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Textstrukturen und weibliche Subjektivität in Texten von Leslie ...

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Il faut absolument sortir des ornières du fém<strong>in</strong>isme simpliste, des témoignages nombrilistes. Il faut passer<br />

à des livres de réflexion qui situent les choses sur un autre plan: sur la condition huma<strong>in</strong>e en général, avec<br />

cette manière spécifique qu’ont les femmes de s’exprimer. 317<br />

Damit sche<strong>in</strong>t Rosadoni zugleich zu suggerieren, daß Frauen ihre Interesse nicht mehr auf ihre eigenen Probleme<br />

beschränken, sondern auf alle Fragen der Menschheit ausdehnen sollen. Diese Strategie hat zwar den Vorteil,<br />

daß Frauen dieses Terra<strong>in</strong> nicht mehr den Männern überlassen. Andererseits birgt diese Erweiterung der Themen<br />

die im Zusammenhang mit Cixous genannte Gefahr, daß das ursprüngliche Ziel des Fem<strong>in</strong>ismus, die<br />

Abschaffung der geschlechtsspezifischen Machtverhältnisse mit der daraus resultierenden Privilegierung <strong>von</strong><br />

Männern <strong>und</strong> Benachteiligung <strong>von</strong> Frauen, wieder <strong>in</strong> den H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> tritt.<br />

Die Umdeutung der Themen, die e<strong>in</strong>em spezifischen Interessen <strong>von</strong> Frauen (an der Änderung gesellschaftlicher<br />

Verhältnisse) entsprangen, zu Fragen <strong>von</strong> ‚allgeme<strong>in</strong>em Interesse‘, ist auch e<strong>in</strong>e Bewegung vom ‚Besonderen‘<br />

zum ‚Allgeme<strong>in</strong>en‘. Sie läßt sich deuten als e<strong>in</strong> (erneuter) Versuch, gegen den untergeordneten Status <strong>und</strong> die<br />

marg<strong>in</strong>ale Position, die den Frauen <strong>und</strong> ihrer Arbeit, ihren Interessen usw. <strong>in</strong> unserer Kultur zugewiesen ist,<br />

anzugehen.<br />

Diese Strategie der Umdeutung hat Mar<strong>in</strong>a Yaguello schon 1978 implizit vorgeschlagen:<br />

Il faudrait bâtir et imposer des modèles culturels fém<strong>in</strong><strong>in</strong>s (fondés sur une “spécifité” fém<strong>in</strong><strong>in</strong>e, si l’on<br />

veut) qui aient valeur universelle dans un monde où universel = mascul<strong>in</strong>. 318<br />

Frauen sollen Yaguello zufolge also ihre Erfahrungen, ihre Interessen, ihre Themen nicht mehr als spezifisch<br />

<strong>weibliche</strong> deklarieren, sondern ihnen Universalität zuschreiben. Da der Bereich des Menschlichen bisher <strong>von</strong><br />

Männern def<strong>in</strong>iert wurde, impliziert diese Vorgehensweise e<strong>in</strong>e ‚Fem<strong>in</strong>isierung‘ des Allgeme<strong>in</strong>en.<br />

Die skizzierte Neuorientierung <strong>in</strong>nerhalb der Frauenliteratur kann als Doppelstrategie verstanden werden: Zum<br />

e<strong>in</strong>en kann mit dem Verzicht auf bestimmte Reizwörter wie fém<strong>in</strong><strong>in</strong>e oder fém<strong>in</strong>iste, möglicherweise die<br />

antifem<strong>in</strong>istische Diskrim<strong>in</strong>ierung umgangen werden. Andererseits geben Autor<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Verleger<strong>in</strong>nen ihr<br />

fem<strong>in</strong>istisch-literarisches Anliegen nicht auf, sondern gehen <strong>in</strong> die Offensive, <strong>in</strong>dem sie für ihre Themen den<br />

Status der Allgeme<strong>in</strong>gültigkeit beanspruchen.<br />

In <strong>Leslie</strong> Kaplans literaturtheoretischen Stellungnahmen <strong>und</strong> <strong>in</strong> ihren literarischen <strong>Texten</strong> f<strong>in</strong>det sich, so me<strong>in</strong>e<br />

These, ebenfalls e<strong>in</strong>e Fem<strong>in</strong>isierung des Allgeme<strong>in</strong>en. Ihre Bestimmung <strong>von</strong> legitimer Literatur greift unter<br />

anderem auf Argumente aus der fem<strong>in</strong>istischen Theorie zurück, wird aber nicht als fem<strong>in</strong>istisch oder weiblich<br />

deklariert, sondern als ‚allgeme<strong>in</strong>gültig‘ dargestellt. Auch die Inszenierung <strong>von</strong> Problemen der <strong>Subjektivität</strong> ist<br />

<strong>in</strong> den literarischen <strong>Texten</strong> ausgehend <strong>von</strong> <strong>weibliche</strong>n Erfahrungen entwickelt, die jedoch nicht als solche<br />

benannt werden <strong>und</strong> somit implizit e<strong>in</strong>en Status <strong>von</strong> Allgeme<strong>in</strong>gültigkeit erhalten.<br />

317 Zitiert nach Neumann: „L’édition fém<strong>in</strong>iste aujourd’hui“ (1984), S.84.<br />

318 Yaguello: Les mots et les femmes (1978), S.68.<br />

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