Handbuch Betriebliche Pandemieplanung - Deutsche Gesetzliche ...
Handbuch Betriebliche Pandemieplanung - Deutsche Gesetzliche ...
Handbuch Betriebliche Pandemieplanung - Deutsche Gesetzliche ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Handbuch</strong> <strong>Betriebliche</strong> <strong>Pandemieplanung</strong> � Leitfaden<br />
Fachliche Grundlagen zur Influenza-Pandemie<br />
Seite 1 von 4 L 2<br />
Fachliche Grundlagen zur Influenza-Pandemie<br />
Epidemie<br />
Pandemie<br />
Grippevirus<br />
Viele Episoden unserer Menschheitsgeschichte sind von Infektionskrankheiten geprägt,<br />
die als Epidemien die Bevölkerung meistens gänzlich unvorbereitet trafen,<br />
junge und alte Menschen sterben ließen und dabei ganze Landstriche verheerten<br />
und fast menschenleer machten. Bis vor 130 Jahren blieben die Ursachen im Dunkeln.<br />
Die Entdeckung von Bakterien und Viren als Auslöser von Infektionskrankheiten,<br />
Maßnahmen der Hygiene, zunehmender Wohlstand und die Möglichkeit, sich<br />
durch Impfungen schützen zu können, haben die meisten der Seuchen zum Erliegen<br />
gebracht. Sie sind bloße Erinnerung geblieben.<br />
Aber nicht alle Seuchen sind verschwunden. Viele, wie die Tuberkulose oder Malaria,<br />
sind heute bei uns selten geworden oder beschränken sich überwiegend auf die armen<br />
Länder der Dritten Welt. Andere, wie die Cholera, sehen wir im Zusammenhang<br />
mit Katastrophen. Einige wenige treten weiterhin in den hochentwickelten Ländern<br />
auf. Die Influenza oder Grippe zählt dazu. In fast jedem Jahr gibt es eine Grippewelle,<br />
die unterschiedlich stark ausfallen kann. In Deutschland fallen ihr jährlich zwischen<br />
5 000 und 15 000 (überwiegend alte und kranke) Menschen zum Opfer.<br />
Unregelmäßig, im Abstand von einigen Jahrzehnten, treten große Grippewellen -<br />
Pandemien - auf, die ungewöhnlich viele Krankheits- und Todesfälle mit sich bringen.<br />
Im 20. Jahrhundert war es die „Spanische Grippe“, an der 1918 - 1919 vermutlich<br />
20 bis 50 Millionen Menschen starben. Kleinere Pandemien, wie die „Asiatische<br />
Grippe“ 1957-1958 oder die „Hongkong-Grippe“ 1968-1969, waren weniger ausgeprägt<br />
und forderten zirka 1,5 bzw. 1 Million Tote während der akuten Phase der Epidemie.<br />
Grippeviren haben keinen eigenen Stoffwechsel; sie können sich nicht selbst vermehren.<br />
Dieses gelingt nur dadurch, dass sie in Zellen von höher entwickelten Lebewesen<br />
eindringen und den Stoffwechsel-Apparat ihrer „Wirtszelle“ zur Vermehrung<br />
nutzen. Die Zelle wird umprogrammiert, produziert danach neue Viren und kann<br />
zugrunde gehen. Die Viren haben Vorrichtungen, in die Zelle einzudringen, sich dort<br />
vermehren zu lassen und sich anschließend wieder von der Zelle abzulösen. Bei den<br />
Grippeviren sind es zwei Bestandteile an der Oberfläche: das Hämagglutinin (H),<br />
welches das Virus zum Anlagern an die Zelle benutzt, und die Neuraminidase (N),<br />
welche zur Ablösung der Nachkommenviren von der Wand der Wirtszelle benötigt<br />
wird. Vom Hämagglutinin kennen wir 16 Varianten (H1-H16) und von der Neuraminidase<br />
9 (N1-N9).<br />
Grippeviren sind vermutlich ursprünglich bei Vögeln vorkommende Viren, welche<br />
sich an andere Arten angepasst haben. Sie besitzen ein sehr variables Genom<br />
(Erbmaterial), welches zu ständig neuen Virusvarianten führt. So können Tiere und<br />
Menschen immer wieder an Grippe erkranken, da die Immunität, die sich nach einer<br />
früher überstandenen Grippe entwickelt hat, gegenüber einem aktuellen Virus nur<br />
noch eingeschränkt oder gar nicht mehr wirksam ist. Deshalb können Personen, die<br />
bereits in den Vorjahren an Grippe erkrankt waren, durch ein leicht verändertes Virus<br />
erneut infiziert werden und wiederum erkranken. Bei dieser kontinuierlichen Veränderung<br />
des Erbmaterials spricht man von einer Antigendrift.<br />
Aus epidemiologischer Sicht schwerwiegender ist die Antigenshift. Hierzu kann es<br />
kommen, wenn zwei genetisch verschiedene Grippeviren zusammen in eine Körperzelle<br />
gelangen. Es kann hierbei zu einem Austausch von Teilen des Erbmaterials<br />
kommen. Es entsteht ein neues Virus, welches sich genetisch von den bisherigen<br />
04 L2 Grundlagen v2.2B 071204 Regierungspräsidium Stuttgart, Landesgesundheitsamt<br />
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe