Nr. 58 I Mai - Deutsches Down-Syndrom InfoCenter
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� � AUSLAND<br />
Die Situation von Mädchen und Frauen<br />
mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> in Europa<br />
Internationale Konferenz über die Rechte von Mädchen<br />
und Frauen mit einer Behinderung TEXT: CORA HALDER<br />
Im November 2007 fand in Madrid eine europäische<br />
Konferenz statt unter dem Motto: Recognizing the<br />
Rights of Girls and Women with Disabilities – an Added<br />
Value for Tomorrow‘s Society.<br />
Organisiert wurde diese Konferenz von der CERMI<br />
(Spanische Vertretung von Menschen mit Behinderungen)<br />
und der EDF (European Disability Forum). Als<br />
Vertreterin von EDSA (European <strong>Down</strong> <strong>Syndrom</strong>e Association)<br />
war ich zusammen mit vielen anderen Frauen<br />
aus den verschiedensten Organisationen zu dieser<br />
Konferenz eingeladen. Fast alle Teilnehmerinnen waren<br />
Frauen mit einer Behinderung, die ganz engagiert und<br />
vehement ihre Rechte vertraten, enorm eindrucksvoll.<br />
Aber mir wurde schmerzhaft bewusst, dass hier keine<br />
einzige Frau mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> oder eine Frau mit einer<br />
anderen Intelligenzminderung anwesend war. Wohl<br />
wurde diese Gruppe vertreten durch einige Fürsprecher<br />
aus den Verbänden, meistens betroff ene Mütter, so wie<br />
ich – aber selbst waren sie nicht in Madrid.<br />
Weshalb? Klar, Frauen mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> könnten<br />
den Vorträgen und Diskussionen inhaltlich einfach<br />
nicht folgen, es sei denn, es gäbe gezielte Hilfen für sie.<br />
Man könnte sich zum Beispiel vorstellen, dass ihnen<br />
Personen zur Verfügung gestellt werden, die ihnen in<br />
D<br />
ie Situation von Mädchen und Frauen<br />
mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> unterscheidet<br />
sich in einem Punkt wesentlich von Frauen<br />
mit einer anderen Behinderung. Hierbei<br />
handelt es sich um die Tatsache, dass sie auf<br />
Grund ihrer kognitiven Einschränkungen<br />
sowie der häufi g auft retenden Probleme im<br />
Bereich der Sprache und Kommunikation<br />
in der Regel nicht in der Lage sind, ihre<br />
eigene Situation richtig zu beurteilen, ihre<br />
Rechte zu erkennen und sich dafür selbst<br />
eff ektiv einzusetzen.<br />
Deshalb bleiben sie ein Leben lang davon<br />
abhängig, dass andere ihre Bedürfnisse<br />
22 Leben mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>58</strong> I <strong>Mai</strong> 2008<br />
leicht verständlicher Sprache die vorgetragenen Themen<br />
erklären, die vielleicht schon im Vorfeld das Anliegen<br />
der Konferenz mit ihnen bearbeiten und zusammen<br />
ein Statement vorbereiten, sodass auch diese Frauen<br />
ihre Wünsche und Ideen vortragen können. Aber solche<br />
Hilfen gibt es nicht, an solche Art von Hilfen hat „man“<br />
nicht gedacht. Tja, aber wer ist man?<br />
Das müssen wohl wir Eltern oder Fachleute einfädeln.<br />
Gehörlose und blinde Frauen, körperbehinderte<br />
Frauen, ja sogar eine taub-blinde Frau fi el mir dort auf<br />
– sie alle hatten ihre Assistentinnen dabei. Denn auch sie<br />
sind auf Hilfen angewiesen.<br />
Es hat mich außerdem traurig gestimmt, feststellen<br />
zu müssen, dass auch im Kreis dieser behinderten<br />
Frauen die Interessen von Frauen mit einer kognitiven<br />
Einschränkung kaum wahrgenommen werden. Frauen<br />
mit einer Behinderung sind ja schon eine Randgruppe,<br />
Frauen mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> jedoch gehören noch nicht<br />
einmal hier richtig dazu! Das kommt auch daher, weil<br />
sie bei solchen Veranstaltungen nicht dabei sind. „Be<br />
visible“ (sichtbar sein) war einer der Slogans bei diesem<br />
Kongress. Jawohl, das sollte ganz besonders auch für<br />
unsere Frauen mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> gelten!<br />
wahrnehmen und verstehen, in ihrem Namen<br />
auft reten und sie vertreten, wo und<br />
wann das notwendig ist.<br />
Nur wenige Mädchen und Frauen mit<br />
<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> sind in der Lage, sich zu<br />
artikulieren und selbst für ihre Rechte einzutreten.<br />
Aber auch wenn sie es könnten,<br />
werden sie als eine Frau mit Behinderung,<br />
und vor allem als eine Frau mit einer kognitiven<br />
Einschränkung oft nicht ernst genommen.<br />
Deswegen können sie häufi g keine<br />
eigenen Entscheidungen treff en oder<br />
aktiv am Leben in der Gesellschaft teilhaben.<br />
Frau sein<br />
Frauen mit einer geistigen Behinderung<br />
ist es nur selten möglich, die anerkannten<br />
weiblichen Normen zu erfüllen: weder<br />
durch ihr Aussehen, durch eine berufl iche<br />
Karriere noch durch die Übernahme familiärer<br />
Pfl ichten.<br />
Ihr Erscheinungsbild entspricht nicht<br />
dem Bild, mit dem in den Medien geworben<br />
wird, aber schlimmer noch, oft werden<br />
Mädchen und Frauen mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
wegen ihrer Figur, Outfi t, Haar, Gesichtszüge<br />
oder Gewicht belächelt und belei-