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Textstrukturen und weibliche Subjektivität in Texten von Leslie ...

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Während Jennys psychische Offenheit im Umgang mit Menschen zu e<strong>in</strong>em Selbstverlust führen kann, den sie als<br />

Selbstzerfleischung metaphorisiert, hat ihre Offenheit der Natur gegenüber ke<strong>in</strong>e negativen Auswirkungen.<br />

3.3. Jennys Verhältnis zur Umwelt: „Elle est dans ce monde, légère, confirmée“<br />

Das Schloß mit se<strong>in</strong>em Park <strong>und</strong> den angrenzenden Feldern <strong>und</strong> Wäldern werden als eigenständige <strong>und</strong><br />

lebendige Elemente präsentiert. Die Natur ist e<strong>in</strong>e vom Menschen unabhängige Kraft:<br />

La nature est là, active.<br />

Fond des choses, touffu et vert, et qui soulève en même temps. Nature prenante, dilatée, avec des co<strong>in</strong>s et<br />

des reco<strong>in</strong>s. Elle existe seule, aussi, par endroits. Elle peut. (18)<br />

Das Schloß ersche<strong>in</strong>t ebenfalls als lebendiges Element:<br />

Le château est présent et ple<strong>in</strong>, avec des gens, avec du bruit. (41)<br />

Das Haus <strong>und</strong> die Natur bilden zusammen e<strong>in</strong>e Welt, <strong>in</strong> der sich Jenny wohl fühlt <strong>und</strong> Selbstbestätigung f<strong>in</strong>det:<br />

Monde limité, pourtant sans mort. Monde ouvert et jaune. [...] Jenny s’étire, toujours. Elle est dans ce<br />

monde, légère, confirmée. (54)<br />

Die Verben, die Jennys Aktivitäten beschreiben, lassen sich <strong>in</strong> drei Gruppen e<strong>in</strong>teilen: Verben der visuellen<br />

Wahrnehmung (regarder, voir), Verben, die subjektive Empf<strong>in</strong>dungen <strong>und</strong> Überlegungen wiedergeben (sentir,<br />

trouver, penser, aimer, avoir l’impression) <strong>und</strong> drittens Bewegungsverben (marcher, se promener, courir).<br />

Letztere beschreiben Jennys Vorliebe oder Bedürfnis nach Bewegung im Freien.<br />

Sortir, marcher à côté des arbres, se promener sous le grand couvercle bleu du ciel. (25)<br />

In diesen Zeilen s<strong>in</strong>d die beiden Elemente genannt, die e<strong>in</strong>e besonders stabilisierende Wirkung auf Jenny haben,<br />

nämlich der Wald <strong>und</strong> der Himmel. Nur im Wald <strong>und</strong> unter freiem Himmel kann Jenny ‚Ich‘ sagen. Der Wald<br />

wird als lebendige, sich <strong>in</strong> Bewegung bef<strong>in</strong>dende Präsenz ‚beschrieben‘:<br />

Elles [Jenny <strong>und</strong> Louise] sont dans une grande arche mouvante, trouée. Les feuilles, partout les feuilles.<br />

Le vert flotte, compact et souple. Morceaux de lumière.<br />

[...]<br />

Il n’y a pas de direction, il y a seulement les arbres, le grand beau chem<strong>in</strong> des arbres, leur mouvement.<br />

[...]<br />

Elles, ouvertes aux arbres. (30)<br />

In dieser Atmosphäre benennt Jenny zum ersten Mal sich selbst <strong>in</strong> der Ich-Form: „–Je sens les arbres penser, dit<br />

Jenny, les arbres sont en tra<strong>in</strong> de penser à moi.“ (31) Jenny stellt sich <strong>in</strong> den Bäumen e<strong>in</strong> Gegenüber vor, mit<br />

dem sie e<strong>in</strong>e auf wechselseitige Anerkennung basierende Beziehung imag<strong>in</strong>iert, e<strong>in</strong>e Beziehung, die ihr Selbst<br />

bestätigt. Sie erf<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong>e konfliktfreie Interaktion mit e<strong>in</strong>er Natur, die zwar lebendig ist, die aber nicht die<br />

Schwierigkeiten bereitet wie Menschen dies tun.<br />

Der dritte <strong>und</strong> letzte Teil des Textes beg<strong>in</strong>nt mit der als programmatisch zu verstehenden Ankündigung<br />

„Ma<strong>in</strong>tenant Jenny.“ (63), die e<strong>in</strong>e Veränderung <strong>in</strong> Richtung größerer Selbständigkeit suggeriert, <strong>und</strong> endet mit<br />

dem Abschied Jennys <strong>von</strong> Louise <strong>und</strong> dem Schloß. Jenny hat schon zuvor mit dem Gedanken gespielt das<br />

Schloß zu verlassen:<br />

Par moments Jenny pense à partir du château. Ce n’est pas qu’elle y soit mal, au contraire. Mais voilà,<br />

elle pense à en partir.<br />

Louise trouve que c’est trop tôt.<br />

Jenny dit qu’au château justement ces mots-là, trop tôt, trop tard, n’ont pas de sens, et que c’est peut-être<br />

à cause de cela qu’elle pense à en partir. (52)<br />

Ihr Unwohlse<strong>in</strong>, das hier noch sehr vage ist <strong>und</strong> mit dem E<strong>in</strong>druck zu tun hat, daß sich das Leben im Schloß<br />

außerhalb der Zeit abspielt, wird im dritten Teil konkreter. Auf die Ankündigung „Ma<strong>in</strong>tenant Jenny“ folgt e<strong>in</strong>e<br />

Betrachtung des Himmels, <strong>in</strong> der sich zunächst wie gewohnt die Sicht <strong>von</strong> Figur <strong>und</strong> Rede<strong>in</strong>stanz vermischen.<br />

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