150 Jahre Stift Olsberg
150 Jahre Stift Olsberg
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erreicht, ging man gemeinsam in den Speisesaal um das Frühstück einzunehmen. Die<br />
Landwirtschaft und ihre Bedürfnisse bestimmten den Tageslauf. Waren keine landwirtschaftlichen<br />
Arbeiten zu erledigen, besuchte man die Schule, kurz unterbrochen von<br />
einer viertelstündigen Pause. Das Mittagessen war einfach: Suppe, Kartoffeln und Gemüse,<br />
zweimal wöchentlich Fleisch. Bis um 13 Uhr war gemeinsames Spiel im Hof. Am<br />
Nachmittag arbeiteten die Kinder bis 18 Uhr unter Anleitung und Aufsicht auf dem Feld,<br />
im Garten oder im Weinberg, unterbrochen von einer kurzen Zvieripause. Nach Arbeits -<br />
ende musste zuerst das Werkgeschirr gereinigt und versorgt werden, ehe bis zum Nachtessen<br />
kurze Zeit fürs Spielen übrig blieb. Das Nachtessen war auf 19 Uhr angesetzt. Nachher<br />
blieb noch eine Stunde Zeit für Spiel und Lektüre, oder Gespräche mit Lehrern und<br />
Hauseltern. Mit einem gemeinsamen Lied klang der Tag aus. Um 21 Uhr war für alle<br />
Nachtruhe. Kurz vor Mitternacht mussten die Bettnässer geweckt und zur Toilette begleitet<br />
werden, um das Unheil des Bettnässens zu verhindern – mit wenig Erfolg.<br />
Während der Heu- und Getreideernte fiel bei schönem Wetter der Unterricht aus. Da<br />
begann der Tag schon früh um 4 Uhr. An Sonn- und Feiertagen mussten nur die älteren<br />
Zöglinge zur Versorgung des Viehs früher aufstehen.<br />
Einmal im Jahr fand ein grösserer Ausflug statt. Die Kinder lebten das ganze Jahr in der<br />
Anstalt, auch an Ostern, Weihnachten und den andern Feiertagen. Ferien gab es keine.<br />
In der schulfreien Zeit standen ohnehin die meisten landwirtschaftlichen Arbeiten an.<br />
Gelegentlich hatten vereinzelt Zöglinge – mit ordentlichem Verhalten im Alltag – die<br />
Möglichkeit nach Rheinfelden zu gehen um Einkäufe für das <strong>Stift</strong> zu tätigen oder am<br />
Markt Produkte aus dem Garten oder der Landwirtschaft zu verkaufen. Die Anstältler<br />
konnten ihre Herkunft nicht leugnen. Der auffällig kurze Haarschnitt und die meist etwas<br />
altväterische Bekleidung waren kennzeichnende Merkmale.<br />
Die Anstaltsschule war in eine Unter- und Oberschule aufgeteilt mit je bis zu 30 Schülern.<br />
Als Ziel galten die Anforderungen der aargauischen Gemeindeschulen. Die eintretenden<br />
Zöglinge besuchten vorher die Schule eher selten. Den konfessionellen Religionsunterricht<br />
erteilten die Geistlichen aller Konfessionen in wöchentlich zwei Stunden<br />
jeweils am Mittwochvormittag. Der Schulbetrieb war grundsätzlich den landwirtschaftlichen<br />
Bedürfnissen untergeordnet.<br />
Die karge Freizeit war stark kollektiv geprägt. Das Spielen erfolgte gemeinsam im Hof<br />
oder in den Schulräumen. Diese waren gleichzeitig für das Verbringen der sehr spärlichen<br />
Freizeit vorgesehen. Im Speisesaal wurden auf Bänken an langen Tischen nur die<br />
Mahlzeiten eingenommen. Das Obergeschoss mit seinen Schlafsälen war für die Kinder<br />
nur in der Nacht zum Schlafen vorgesehen. Einzig für den Turnunterricht bei schlechter<br />
Witterung und im Winter benutzte man zu diesem Zweck den Turnhallegang im West-<br />
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