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Textstrukturen und weibliche Subjektivität in Texten von Leslie ...

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oîte de vitesses.“ (17) Inhaltlich konkret vorstellbar wird die so bezeichnete Arbeit dennoch nicht, weil das<br />

Verb monter für e<strong>in</strong>e ganze Reihe unterschiedlicher Tätigkeiten benutzt wird. 381 Da die e<strong>in</strong>zelnen Arbeitsschritte<br />

der sogenannten Montage nicht beschrieben werden, bleibt die Arbeit abstrakt. Und als sollte dem E<strong>in</strong>druck<br />

entgegengewirkt werden, es könnte sich bei der Montage des Getriebes um e<strong>in</strong>e qualifizierte, anspruchsvolle<br />

Arbeit handeln, ist e<strong>in</strong> Satz vorgeschoben, der schon vorab e<strong>in</strong>e solche Vorstellung erst gar nicht aufkommen<br />

läßt:<br />

On ne sait rien faire.<br />

On monte une boîte de vitesses. (17)<br />

So wird suggeriert, daß die genannte Tätigkeit ke<strong>in</strong>erlei Fähigkeiten voraussetzt.<br />

Wie unbestimmt die <strong>in</strong> L’excès-l’us<strong>in</strong>e angedeuteten Arbeitsvorgänge bleiben, zeigt sich im Vergleich mit<br />

Marianne Herzogs Dokumentation „Von der Hand <strong>in</strong> den M<strong>und</strong>. Frauen im Akkord.“ 382 Herzog versucht <strong>von</strong><br />

ihren eigenen Erfahrungen <strong>in</strong> den 70er Jahren ausgehend, die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen <strong>und</strong> Arbeitsprozesse <strong>in</strong><br />

verschiedenen Fabriken möglichst anschaulich darzustellen.<br />

Bei der Lektüre ihres Buches zeigt sich, daß das Verb montieren nur sche<strong>in</strong>bar e<strong>in</strong>e spezifische Tätigkeit angibt.<br />

Tatsächlich aber dient es als Sammel- <strong>und</strong> Überbegriff für das Bearbeiten <strong>und</strong> Zusammenbauen verschiedener<br />

Werkteile, die <strong>in</strong> der Regel so weit zerlegt s<strong>in</strong>d, daß das Endprodukt nicht mehr erkennbar ist. Die<br />

Bezeichnungen „Deckel montieren“ oder „Metallplatten montieren“ 383 s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>haltlich so allgeme<strong>in</strong>, daß sie e<strong>in</strong>er<br />

Erläuterung bedürfen. Herzog, die darum bemüht ist, die Fabrikarbeit möglichst wirklichkeitsnah zu<br />

beschreiben, liefert regelmäßig solche Erklärungen. In dem Abschnitt „Staubsauger montieren“ bspw. listet sie<br />

alle 15 Arbeitsschritte, die zusammen e<strong>in</strong>e Montage bilden, auf <strong>und</strong> fügt noch e<strong>in</strong>e Zeichnung bei. 384<br />

In L’excès-l’us<strong>in</strong>e dagegen werden die e<strong>in</strong>zelnen Arbeitsgänge <strong>und</strong> Handgriffe zur Montage des Getriebes nicht<br />

erklärt, so daß die Arbeit auch <strong>in</strong> diesem Fall abstrakt bleibt.<br />

Während Herzog versucht, die durch Fragmentarisierung unverständlich gewordene Arbeit zu veranschaulichen,<br />

d.h. die abstrakt gewordene Arbeit wieder zu konkretisieren, treibt Kaplan die Abstraktion noch weiter, bis die<br />

Arbeit völlig entwirklicht ersche<strong>in</strong>t. E<strong>in</strong> wesentliches Verfahren dieser Abstraktion ist neben den zuvor<br />

beschriebenen Stilmitteln die Evokation <strong>von</strong> Zeitlosigkeit, die alle Bewegungen, Vorgänge <strong>und</strong> Tätigkeiten <strong>in</strong><br />

der Fabrik als endlos ersche<strong>in</strong>en läßt. Dies soll wiederum im Vergleich mit dem Text <strong>von</strong> Herzog verdeutlicht<br />

werden.<br />

Die Länge der täglichen Arbeitszeit ist schon für Herzog e<strong>in</strong> wesentlicher Faktor der Akkordarbeit, den es bei<br />

e<strong>in</strong>er Dokumentation der Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen unbed<strong>in</strong>gt darzustellen gilt. An den Fernsehberichten über<br />

Fabrikarbeit kritisiert sie, daß sie mit ihren Bildern nicht e<strong>in</strong>fangen könnten, was es bedeute, 8 St<strong>und</strong>en im<br />

Akkord zu arbeiten, weil sie immer nur kurze Ausschnitte aus den jeweiligen Arbeitsprozessen zeigten. 385<br />

Herzog versucht das Problem der zeitlichen Darstellung zu lösen, <strong>in</strong>dem sie den Verlauf e<strong>in</strong>es ganzen<br />

Arbeitstages beschreibt. 386 Sie sche<strong>in</strong>t jedoch selbst nicht ganz da<strong>von</strong> überzeugt zu se<strong>in</strong>, daß es ihr damit gel<strong>in</strong>gt,<br />

381<br />

Monter kann auch e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>aufbr<strong>in</strong>gen bezeichnen; diese Bedeutung sche<strong>in</strong>t mir im vorliegenden Kontext<br />

jedoch wenig wahrsche<strong>in</strong>lich.<br />

382<br />

Berl<strong>in</strong> 1976.<br />

383<br />

Marianne Herzog: Von der Hand <strong>in</strong> den M<strong>und</strong>. Frauen im Akkord (1976), S.71.<br />

384<br />

Herzog (1976), S.68-69.<br />

385<br />

Vgl. Herzog (1976), S.81.<br />

386<br />

Vgl. die Kapitel: „Röhren schweißen. E<strong>in</strong> 8-St<strong>und</strong>entag“ (12ff.) <strong>und</strong> „Staubsauger montieren. E<strong>in</strong> 8-<br />

St<strong>und</strong>entag“ (68f.)<br />

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