Nr. 58 I Mai - Deutsches Down-Syndrom InfoCenter
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� � FÖRDERUNG<br />
moTus<br />
Entspannen – Bewegen – Energie tanken<br />
TEXT: STEFAN STÄDTLER-LEY<br />
Woher kommt moTus?<br />
Es ist manchmal gar nicht so einfach, eine<br />
passende sportliche Betätigung für ein Kind<br />
mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> zu fi nden. Leider muss<br />
man häufi g feststellen, dass die Angebote<br />
von Sportvereinen zu anspruchsvoll sind,<br />
und manchmal besteht eben auch einfach<br />
kein Interesse von Seiten der Organisationen<br />
an integrativem Training. „Dafür gibt<br />
es den Behindertensport“, ist dann vielleicht<br />
zu hören, im Extremfall ist davon die Rede,<br />
dass gehandicapte Teilnehmer die anderen<br />
in ihrer Entwicklung „behindern“ könnten<br />
... was an sich eine ziemlich groteske Verdrehung<br />
der Tatsachen ist.<br />
Es ist daher kaum verwunderlich, dass<br />
„sanft e Sportarten“ (z.B. Tanzen) sich bei<br />
jungen Menschen mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> großer<br />
Beliebtheit erfreuen. Und auch fernöstliche<br />
Techniken, wie etwa QiGong oder<br />
TaiQi, bieten sich wegen ihrer vielfältigen<br />
Möglichkeiten an, haben jedoch durch ihre<br />
Fremdartigkeit vielleicht eine gewisse Einstiegshürde.<br />
Als wir uns Ende 2006 zum ersten Mal<br />
Gedanken über die Möglichkeiten eines gewaltfreien,<br />
meditativen Kampfk unstkonzepts<br />
in europäischer Tradition gemacht<br />
haben, wurde uns sehr schnell klar, dass für<br />
eine solche Idee Elemente aus ganz unterschiedlichen<br />
Bereichen einfl ießen müssten.<br />
52 Leben mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>58</strong> I <strong>Mai</strong> 2008<br />
Durch mein eigenes Umfeld (ich publiziere<br />
zwei Buchreihen: die „Edition 21“ zum Th ema<br />
<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> und Bücher zum Mittelalter-Selbst-Erleben;<br />
zudem praktiziere<br />
ich seit langem QiGong) wie auch das der<br />
engeren Mitarbeiter (z.B. der Kampfk unstlehrer<br />
und Shihatsu-Meister Jirka Bükow,<br />
sowie Stefan Dieke, seit 15 Jahren Betreiber<br />
einer Schule für historische, europäische<br />
Kampfk unst) kristallisierte sich recht bald<br />
die zentrale Idee heraus: Wir wollten einen<br />
Brückenschlag zwischen fernöstlicher und<br />
westlicher Tradition versuchen und die Bewegungskonzepte<br />
des überlieferten europäischen<br />
Schwertkampfes mit den meditativen<br />
Elementen von QiGong oder TaiJi<br />
verbinden. moTus sollte eine neuartige Bewegungsform<br />
werden, die durch hohe „Skalierbarkeit“<br />
und Flexibilität der Übungen<br />
eine sehr individuelle Anpassung an den<br />
Ausführenden ermöglicht.<br />
Damit sollte ein barrierefreies Angebot realisiert<br />
werden, das einerseits als fl ankierende,<br />
meditative Zusatzmaßnahme für ernsthaft e<br />
Kampfsportler im zurzeit enorm expandierenden<br />
Bereich der historischen Kampfk unst<br />
eingesetzt werden könnte, und andererseits<br />
ein eigenständiges Programm vor allem für<br />
Kinder und Jugendliche darstellt. Für mich<br />
persönlich lag es nahe, dies dann auch integrativ<br />
und natürlich für Menschen mit<br />
<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> nutzbar zu machen.<br />
Ziele, Möglichkeiten<br />
und Grenzen<br />
moTus bietet als Fortentwicklung von traditionellen<br />
meditativen Bewegungs- und Entspannungstechniken<br />
eine ganze Reihe von<br />
Vorteilen: Ganz grundlegend ist der im Gegensatz<br />
zu kompetitiven Sportarten garantierte<br />
„Erfolg“. Wie bereits erwähnt, werden<br />
moTus-Übungen den Teilnehmern angepasst.<br />
Das Konzept wird also individuell<br />
und fl exibel in seinem Schwierigkeitsgrad<br />
auf den Teilnehmer ausgerichtet, sodass es<br />
praktisch unmöglich ist, an einer Übung zu<br />
scheitern. Die Möglichkeiten des Durchführenden<br />
sind der Maßstab, nicht das Erreichen<br />
von defi nierten Zielvorgaben. Damit<br />
geht ganz selbstverständlich eine Zunahme<br />
des Selbstbewusstseins einher, denn man<br />
wird im Rahmen seiner Möglichkeiten etwas<br />
erreichen, etwas schaff en – und das ist<br />
für jeden Menschen befriedigend.<br />
Zudem arbeiten wir bei moTus durch<br />
den gezielten Einsatz von Entspannungstechniken<br />
daran, körperliche Verspannung<br />
zu mindern, was in der Regel auch zu einer<br />
seelischen Entspannung führt, womit<br />
Ängs-te und Stress abgebaut werden können.<br />
Nebenbei kann sich durch den hohen<br />
Auff orderungscharakter, den moTus für<br />
viele Kinder hat, ganz prinzipiell die Th erapiebereitschaft<br />
auch in anderen Bereichen<br />
verbessern.<br />
Von ganz zentraler Bedeutung ist jedoch<br />
die Steigerung der Konzentrationsfähigkeit,<br />
der Sensibilisierung und der eigenen Körperwahrnehmung.<br />
moTus-Übungen schulen<br />
mit bewussten, konzentrierten Bewegungen<br />
Gleichgewicht, Kraft und allgemein<br />
Motorik. Bewusste Bewegung verbessert die<br />
Fähigkeit zur korrekten Selbsteinschätzung<br />
der eigenen Fähigkeiten und das „Training“<br />
dann wiederum auch die eigene körperliche<br />
Leistungsfähigkeit. Die gesundheitsfördernden<br />
QiGong-Elemente des Konzepts können<br />
positive Auswirkungen bei psychovegetativen<br />
Beschwerden mit sich bringen,<br />
die Abwehrkräft e stärken oder zum Beispiel<br />
auch Schlafprobleme mildern.