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Textstrukturen und weibliche Subjektivität in Texten von Leslie ...

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Gewicht hat. 206 Relational heißt, daß der Faktor nicht isoliert, sondern nur <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit anderen sozialen<br />

Elementen wie Bildung, gesellschaftliche Beziehungen <strong>und</strong> ähnlichem wirksam ist. 207 Die Gewichtung des<br />

Geschlechts ist zwar je nach Feld unterschiedlich, die Vorzeichen des symbolischen Kapitals, d.h. des Prestiges,<br />

das es be<strong>in</strong>haltet, s<strong>in</strong>d jedoch <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong>deutig geschlechtsspezifisch verteilt, <strong>und</strong> zwar zum Nachteil <strong>von</strong><br />

Frauen:<br />

We may nevertheless start from the assumption that <strong>und</strong>er current social conditions and <strong>in</strong> most contexts<br />

maleness functions as a positive and femaleness as negative symbolic capital. 208<br />

Wenn der E<strong>in</strong>fluß <strong>von</strong> Geschlecht sich also verändern kann, heißt dies, daß die negative Wirkung <strong>von</strong><br />

Weiblichkeit nicht <strong>in</strong> jedem Kontext <strong>und</strong> zu jedem Zeitpunkt gleich groß ist:<br />

One <strong>in</strong>terest<strong>in</strong>g consequence of this is that we cannot assume that femaleness will carry equal amounts of<br />

negative capital throughout a woman’s life or <strong>in</strong> all social fields. 209<br />

Die negative Wirkung des <strong>weibliche</strong>n Geschlechts macht sich also unterschiedlich stark bemerkbar, je nach<br />

Menge des gesamten angesammelten symbolischen Kapitals, über das die Akteur<strong>in</strong> verfügt. Der Zusammenhang<br />

zwischen <strong>weibliche</strong>m Geschlecht <strong>und</strong> anderen, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Feld wirksamen Faktoren, ist laut Moi dabei folgender:<br />

Je mehr Kapital e<strong>in</strong>e Frau angesammelt hat, desto ger<strong>in</strong>ger ist die negative Auswirkung ihrer<br />

Geschlechtszugehörigkeit:<br />

In general, the impact of femaleness as negative capital may be assumed to decl<strong>in</strong>e <strong>in</strong> direct proportion to<br />

the amount of other forms of symbolic capital amassed. Or to put it the other way ro<strong>und</strong>: although a<br />

woman rich <strong>in</strong> symbolic capital may lose some legitimacy because of her gender, she still has more than<br />

enough capital left to make her impact <strong>in</strong> the field. 210<br />

Moi führt als Beispiel Simone de Beauvoir an, deren <strong>in</strong> den 50er Jahren angesammeltes symbolisches Kapital so<br />

groß sei, 211 daß ihr Geschlecht kaum mehr ihren Status im <strong>in</strong>tellektuellen Feld bee<strong>in</strong>trächtigen könne. Im<br />

Gegenteil könne gerade die Tatsache, daß an Beauvoirs starker Position nicht mehr zu rütteln gewesen sei, die<br />

sexistischen Angriffe seitens männlicher Konkurrenten erklären, die e<strong>in</strong>e schwächere Position <strong>in</strong>nehatten. 212<br />

Ganz anders verhält es sich dagegen bei Autor<strong>in</strong>nen, die am Beg<strong>in</strong>n ihrer Karriere stehen, d.h. noch wenig<br />

symbolisches Kapital erworben haben. In ihrem Fall ist im Umkehrschluß zu Mois Aussage anzunehmen, daß ihr<br />

Geschlecht im Rezeptionsprozeß noch e<strong>in</strong>e vergleichsweise große negative Rolle spielt. Gestützt wird diese<br />

Annahme durch e<strong>in</strong>e Untersuchung, die gezeigt hat, daß die Texte <strong>von</strong> Autor<strong>in</strong>nen <strong>von</strong> männlichen Kritikern<br />

tendenziell unvorteilhaft beurteilt, d.h. nicht als Literatur anerkannt werden. 213 Schon 25 Jahre bevor im Zuge<br />

der Neuen Frauenbewegung Autor<strong>in</strong>nen begannen, selbst e<strong>in</strong> geschlechtsspezifisch <strong>weibliche</strong>s Schreiben für sich<br />

<strong>in</strong> Anspruch zu nehmen, wurden die Romane <strong>von</strong> Autor<strong>in</strong>nen <strong>von</strong> der männlichen Literaturkritik unter der<br />

Rubrik „ouvrages de dames“ zusammengefaßt <strong>und</strong> abgehandelt. 214 Die E<strong>in</strong>ordnung der Texte erfolgte also nicht<br />

206<br />

„...gender is always a socially variable entity, one which carries different amounts of symbolic capital <strong>in</strong><br />

different contexts.” (Moi, 1991, S.1036; kursiv im Orig<strong>in</strong>al).<br />

207<br />

Vgl. Moi (1991), S.1035f.<br />

208<br />

Moi (1991), S.1036.<br />

209<br />

Moi (1991), S.1038.<br />

210<br />

Moi (1991), S.1038; kursiv im Orig<strong>in</strong>al.<br />

211<br />

Zusätzlich zu dem mit der agrégation <strong>in</strong> Philosophie erworbenen ‚<strong>in</strong>tellektuellen Kapital‘ habe Beauvoir vor<br />

allem durch ihre Beziehung zu Sartre, der <strong>in</strong> den 50er Jahren das <strong>in</strong>tellektuelle Feld dom<strong>in</strong>ierte, äußerst<br />

wichtiges <strong>und</strong> nützliches ‚soziales Kapital‘ angesammelt, so Moi (1991), S.1038f.<br />

212<br />

Vgl. Moi (1991), S.1039.<br />

213<br />

Vgl. Chantal Théry: „Madame, votre sexe... Les auteurs de manuels et les femmes écriva<strong>in</strong>s“ (1985); Théry<br />

zeigt am Beispiel <strong>von</strong> Autor<strong>in</strong>nen vom Mittelalter bis zum 19. Jahrh<strong>und</strong>ert, wie diese <strong>in</strong> zwischen 1880 <strong>und</strong><br />

1965 verfaßten Lehrbüchern mit Herablassung behandelt werden. Die Verfasser erkennen den literarischen<br />

Werken <strong>von</strong> Frauen ke<strong>in</strong>e der als positiv geltenden Qualitäten, wie Orig<strong>in</strong>alität, durchdachte Komposition,<br />

Individualität, künstlerische Kreativität zu.<br />

214<br />

Vgl. Michèle Perre<strong>in</strong>: „A<strong>in</strong>si parle une telle qui écrit“ (1982), S.18f.<br />

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