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150 Jahre Stift Olsberg

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nehmen, die in allem, was sie tun, nach etwas streben, was ihnen persönlich sinnvoll<br />

erscheint. Fühlen sich Kinder herausgefordert das, was sie erfahren, zu beurteilen, dann entwickeln<br />

sie ihre eigene, subjektive Logik. So kann es z.B. dazu kommen, dass sie sich aus<br />

der Sicht der Gemeinschaft, in der sie leben, destruktiv verhalten. Ihnen selbst kann ihr Verhalten<br />

jedoch als der einzig mögliche Weg erscheinen, um sich anerkannt und zugehörig<br />

fühlen zu können. Kinder ziehen selbst Schlüsse aus dem, was sie erfahren, und deshalb<br />

verhalten sie sich manchmal in einer Weise, die weder ihrer eigenen Entwicklung noch der<br />

Gruppe, in der sie leben, dienlich ist. Es ist nicht immer einfach, die tieferen Gründe ihrer<br />

Probleme zu entschlüsseln, zu verstehen, warum sie sich nicht verstanden fühlen. Das vor<br />

allem kann zu Krisen führen. Aber Erwachsene und Kinder sind nicht in ihnen gefangen.<br />

Obwohl Kinder Akteure ihrer eigenen Entwicklung sind, agieren sie nicht ausserhalb<br />

oder unabhängig von ihrem sozialen Umfeld. Der eigene Sinn, den ein Kind mit seinem<br />

auffälligen, z.B. aggressiven Verhalten verknüpft, ergibt sich nicht ohne die Verhaltensweisen<br />

seiner Umwelt, seiner Eltern und seiner Lehrer. Das, was Heranwachsende im<br />

Alltag und mit ihren Lebensumständen wahrnehmen und erfahren, prägt sie. Die Angebote,<br />

die sie bekommen, die Wertschätzung und Ermutigung, die ihnen zuteil wird, die<br />

Unterlassungen, Missachtung oder Entmutigungen, die ihnen zugemutet werden, all<br />

dies wirkt sich darauf aus, wie sie ihre Erfahrungen verarbeiten.<br />

Deshalb ist es notwendig, Erziehungsverantwortung zu übernehmen. Das ist die elementarste<br />

Form, in der Erwachsene die Sinnbildung von Kindern beeinflussen können.<br />

Wenn Eltern und Erzieher Kinder vernachlässigen oder sich ihrer Verantwortung kaum<br />

stellen, wenn sie sich weder liebevoll noch lenkend verhalten, dann lassen sich die verheerenden<br />

Folgen für die kindliche Entwicklung sehr genau benennen. Man weiss sogar,<br />

welche Veränderungen im Gehirn auftreten, wenn Kinder körperlich gezüchtigt, anhaltend<br />

mit Worten erniedrigt werden oder wenn sich ein Mangel an liebevoller Zuwendung<br />

mit einem Übermass an Ge- und Verboten verbindet.<br />

Es gibt vier Formen von Problemen, deren Folgen Kinder lebenslang verletzen: Eine dauerhafte<br />

körperliche Misshandlung, sexueller Missbrauch, seelische Erniedrigung durch<br />

Liebesentzug und das Fehlen von Nähe und persönlicher Wertschätzung.<br />

Ferner haben Eltern und Erzieher in einer eher indirekten Weise Einfluss auf die Sinnbildung<br />

von Kindern. Für Kinder ist es wichtig, erleben zu können, dass Erwachsene versuchen, ihre<br />

eigene Sinnbildung möglichst authentisch vorzuleben. Das bedeutet nicht, dass sie keine<br />

Fehler machen dürfen. Fehler gehören ebenso wie Konflikte zum Miteinander dazu.<br />

Erwachsene haben Heranwachsenden jedoch nicht nur Wissen und Erfahrungen voraus.<br />

Sie können sich Fragen stellen, die sich der Nachwuchs erst stellen lernen muss: Wie gehe<br />

ich mit eigenen Fehlern um? Dass Kinder sich im Anderen entdecken, hinterlässt also Spuren,<br />

die sie ein Leben lang begleiten. Erwachsene können Heranwachsende nicht davor<br />

bewahren. Aber sie können Erziehungsverantwortung übernehmen und sich befragen, was<br />

sie tun und ändern können. Damit verhindern sie, dass diese Spuren zu Narben werden,<br />

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