestellt<br />

wird.<br />

16<br />

Irigaray: Speculum. De l’autre femme (1974); „pouvoir du discours / subord<strong>in</strong>ation du fém<strong>in</strong><strong>in</strong>“ (1975); siehe<br />

auch die Darstellung <strong>von</strong> Irigarays Position bei Toril Moi: Sexus, Text, Herrschaft (1989) <strong>und</strong> Lena L<strong>in</strong>dhoff:<br />

E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die fem<strong>in</strong>istische Literaturtheorie (1995).<br />

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