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EINHEIT - Didier

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Lebenswege in Ost und West<br />

Hier, in der Mittelgebirgslandschaft des Harzes, verlief die Grenze zwischen<br />

Deutschland und Deutschland.<br />

Ein Mahnmal erinnert daran.<br />

Zehn Jahre nach der Ende der Teilung ist der Harz wieder zusammengewachsen.<br />

Er ist zu einem touristischen Anziehungspunkt mitten in Deutschland geworden. Als<br />

herausgeputztes Schmuckstück präsentiert sich vor allem die einst in Grenznähe<br />

gelegene Ex-DDR Stadt Wernigerode.<br />

Das Gerhart-Hauptmann-Gymnasium in Wernigerode<br />

1990, als Deutschland seine Einheit feierte, machten Anja Rückleben, geb. Müller,<br />

Ivo Kurz und Anja Sprenger, geborene Sattler, hier ihr Abitur und versuchten mit der<br />

neuen Situation fertig zu werden.<br />

„Mein Freund war zu der Zeit gerade bei der damaligen Volksarmee und da empfand<br />

ich das Ganze, man könnte sagen, bedrohlich. Man wusste nicht genau, was<br />

kommt.“<br />

Klassenkameradin Anja Rückleben dachte damals ganz pragmatisch.<br />

„Tja, dann hatte ich schon einen festen Partner und wir haben beide vor der Situation<br />

gestanden, was machen wir, wie machen wir es und haben uns dann beide<br />

entschieden, eine Ausbildung zu machen, um wirklich sofort, ohne Studium, etwas<br />

Festes zu haben und dann zu sehen, dass man im Leben vorankommt.“<br />

Auch Ivo Kurz gab seine Pläne, Maschinenbau zu studieren auf:<br />

„Mit der Vereinigung bin ich dann in Zweifel gekommen, ob ein Direktstudium so<br />

frisch nach der Wende das Richtige ist, und ob dann die Ausbildung auch, ich sag<br />

mal, in der Qualität erfolgt, wie ich mir das vorgestellt habe.“<br />

Heute ist Anja Sprenger Mitarbeiterin im Finanzwesen des Krankenhauses der<br />

Stadt Wolfsburg. Nach dem Abitur hatte sie Betriebswirtschaft studiert und fand<br />

dann einen Arbeitsplatz im sogenannten Westen der Republik.<br />

Heute ist das Thema Ost-West kein Thema mehr für sie.<br />

Sprenger: „Ob ein Ossi oder ein Wessi- das spielt eigentlich keine Rolle. Für mich<br />

nicht, für andere hier in meinem Umkreis auch nicht.“<br />

Familie, beruflicher Erfolg und der Westen allgemein haben sie verändert. Sie ist<br />

heute:<br />

„… also wesentlich selbstbewusster, sagen wir so, vielleicht auch deshalb, weil ich<br />

jetzt überall sagen kann, was ich denke und mich nicht vielleicht verstellen muss;<br />

weiss ich nicht, kann ich nicht einschätzen.“<br />

Ihr Mitschüler Ivo Kurz blieb in Wernigerode. In der Kreisparkasse ist er zuständig<br />

für Kredite an Gewerbetreibende. Seine Bilanz nach zehn Jahre Einheit:<br />

„Sicher gibt es immer hier und da mal Sachen, wo man sagt, das könnte besser laufen<br />

und dieses ist vielleicht nicht so gut, aber das gibt es in jedem System.“<br />

Die wirtschaftliche Entwicklung kann Kurz vor der Haustür studieren.<br />

„Wo noch ein großer Unterschied ist, ist die Arbeitslosigkeit, die wir hier stärker<br />

haben als in den alten Bundesländern- das ist natürlich ein gravierender Punkt. Aber<br />

ansonsten, von den Lebensverhältnissen, vom Angebot der Waren zum Beispiel her<br />

sehe ich da keine Unterschiede, keine gravierenden.“<br />

Auch Anja Rückleben machte nach dem Abitur eine Banklehre. Dann beschlossen<br />

sie und ihr Mann, eine große Familie zu gründen. Ursprünglich sollte es eine ganze<br />

Fußballmannschaft werden. Doch jetzt bleibt es wohl bei nur drei Kindern.<br />

„Wir haben das erreicht, was wir wollten, wir sind nach 11 Jahren immer noch<br />

glücklich. Wir sind glücklich verheiratet, haben glückliche Kinder, denken wir… Uns<br />

geht es eigentlich ganz gut und wir müssen im Nachhinein sagen, letzten Endes,<br />

kam gerade für uns, in unserem Alter, die Wende zur richtigen Zeit.<br />

Ortswechsel: Bundeskanzleramt in Berlin. Hier in Mitte der neuen alten Hauptstadt,<br />

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