150 Jahre Stift Olsberg
150 Jahre Stift Olsberg
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Der Übergang von der privat geführten Pestalozzistiftung der deutschen<br />
Schweiz an das Erziehungsdepartement des Kantons Aargau<br />
Die Hauptverantwortung in der Führung der Pestalozzistiftung lag beim Erziehungsdirektor.<br />
Allerdings hatten auch der Bau- und Finanzdirektor wesentlichen Einfluss in <strong>Olsberg</strong>.<br />
Der Grosse Rat entschied bei grösseren Sachvorlagen, Dekreten und Reglementen<br />
abschliessend. Der Regierungsrat wählte die Beamten und die Angestellten.<br />
Beamte mit Pensionsberechtigung waren der Hausvater und die definitiv gewählten<br />
Hilfslehrer. Angestellte ohne Pensionsberechtigung waren die Hausmutter, die Religionslehrer,<br />
Hilfslehrer ohne aargauische Wahlfähigkeit und später der Aufsichtsgehilfe.<br />
Als Dienstboten bezeichnete man Mägde, Knechte, Taglöhner und weiteres Hilfspersonal.<br />
Für die Dienstboten und Taglöhner hatte der Hausvater das Recht zur Anstellung.<br />
Die Aufsichtskommission bestand aus 7 Mitgliedern und verfügte über weit reichende<br />
Kompetenzen und Pflichten! Sie traf sich zwei- bis dreimal jährlich. Einsitz in der Aufsichtskommission<br />
hatten je ein Geistlicher der Konfessionen, ein Landwirt, ein Industrieller<br />
und ein Arzt. Der Arzt war zugleich Hausarzt und untersuchte jährlich die Zöglinge<br />
und hielt dabei Grösse, Gewicht und weitere Ergebnisse schriftlich fest. Ein Mitglied musste<br />
in Aarau wohnhaft sein, damit der Kontakt zur Regierung gewährleistet war. Diese Regelung<br />
wurde 1918 mit der Schaffung von Telefonverbindungen hinfällig. Die Kommission<br />
prüfte und bewilligte jede Aufnahme oder den Austritt von Zöglingen, kontrollierte Budget<br />
und Rechnung, beantragte zur Genehmigung durch die Regierung ausserordentliche<br />
Aufwendungen oder dringende Anschaffungen. Der Hausvater hatte lediglich beratende<br />
Stimme – auch bei Aufnahmen und Austritten von Zöglingen. Mit der Übernahme des<br />
Präsidiums 1925 durch den Erziehungsdirektor wurden die Kompetenzen zunehmend<br />
eingeschränkt. Viele Beschlüsse wurden nun durch Präsidialentscheid getroffen. Die Sitzungen<br />
waren immer spärlicher angesetzt. Dabei wurden die persönlichen Interessen<br />
des Erziehungsdirektors sichtbar. So war z.B. Erziehungsdirektor Schwarz (1953–1965)<br />
ein passionierter Landwirt. Es verwundert im Nachhinein nicht, wenn landwirtschaftliche<br />
Bedürfnisse weit mehr gewichtet wurden als erzieherische – zeitlich wie inhaltlich. Erziehungsdirektor<br />
Arthur Schmid (1965–1992) hingegen setzte sich vehement für eine Verbesserung<br />
der pädagogischen Situation ein – auf Kosten der Landwirtschaft. Mit dem<br />
Dekret von 1955 wurden die Kompetenzen der Aufsichtskommission stark beschnitten.<br />
Entscheide über Aufnahme und Entlassung von Kindern wurden nun durch die Behörden<br />
nach Rücksprache mit der Heimleitung (Platzfrage) getroffen. Bei den Arbeiten zur<br />
Neukonzeption und der baulichen Umsetzung erhielt die Aufsichtskommission eine letzte<br />
grosse Aufgabe zur Mitberatung. Mit der Inkraftsetzung des Betreuungsgesetzes wurde<br />
die Aufsichtskommission per 31.12.2006 aufgelöst.<br />
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