150 Jahre Stift Olsberg
150 Jahre Stift Olsberg
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Trotz allen baulichen Verbesserungen änderte sich kaum etwas am kollektiven Erziehungssystem.<br />
Man arbeitete weiterhin mit Strafen gegen den Fehler, statt für das Fehlende.<br />
Trotz dem breiteren Angebot an Möglichkeiten in der Freizeit, war das Davonlaufen<br />
von Schülern weiterhin üblich.<br />
In der Landwirtschaft wurde der alte Wagenschopf durch einen neuen Schweinestall<br />
und Remisentrakt ersetzt. Die vermehrte Mechanisierung des Gutsbetriebs sollte den<br />
Arbeitseinsatz der Zöglinge in geordnete Bahnen lenken. Der Vormittag war nun (fast)<br />
ausschliesslich der Schule vorbehalten. Mit Ausnahme der Wintermonate war der Nachmittag<br />
trotz vorhandenem Stundenplan meistens mit landwirtschaftlichen Arbeiten ausgefüllt.<br />
Max Plüss (1960–1974)<br />
Herr Plüss vertrat stark hierarchische Strukturen mit klaren Vorstellungen zu Disziplin und<br />
Ordnung. Die Lehrer wurden enger in Entscheidungsprozesse eingebunden als die Erzieher.<br />
Diese hatten sich unterzuordnen und zu gehorchen. Das weibliche Dienstpersonal<br />
besass keine Erziehungsfunktionen und es war ihm untersagt, Kontakte zu Knaben aufzunehmen.<br />
Einzig die Hausbeamtin verwaltete die Kleiderkästchen, gab frische Kleider<br />
heraus und verteilte den Bettnässern jeweils frische Bettwäsche. Jeden Montagvormittag<br />
wurden unter Kontrolle von Hausvater und Hausbeamtin die Sonntagskleider<br />
geklopft, gebürstet und dann ordentlich versorgt. Erst dann begann die Schule.<br />
Der Hausvater reglementierte auch die Kontakte der Mitarbeitenden untereinander. So<br />
war es Lehrern und Erziehern nicht gestattet, sich im «Damenstock» in den Zimmern der<br />
weiblichen Angestellten aufzuhalten. Andererseits war er bestrebt für die Nicht-Lehrer<br />
eine Art Weiterbildung anzubieten. Zusammen mit aargauischen Heimleitern organisierte<br />
er Erziehungs-Tageskurse. Aus diesen Kursen erwuchs die Gründung der Aargauischen<br />
Fachschule für Heimerziehung im <strong>Jahre</strong> 1973. <strong>Olsberg</strong> schickte damals vier<br />
Absolventen in den Pilotkurs.<br />
Im Prospekt von 1970 hiess es «Die ein und ausgehende Post untersteht der Kontrolle<br />
der Hauseltern.» Die Zensur wurde eisern gehandhabt. Bekam ein Kind ein Päckchen,<br />
wurde dieses im Beisein des Hausvaters geöffnet. Den süssen Inhalt konnte das Kind<br />
in den folgenden Tagen portionenweise im Büro abholen.<br />
Die Ferien wurden ab 1970 um je eine Woche im Frühling und Herbst verlängert. Damit<br />
konnten die Kinder nun während fünf Wochen die Ferien zuhause verbringen. Die<br />
Sommerlager wurden ausgedehnt. Ein Mitarbeiter war mit 5–6 Knaben und einem<br />
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