Nr. 58 I Mai - Deutsches Down-Syndrom InfoCenter
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� � SPRACHE<br />
Der Einsatz von gebärdenunterstützter Kommunikation<br />
bei geistig behinderten Kindern führt zu einer wesentlichen<br />
Vereinfachung der Kommunikation im Alltag.<br />
Vermehrte Erfolgserlebnisse –<br />
weniger Frustration<br />
Die Kinder merken, dass die Kommunikation<br />
durch den Einsatz der Gebärden einfacher<br />
wird. Sie müssen uns Lehrern/-innen<br />
Dinge nicht fünff ach erklären, auf die<br />
wir dann erst nur mit „jaja“ antworten, weil<br />
wir nicht verstanden haben, was wirklich<br />
gemeint war. Dies führt jetzt natürlich zu<br />
Erfolgserlebnissen und weniger Frust in der<br />
Kommunikation.<br />
Gesteigerte Sprechfreude<br />
Durch den Erfolg, den vor allem Pawel und<br />
Zoran in sprachlichen Situationen haben,<br />
wurde ihre Sprechfreude gesteigert. Sie setzen<br />
deutsche Lautsprache häufi ger ein, erzählen<br />
auch unaufgefordert mehr als früher<br />
und setzen auch im kindlichen Spiel Sprache<br />
stärker ein.<br />
Verbesserte Merkfähigkeit<br />
Durch die Koppelung neuer Lernwörter mit<br />
der entsprechenden Gebärde merken sich<br />
die Kinder das neue Wort schneller. Die<br />
Verbindung von Bild – Schrift bild – gesprochenes<br />
Wort – Gebärde, bei der drei Sinne<br />
(auditiv, visuell, kinästhetisch) gleichzeitig<br />
angesprochen werden, sichert auch das Abspeichern<br />
im Gehirn.<br />
Bessere und einfachere<br />
Wissensvermittlung<br />
Die Wissensvermittlung gelingt durch den<br />
Einsatz von GuK viel besser und eff ektiver<br />
als früher. Die Kinder merken sich Inhalte<br />
schneller und behalten sie länger.<br />
Erleichterung der Kommunikation<br />
für mich<br />
Erzählungen von Pawel waren oft schwer<br />
bis gar nicht zu verstehen. Zoran gab lautsprachlich<br />
überhaupt nichts oder nur einzelne<br />
Worte von sich. Durch die Verwendung<br />
von Gebärden sind die Kinder nun<br />
auch für mich besser zu verstehen. Zoran<br />
und Anna haben überhaupt erst jetzt begonnen,<br />
Sprache als Kommunikationsmittel<br />
einzusetzen.<br />
44 Leben mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>58</strong> I <strong>Mai</strong> 2008<br />
Stärkung der Schüler-Lehrer-<br />
Beziehung<br />
In der Arbeit mit geistig behinderten Kindern<br />
läuft sehr viel auf Beziehungsebene ab.<br />
Ich bin für die Kinder im Schulalltag die<br />
wichtigste Bezugsperson. Durch die Verwendung<br />
von Gebärden werden nun auch<br />
Gespräche abseits von Lerninhalten möglich,<br />
wodurch die Beziehung zu den Kindern<br />
gefördert wird. Auch ein einfaches<br />
Lob hat durch die Unterstützung der Gebärde<br />
mehr Wirkung und Aussagekraft .<br />
Im Wesentlichen kann ich sagen, dass<br />
die Verwendung von Gebärden zur Unterstützung<br />
der Kommunikation mit geistig<br />
behinderten Schüler/-innen mir und auch<br />
den Kindern den Schulalltag enorm erleichtert.<br />
4.1 Persönliche Entwicklung<br />
des einzelnen Kindes durch<br />
GuK<br />
Marcel<br />
Marcel setzt kaum Gebärden ein. Dies liegt<br />
einerseits daran, dass er sich lautsprachlich<br />
völlig problemlos mitteilen kann, für jeden<br />
gut verständlich ist und selten Kommunikationsproblemen<br />
ausgesetzt ist. Andererseits<br />
zeigt er auch wenig Freude beim Erlernen<br />
von Gebärden und fragt nur im Notfall<br />
nach, wie die Gebärde für ein bestimmtes<br />
Wort aussieht.<br />
Pawel<br />
Pawel hat Gebärden vom ersten Tag an mit<br />
Begeisterung und Motivation aufgenommen.<br />
Er merkt sich Gebärden erstaunlich<br />
schnell und setzt sie auch ein, um z.B. einen<br />
Satz zu lesen. Die ihm bekannten Wörter<br />
des Satzes gebärdet er dann.<br />
Er kann sich durch die Verwendung<br />
von Gebärden viel verständlicher ausdrücken,<br />
als er es rein lautsprachlich konnte. Er<br />
erzählte immer schon gerne von sich und<br />
seinen Erlebnissen, tut dies nun aber häufi<br />
ger und gezielter. Durch den Erfolg in der<br />
Kommunikation wurde seine Sprechfreude<br />
verstärkt, wodurch sich langsam auch seine<br />
Mundmotorik und dadurch auch die Artikulation<br />
verbesserten. Auch seine geistigen<br />
Fähigkeiten haben sich seither enorm entwickelt.<br />
Zoran<br />
Zoran hat durch die GuK in seiner geistigen<br />
Entwicklung, Selbstständigkeit und<br />
Kommunikation am meisten Fortschritte<br />
gemacht. Er profi tiert enorm vom Einsatz<br />
der Gebärden und verwendet sie auch<br />
selbst häufi ger als die anderen Kinder der<br />
Klasse. Für ihn haben sich dadurch neue<br />
Sinnzusammenhänge ergeben und neue Sachinhalte<br />
erschlossen. Er wirkt viel selbstsicherer<br />
als früher, geht mehr aus sich heraus<br />
und traut sich auch selbst viel mehr zu.<br />
Er zeigt mehr Interesse an Kommunikation<br />
und wurde dadurch auch für die Lautsprache<br />
off ener.<br />
Anna<br />
Für Anna bedeutet der Einsatz von Gebärden<br />
Kontakt und Kommunikation mit ihrer<br />
Umwelt. Da Anna mit niemandem außer<br />
ihrer Mutter sprach, war eine wechselseitige<br />
Kommunikation im Schulalltag mit ihr<br />
sehr schwierig bzw. kaum möglich.<br />
Sie hat sich von Beginn an bemüht, die<br />
Gebärden nachzuahmen, ohne sie in anderen<br />
kommunikativen Situationen einzusetzen.<br />
Bereits die Nachahmung von Gebärden<br />
fi el ihr zum Teil recht schwer. Als Anna<br />
mit der Zeit sicherer in der Ausführung<br />
wurde, begann sie auch, mittels Gebärden<br />
auf Fragen zu antworten. Dies brachte eine<br />
große Erleichterung für mich im Umgang<br />
mit Anna, da sie nun wirklich reagierte bzw.<br />
antwortete. Allerdings benutzt Anna Gebärden<br />
immer noch nur reaktiv und nicht, um<br />
selbst aktiv ein Gespräch zu beginnen oder<br />
eine Frage zu stellen. Dies liegt aber anscheinend<br />
in Annas Naturell, da sie ein sehr<br />
ruhiges, in sich gekehrtes Kind ist, das sich<br />
nur langsam anderen gegenüber öff net.<br />
Yvonne<br />
Yvonne kann durch ihre Spastik nahezu<br />
keine Gebärde erkenntlich ausführen. Dies<br />
dürft e ihr aber selbst nicht bewusst sein. Sie<br />
bemüht sich immer wieder, die Gebärden<br />
mitzumachen, was in einer großen Kreisbewegung<br />
beider Hände über dem Kopf endet.<br />
Außerdem kann Yvonne ihre Bedürfnisse<br />
durch eintrainierte Reihensätze gut<br />
mitteilen und braucht Gebärden nicht für<br />
ihre Kommunikation im täglichen Leben.