Create successful ePaper yourself
Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.
nACHRiCHTen 19./20. Oktober 2013 / Nr. 42<br />
in Kürze<br />
Türkei erlaubt Kopftuch<br />
Lehrerinnen und andere Staatsbedienstete<br />
in der Türkei dürfen ab sofort<br />
das islamische Kopftuch tragen (Foto:<br />
imago). Das bislang geltende Verbot<br />
der Verschleierung in staatlichen Institutionen<br />
wurde offiziell aufgehoben.<br />
Auch Anwältinnen dürfen nun<br />
im Kopftuch vor Gericht erscheinen.<br />
In Kraft bleibt das Verbot für Richterinnen<br />
sowie bei der Polizei und in der<br />
Armee. Gegner der religiös-konservativen<br />
Regierung von Ministerpräsident<br />
Recep Tayyip Erdogan sehen in<br />
der Neuerung einen weiteren Beitrag<br />
zu einer Islamisierung der Türkei. Sie<br />
halten das Kopftuch für ein Symbol<br />
des politischen Islams, der unbedingt<br />
aus den Institutionen der laizistischen<br />
Republik herausgehalten werden müsse.<br />
Dagegen sagte Erdogan, Türkinnen<br />
im Kopftuch seien gleichberechtigte<br />
Bürgerinnen.<br />
Massen-Seligsprechung<br />
Im nordostspanischen Tarragona hat<br />
am Sonntag die bisher größte Massen-<br />
Seligsprechung der Kirchengeschichte<br />
stattgefunden. 522 Bischöfe, Priester,<br />
Ordensleute und katholische Laien, die<br />
während des spanischen Bürgerkriegs<br />
(1936 bis 1939) starben, wurden „als<br />
Märtyrer für ihren Glauben“ zu Seligen<br />
erhoben. Papst Franziskus bezeichnete<br />
die Märtyrer in einer Videobotschaft<br />
als nachahmenswerte Vorbilder, weil<br />
sie die Liebe zu Jesus Christus bis zum<br />
Äußersten gelebt hätten. Sie seien<br />
„Christen der Taten, nicht der Worte<br />
gewesen, die uns durch ihre Hingabe<br />
für das Evangelium den Weg zeigen,<br />
Christen mit Substanz zu sein“, betonte<br />
der Papst.<br />
Zufluchtsort Kloster<br />
Der katholische Bischof von Rottenburg-Stuttgart,<br />
Gebhard Fürst, will<br />
leerstehende Räume des früheren<br />
Benediktinerklosters in Weingarten<br />
(Kreis Ravensburg) für die Aufnahme<br />
von syrischen Flüchtlingen zur Verfügung<br />
stellen. Er betonte, er mache<br />
in seinem Zuständigkeitsbereich das<br />
Flüchtlingsproblem in den kommenden<br />
Monaten zur Chefsache. Ein fertiges<br />
Konzept liege jedoch noch nicht<br />
vor. Der heilige Martin habe seinen<br />
Mantel mit einem Bettler geteilt,<br />
sagte der Bischof; symbolisch gelte<br />
das auch für Wohnraum: „Wir müssen<br />
uns um diese Menschen kümmern, die<br />
alles verloren haben.“ Das sei ein Gebot<br />
der christlichen Nächstenliebe.<br />
„Reli“ gestärkt<br />
Die Kultusminister der Länder haben<br />
sich für den konfessionellen Religionsunterricht<br />
an den Schulen starkgemacht.<br />
„Religionsunterricht ist und<br />
bleibt ein wichtiger Teil der Wertebildung“,<br />
sagte der Präsident der Kultusministerkonferenz,<br />
Stephan Dorgerloh<br />
(SPD), nach einem Spitzengespräch mit<br />
der katholischen und evangelischen<br />
Kirche. Der Kultusminister Sachsen-<br />
Anhalts versicherte: „Wir werden dafür<br />
Sorge tragen, dass die Rahmenbedingungen<br />
auch künftig stimmen.“ Das<br />
Spitzengespräch, an dem unter anderen<br />
der Vorsitzende der katholischen<br />
Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof<br />
Robert Zollitsch, und der Ratsvorsitzende<br />
der Evangelischen Kirche<br />
in Deutschland, Nikolaus Schneider,<br />
teilnahmen, fand im Rahmen der Kultusministerkonferenz<br />
statt.<br />
BAuKOSTen STein deS AnSTOSSeS<br />
Tebartz-van elst polarisiert<br />
Bundesregierung nennt Situation in Limburg eine Belastung<br />
BERLIN (KNA) – Zu den Vorkommnissen<br />
im Bistum Limburg<br />
hat sich am Montag auch die Bundesregierung<br />
zu Wort gemeldet.<br />
Die Situation in der Diözese sei eine<br />
große Belastung für die Katholiken.<br />
Man hoffe, dass es in Rom<br />
zu Lösungen komme, die das Vertrauen<br />
der Menschen in ihre Kirche<br />
wieder stärken, erklärte Regierungssprecher<br />
Steffen Seibert.<br />
In der Debatte um die Kosten für<br />
das Diözesane Zentrum warf der Architekt<br />
des Baus, Michael Frielinghaus,<br />
dem Bischof vor, er habe von<br />
Anfang an gewusst, „was da für Kosten<br />
auf ihn zukommen“. Der „Süddeutschen<br />
Zeitung“ sagte Frielinghaus<br />
am Montag, schon frühzeitig<br />
habe die Summe von 31 Millionen<br />
Euro im Raum gestanden. „Es gab<br />
also keine Kostenexplosionen. Der<br />
Bau verlief planmäßig, es gab keine<br />
Überraschungen.“<br />
Tebartz-van Elst war am Wochenende<br />
nach Rom gereist – ebenso wie<br />
der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz,<br />
Erzbischof Robert<br />
Zollitsch. In der ARD-Talkshow<br />
„Günther Jauch“ sagte der Trierer<br />
Bischof Stephan Ackermann, die Situation<br />
in Limburg sei dermaßen eskaliert,<br />
dass fraglich sei, ob Tebartzvan<br />
Elst noch dort arbeiten könne.<br />
Zu fragen sei aber auch, ob nicht die<br />
Berater des Limburger Bischofs eher<br />
hätten eingreifen müssen.<br />
Der Präsident des Deutschen Caritasverbands,<br />
Peter Neher, beklagte,<br />
der Skandal wirke sich bereits auf<br />
das Spendenaufkommen aus. Neher<br />
sprach von einem massiven Glaubwürdigkeitsverlust,<br />
„der eigentlich<br />
so kaum mehr zu heilen sein wird“.<br />
Der Münsteraner Kirchenrechtler<br />
Thomas Schüller forderte den Rücktritt<br />
des Vermögensverwaltungsrats<br />
des Limburger Bischöflichen Stuhls.<br />
„Als Ehrenmänner sollten sie Verantwortung<br />
übernehmen und zurücktreten“,<br />
sagte er. Das Gremium<br />
hatte nach eigenen Aussagen weder<br />
Haushalte noch Jahresrechnungen<br />
zu sehen bekommen.<br />
Für mehr Transparenz der kirchlichen<br />
Haushalte sprachen sich Politiker<br />
von SPD und Grünen aus.<br />
Die Kirchenbeauftragte der SPD-<br />
Bundestagsfraktion, Kerstin Griese,<br />
sagte, die Kirchen seien mehr als<br />
jede andere Institution auf Vertrauen<br />
angewiesen.<br />
Anspruch auf Transparenz<br />
Barbara Hendricks, Bundesschatzmeisterin<br />
der SPD und Mitglied<br />
im Zentralkomitee der deutschen<br />
Katholiken, sagte, die Mitglieder<br />
der Kirche hätten einen Anspruch<br />
darauf, dass in den entsprechenden<br />
Gremien volle Transparenz über<br />
Einnahmen und Ausgaben hergestellt<br />
werde. Die Gremien müssten<br />
mutiger ihre Rechte einfordern.<br />
Der Vorsitzende des Landeskomitees<br />
der Katholiken in Bayern,<br />
Albert Schmid, nahm unterdessen<br />
Tebartz-van Elst in Schutz: „Natürlich<br />
ist er noch tragbar.“ Die derzeitige<br />
öffentliche Diskussion sei „völlig<br />
unangemessen“. Hier „wird ein<br />
moralischer Vorwurf erhoben, den<br />
kann ich nicht nachvollziehen“, sagte<br />
Schmid.<br />
„mit viel Überzeugung“<br />
Schulz lädt Papst Franziskus ins Europaparlament ein<br />
ROM (KNA) – Der Präsident des<br />
Europäischen Parlaments, Martin<br />
Schulz, hat Papst Franziskus zu einer<br />
Rede vor den Europaabgeordneten<br />
nach Straßburg eingeladen.<br />
Er habe den Eindruck, dass<br />
der Papst die Einladung gut aufgenommen<br />
habe, sagte der SPD-<br />
Europapolitiker nach einem rund<br />
halbstündigen Gespräch in Rom.<br />
Vatikansprecher Federico Lombardi<br />
teilte anschließend mit, der Papst<br />
habe die „Einladung zur Kenntnis<br />
genommen“, sei jedoch keine Verpflichtungen<br />
eingegangen. Die Einladung<br />
wurde nach seinen Worten<br />
„sehr herzlich und mit viel Überzeugung“<br />
vorgetragen.<br />
Zentrales Thema der Unterredung<br />
mit dem Papst waren nach Angaben<br />
von Schulz die Schiffskatastrophe<br />
vor Lampedusa und die Flüchtlingspolitik<br />
der EU. Der Vatikan teilte<br />
mit, beide hätten auch über Armut<br />
und Arbeitslosigkeit gesprochen.<br />
In der Kritik: der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst.<br />
Foto: KNA