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Nr. 58 I Mai - Deutsches Down-Syndrom InfoCenter

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� � SPRACHE<br />

später sprechen lernen sollten, beeinfl usst<br />

dies nicht ihren Umgang mit den beiden<br />

Sprachen.<br />

Die Geschwisterstellung oder überhaupt<br />

das Vorhandensein von Geschwistern könn-<br />

te die Sprachentwicklung beeinfl ussen. In<br />

dieser Umfrage haben 14 der 19 Kinder<br />

Geschwister. Vier haben ältere Geschwister,<br />

neun jüngere und ein Kind hat sowohl<br />

ältere als auch jüngere Geschwister. Die<br />

Kinder, die keine Geschwister haben, haben<br />

durchschnittlich mit 1,5 angefangen<br />

zu sprechen, die mit älteren Geschwistern<br />

mit 1,8. In der ersten Gruppe befi nden sich<br />

zwei Mädchen und drei Jungen, also kann<br />

das Geschlecht das Ergebnis kaum beeinfl<br />

ussen. In der zweiten Gruppe befi nden<br />

sich zwei Jungen und zwei Mädchen, also<br />

kann der Faktor Geschlecht auch hier nicht<br />

bedeutend sein.<br />

Die Gruppe mit jüngeren Geschwistern,<br />

bestehend aus sechs Mädchen und zwei<br />

Jungen, hat durchschnittlich mit 2,0 angefangen<br />

zu sprechen. Dies gilt ebenso für einen<br />

Junge, der als Einziger sowohl jüngere<br />

als auch ältere Geschwister hat.<br />

Die Kinder mit älteren Geschwistern<br />

können sich in zwei Fällen gut in beiden<br />

Sprachen ausdrücken, in einem Fall gut in<br />

der Sprache des Vaters. In einem Fall ist<br />

das Kind verständlich für die Familie in<br />

der Sprache des Vaters und in der Sprache<br />

der Mutter auch für die Familie schwer verständlich.<br />

Die Kinder ohne Geschwister können<br />

sich in zwei Fällen gut in beiden Sprachen<br />

ausdrücken, in einem Fall gut in der Sprache<br />

des Vaters (für die Sprache der Mutter fehlt<br />

die Angabe) und in zwei Fällen in beiden<br />

Sprachen gut für die Familie verständlich.<br />

Keines der Kinder mit nur jüngeren Geschwistern<br />

kann sich in beiden Sprachen<br />

gut ausdrücken. Drei von ihnen können<br />

sich in einer Sprache gut ausdrücken und<br />

in der anderen Sprache jeweils einmal gut<br />

für die Familie, einmal schwierig auch für<br />

die Familie und einmal schlecht. Drei können<br />

sich in beiden Sprachen für die Familie<br />

gut ausdrücken und ein Kind kann sich in<br />

beiden Sprachen auch für die Familie nur<br />

schwer verständlich ausdrücken.<br />

Die Ergebnisse lassen die vorsichtige<br />

Schlussfolgerung zu, dass es für ein Kind<br />

mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> hilfreicher ist, ältere<br />

Geschwister zu haben oder Einzelkind zu<br />

sein, als jüngere Geschwister zu haben.<br />

Durch den Besuch einer öffentlichen<br />

Einrichtung erwirbt ein Kind mit <strong>Down</strong>-<br />

<strong>Syndrom</strong> soziale Kompetenzen und ver-<br />

36 Leben mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>58</strong> I <strong>Mai</strong> 2008<br />

bessert seine Sprache, so berichten viele Eltern.<br />

15 der 19 Kinder besuchen eine öff entliche<br />

Einrichtung. Ein Kind geht ab 2005 in<br />

den Regelkindergarten. Zwei Kinder haben<br />

ihre Schulzeit in einer Geistigbehindertenschule<br />

bzw. in Sonderschulen verbracht. Da<br />

fast alle Kinder eine oder mehrere öff entliche<br />

Einrichtung/en besuchen, kann hier<br />

kein Vergleich gezogen werden.<br />

Das Bildungs- und Einkommensniveau<br />

der Eltern wird in der Literatur wiederholt<br />

als entscheidender Faktor für die Sprachentwicklung<br />

der Kinder gewertet. Mahlstedt<br />

und Saunders bestreiten dies für den Fall<br />

mehrsprachiger Familien und nennen Motivation<br />

und Engagement als die entscheidenden<br />

Faktoren.<br />

Die Eltern dieser Umfrage haben eine<br />

durchschnittlich hohe Bildung. Mit Ausnahme<br />

von einem Vater, der jetzt Rentner<br />

ist, sind alle Väter in Arbeit. Unter den Müttern<br />

sind vier Hausfrauen, eine Studentin<br />

und eine Rentnerin, der Rest arbeitet zeitweise<br />

oder ganztägig.<br />

Da die Eltern dieser Umfrage sich in einer<br />

vergleichsweise privilegierten Gruppe<br />

befi nden, kann auch hier kein Vergleich<br />

vorgenommen werden. Höchstens könnten<br />

tentativ zwei Elternpaare verglichen werden,<br />

wobei das eine Paar mit der mittleren<br />

Reife abgeschlossen hat, während die beiden<br />

anderen Eltern beide einen Hochschulabschluss<br />

besitzen. Es gibt jedoch keinen<br />

Unterschied in der jetzigen Sprachkompetenz<br />

der erwachsenen Kinder. Sie können<br />

sich beide sowohl auf Deutsch als auch Englisch<br />

gut ausdrücken. Dies würde die Th ese<br />

Mahlstedts und Saunders’ unterstützen,<br />

dass die Motivation der Eltern, ihre Kinder<br />

zweisprachig aufwachsen zu lassen, der entscheidende<br />

Faktor für eine gelungene Zweisprachigkeit<br />

ist.<br />

Bisher wurden die Sozialdaten in Verbindung<br />

mit der Sprachentwicklung gesehen,<br />

um einen eventuellen Zusammenhang zu<br />

ermitteln.<br />

Ein deutlicher Zusammenhang der<br />

Sprachentwicklung mit dem Geschlecht des<br />

Kindes, mit der Geschwisterstellung, dem<br />

Besuch einer öff entlichen Einrichtung oder<br />

der Ausbildung der Eltern konnte hier nicht<br />

nachgewiesen werden.<br />

Im Folgenden soll ein potenzieller Einfl uss<br />

der syndromspezifi schen Auff älligkeiten<br />

ermittelt werden. Dabei werden die Antworten<br />

aus Block B, medizinischer Hintergrund,<br />

herangezogen.<br />

Die Form der Trisomie kann auf die Sprachentwicklung<br />

einen Einfl uss ausüben. Hier<br />

haben jedoch alle außer einem Kind die<br />

Form Trisomie 21, somit ist kein Vergleich<br />

möglich.<br />

Neun der 19 Kinder hatten oder haben Erkrankungen,<br />

die längere Krankenhausaufenthalte<br />

erfordert haben. Kinder, die<br />

über längere Zeit krank sind und viel Zeit<br />

im Krankenhaus verbringen, bekommen<br />

einen anderen bzw. begrenzteren Input als<br />

gesunde Kinder. Die Sprachentwicklung<br />

kann davon beeinfl usst werden.<br />

Die Sprachentwicklung der Kinder dieser<br />

Untersuchung ist jedoch nicht von den<br />

Krankenhausaufenthalten beeinfl usst worden:<br />

Drei der Kinder können sich in beiden<br />

Sprachen gut ausdrücken und zwei können<br />

sich für die Familie in beiden Sprachen gut<br />

ausdrücken.<br />

Die weiteren vier können sich alle in einer<br />

Sprache gut ausdrücken, einmal wurde<br />

Auch für die Familie schwierig angekreuzt<br />

und einmal Schlecht. Für diese vier Kinder<br />

entspricht die Sprache, die sie am besten<br />

beherrschen, in jedem Fall der Umgebungssprache.<br />

Auch der Muskeltonus steht mit der<br />

Sprachentwicklung in Verbindung. Ein<br />

schwacher Muskeltonus führt zu begrenzten<br />

motorischen Fähigkeiten, die wiederum besonders<br />

die Artikulation und die Verständlichkeit<br />

der Sprache beeinfl ussen. Auch<br />

indirekt beeinfl usst die Motorik die emotional-sozialen<br />

Verhaltensweisen. Bei zwölf<br />

der 19 Kinder dieser Befragung wird der<br />

Muskeltonus als gut eingeschätzt, bei sechs<br />

als schwach und bei einem als sehr schwach.<br />

Die Kinder, deren Muskeltonus als gut eingeschätzt<br />

wird, haben durchschnittlich mit<br />

1,8 angefangen zu sprechen. Die Kinder<br />

mit einem schwachen oder sehr schwachen<br />

Muskeltonus fi ngen durchschnittlich genau<br />

zur selben Zeit an.<br />

Das einzige Kind, dessen Muskeltonus<br />

als sehr schwach eingeschätzt wird, hat dagegen<br />

schon mit 1,6 die ersten Wörter geäußert.<br />

Der Einfl uss des Muskeltonus auf die<br />

Sprachentwicklung ist in dieser Befragung<br />

nicht eindeutig feststellbar. Dieses Ergebnis<br />

ist überraschend, da der direkte und indirekte<br />

Einfl uss des Muskeltonus auf die<br />

Sprachentwicklung in der Fachliteratur her-<br />

vorgehoben wird. Eine mögliche Erklärung<br />

könnte sein, dass bei mehrsprachiger Erziehung<br />

Faktoren wie sprachliches Umfeld<br />

oder Qualität des Inputs eine größere Rolle<br />

spielen.

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