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Textstrukturen und weibliche Subjektivität in Texten von Leslie ...

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e<strong>in</strong>er ‘männlichen’ <strong>und</strong> ‘<strong>weibliche</strong>n’ Ökonomie, e<strong>in</strong>er b<strong>in</strong>ären Opposition also“. 168 Der „universalen ‘Ökonomie<br />

des Eigenen’ halte Cixous das „verabsolutierte Gegenteil, [...] e<strong>in</strong>e subjektlose ‘<strong>weibliche</strong>’ Verausgabung“<br />

entgegen. 169 Es entstehe der E<strong>in</strong>druck, daß sich Cixous jede Vorstellung <strong>von</strong> Subjektwerdung verbietet, <strong>in</strong> der<br />

Abgrenzung <strong>von</strong> der/dem Anderen e<strong>in</strong> Bestandteil wäre. Aber, so fragt L<strong>in</strong>dhoff, „Warum nicht e<strong>in</strong> Alternieren<br />

<strong>von</strong> Entäußerung <strong>und</strong> Aneignung denken, das nicht mehr, wie die Hegelsche Dialektik, <strong>von</strong> vornhere<strong>in</strong> unter<br />

dem Primat des Eigenen stünde?“ 170 Cixous theoretisiere ihr Schreiben nur als Verausgabung, obwohl es, wie<br />

L<strong>in</strong>dhoff feststellt, „nicht bloße Entäußerung, sondern e<strong>in</strong> Wechsel <strong>von</strong> Nehmen <strong>und</strong> Geben: Öffnung zum<br />

Fremden <strong>und</strong> subjektive An-Eignung [ist]“. 171<br />

Zusammenfassend läßt sich sagen, daß der <strong>von</strong> Cixous vorgelegte Subjektentwurf zwar nicht als<br />

Machtbeziehung zwischen zwei Subjekten gedacht ist, <strong>von</strong> denen das e<strong>in</strong>e das andere unterwirft. Aber <strong>in</strong>dem sie<br />

die Eigenschaft zur Selbstentäußerung, e<strong>in</strong>e aus ihrer Sicht genu<strong>in</strong> <strong>weibliche</strong> Fähigkeit, zur Gr<strong>und</strong>lage ihres<br />

Subjektentwurfs macht, schreibt sie die <strong>weibliche</strong> <strong>Subjektivität</strong> e<strong>in</strong>seitig als Selbstverlust fest. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

untergräbt sie mit der <strong>von</strong> ihr als positiv dargestellten Selbstauflösung der <strong>weibliche</strong>n Figuren implizit den für<br />

sie angestrebten Subjektstatus.<br />

3. Theorie <strong>und</strong> Macht<br />

In den vorausgegangenen Abschnitten zum <strong>weibliche</strong>n Subjektentwurf <strong>in</strong> der Neuen Frauenliteratur hat sich<br />

gezeigt, daß jeder dieser Entwürfe spezielle Probleme mit sich br<strong>in</strong>gt, die der Intention, Frauen e<strong>in</strong>en<br />

Subjektstatus zu verleihen, entgegensteht. Die Selbstf<strong>in</strong>dungstexte, die sich um den Entwurf e<strong>in</strong>es emanzipierten<br />

<strong>weibliche</strong>n Subjekts bemühen, das „selbständig, selbstbewußt <strong>und</strong> unabhängig <strong>von</strong> tradierten Rollenmustern <strong>und</strong><br />

männlichen Zuschreibungen <strong>und</strong> Bevorm<strong>und</strong>ungen“ se<strong>in</strong> sollte, 172 greifen auf traditionelle autobiographische<br />

Schreibmuster zurück <strong>und</strong> übersehen dabei, daß diese schon e<strong>in</strong> Subjektmodell transportieren, das ihren<br />

angestrebten autonomen <strong>weibliche</strong>n Subjektentwurf unterläuft. Hélène Cixous h<strong>in</strong>gegen hat das <strong>in</strong> den<br />

dom<strong>in</strong>anten Diskursen implizit oder explizit entworfene Geschlechterverhältnis analysiert. Aus diesem Gr<strong>und</strong><br />

gel<strong>in</strong>gt es ihr weitgehend, e<strong>in</strong>en alternativen <strong>weibliche</strong>n Subjektentwurf vorzulegen. In ihrem Bemühen, die<br />

Wiederholung alter Strukturen zu vermeiden, verfällt sie jedoch <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Extrem, das ihrem Entwurf e<strong>in</strong>es<br />

<strong>weibliche</strong>n Subjekts abträglich ist: Es hat den Ansche<strong>in</strong> als ob Cixous, um zu verh<strong>in</strong>dern, daß der <strong>in</strong>tersubjektive<br />

Austausch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e hierarchisches Subjekt-Objekt-Verhältnis mit umgekehrten Rollen umkippt, Weiblichkeit als<br />

Verausgabung <strong>und</strong> damit Selbstentäußerung propagiert.<br />

Die kritischen Aspekte beider Subjektentwürfe lassen sich me<strong>in</strong>er Ansicht nach auf die theoriekritische bis -<br />

fe<strong>in</strong>dliche Haltung der Autor<strong>in</strong>nen zurückführen. Theorien s<strong>in</strong>d aus der Perspektive der fem<strong>in</strong>istischen Kritik<br />

Macht<strong>in</strong>strumente, die Männer e<strong>in</strong>setzen, um ihre kulturelle Vorherrschaft zu legitimieren <strong>und</strong> zu festigen. 173<br />

Bei den Autor<strong>in</strong>nen der Selbsterfahrungsliteratur geht die tendenziell theoriefe<strong>in</strong>dliche Haltung e<strong>in</strong>her mit e<strong>in</strong>em<br />

relativ naiven Sprachverständnis, das die Repräsentationsfähigkeit <strong>von</strong> Sprache nicht h<strong>in</strong>terfragt, sowie mit der<br />

Verwendung ‚naturalisierter‘ literarischer Formen. Die Ausarbeitung oder Verwendung elaborierter sprachlicher<br />

<strong>und</strong> literarischer Formen be<strong>in</strong>haltet ihrer Ansicht nach e<strong>in</strong>en Willen zu Dom<strong>in</strong>anz, e<strong>in</strong>es männlichen<br />

168 L<strong>in</strong>dhoff (1995), S.126.<br />

169 L<strong>in</strong>dhoff (1995), S.126.<br />

170 L<strong>in</strong>dhoff (1995), S.127.<br />

171 L<strong>in</strong>dhoff (1995), S.127.<br />

172 Weigel: Die Stimme der Medusa. Schreibweisen <strong>in</strong> der Gegenwartsliteratur <strong>von</strong> Frauen (1987), S.95.<br />

173 Vgl. Claire Duchen: Fem<strong>in</strong>ism <strong>in</strong> France (1986), S.68; 82.<br />

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