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Nr. 58 I Mai - Deutsches Down-Syndrom InfoCenter

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� � ERFAHRUNGSBERICHT<br />

Urlaub einmal ganz normal!<br />

Das macht uns Eltern zu schaffen:<br />

Wo und wie können unsere<br />

Söhne und Töchter ihren Urlaub<br />

verbringen? Und mit wem? Normal<br />

ist, dass sie mit den Eltern<br />

mitfahren, auch normal ist, dass<br />

sie an einer Freizeit teilnehmen,<br />

die speziell für Menschen mit<br />

Behinderungen veranstaltet wird.<br />

Und zum Glück gibt es da ein<br />

immer interessanteres Angebot.<br />

Auch integrative Freizeiten sind<br />

im Kommen.<br />

Möglichkeiten genug. Aber was<br />

machen eigentlich andere junge<br />

Menschen so in ihren Ferien? Mit<br />

den Eltern zu verreisen ist irgendwann<br />

out und mit einer Gruppe,<br />

das ist auch nicht jedermanns<br />

Sache. Junge, nicht behinderte<br />

Menschen reisen meistens mit einer<br />

Freundin oder einem Freund,<br />

mit dem Partner oder der Partnerin<br />

zum Urlaubsziel und verbringen<br />

dort die „schönsten Tage“ im<br />

Jahr gemeinsam mit Nichtstun,<br />

am Strand liegen, Bummeln, Besichtigungen,<br />

Exkursionen ...<br />

So wollten es Dominik und Katrin<br />

auch. Zusammen verreisen, ohne<br />

Eltern, ohne Gruppe. Geht nicht,<br />

wenn man <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> hat?<br />

Geht doch!<br />

Lesen Sie den Bericht, geschrieben<br />

von Christian Harborth, für<br />

die Hildesheimer Allgemeine<br />

Zeitung.<br />

66 Leben mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>58</strong> I <strong>Mai</strong> 2008<br />

Die Freiheit nehm ich mir<br />

TEXT UND FOTOS: CHRISTIAN HARBORTH<br />

S<br />

anft er Nieselregen geht an der deutschen<br />

Ostseeküste nieder. Im beschaulichen<br />

Niendorf, gleich neben der Touristenhochburg<br />

Timmendorfer Strand, sitzen die<br />

Strandkorb-Vermieter gelangweilt in ihren<br />

Holzhütten. Kaum einen Gast zieht es<br />

im herbstlichen Wetter, das eigentlich ein<br />

spätsommerliches sein sollte, an den feinen<br />

Sand, der mancherorts mehr an Mittelmeer<br />

oder Karibik denn an Norddeutschland erinnert.<br />

Auch nicht Dominik Glatzel und Katrin<br />

Kollhoff . Die beiden Sarstedter stehen<br />

auf der Seebrücke und blicken aufs Meer hinaus.<br />

Draußen gleiten ein graues Schiff der<br />

Bundesmarine und ein bunter Fischkutter<br />

vorbei. „Wir haben früher oft geangelt und<br />

die Fische dann gegrillt“, erzählt Dominik<br />

Glatzel und hängt seinen Gedanken nach.<br />

„Wir“, das sind sein Vater Eckhard und seine<br />

Mutter Uta, die zeitgleich zu Hause in ihrem<br />

Einfamilienhaus in Heinde sitzen und<br />

vielleicht gerade an ihren Sohn denken.<br />

Dass dieser jetzt allein in der Ferne weilen<br />

kann, ist wohl vor allem ihr Verdienst. Sie<br />

haben Dominik von Anfang an gefördert,<br />

damit er ein eigenständiges Leben führen<br />

kann. So weit dies mit einer geistigen Behinderung<br />

möglich ist. Denn Dominik<br />

Glatzel und seine Verlobte Katrin Kollhoff<br />

haben beide das <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>.<br />

Beide tragen in jeder ihrer Körperzellen<br />

47 Chromosomen statt der üblichen 46<br />

durch die Welt. Chromosom Nummer 21<br />

ist dreifach in jeder Zelle vorhanden, statt<br />

üblicherweise zweimal. Die Entdeckung<br />

dieser Tatsache führte einst zur Bezeichnung<br />

Trisomie 21.<br />

Menschen, die mit dem <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />

zur Welt kommen, haben es schwerer als<br />

die meisten anderen. Auch Dominik hatte<br />

einen schweren Start ins Leben. Mit vier<br />

Jahren musste er am Herz operiert werden.<br />

Dann die Kindergartenzeit, Anne-Frank-<br />

Schule, Sonderschule. Als Dominik 1998<br />

die Schule beendete, trennten sich die Eltern<br />

von ihrem behinderten Sohn. Aus Liebe,<br />

nicht aus Hartherzigkeit. „Behinderte<br />

Kinder sind oft überbehütet“, sagt Eckhard<br />

Glatzel. Dies könne dazu führen, dass sie<br />

nur wenig mit dem „normalen“ Leben<br />

in Berührung kämen – und im Umkehrschluss<br />

viele ihrer Fähigkeiten gar nicht erst<br />

zu Tage träten. Das wollten Glatzels unbedingt<br />

verhindern. Sie entließen Dominik in<br />

die fördernden Arme der Lebenshilfe.<br />

Die Rechnung scheint aufgegangen. Ihr<br />

Sohn Dominik führt ein vergleichsweise<br />

selbstständiges Leben. Er ist einer der wenigen<br />

bei der Sarstedter Lebenshilfe, der<br />

morgens nicht in den Bus der Einrichtung<br />

steigt, um zu seiner Arbeit in der Werkstatt<br />

Drispenstedt zu gelangen. Er macht sich bei<br />

Wind und Wetter auf den Weg, um an der<br />

Sarstedter Straßenbahnwendeschleife in<br />

„Die beiden sind völlig autark”:<br />

Hotelleiterin Anke Bock überreicht den Zimmerschlüssel.

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