Geschichte des Schiller-Gymnasiums Köln 1899 - 2010
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Die weltanschauliche „Gleichschaltung“ erfasst, wie man leicht sieht, alle Fachbereiche, auch gerade<br />
die Fächer, die man vordergründig oft für ideologiefrei oder wertneutral halten mag, so z.B. Mathematik.<br />
Im alltäglichen Unterricht konnte diese Ideologisierung nachgerade skurrile Züge annehmen.<br />
So dozierte nach Aussagen von Ehemaligen der Mathematiklehrer (etwa im Jahr 1935) über den Einheitskreis,<br />
um von da aus überzuleiten: „Wenn wir gerade vom Einheitskreis reden, also von Einheit,<br />
da geht es ja auch um die deutsche Einheit. Sind denn hier in der Klasse schon alle in der HJ?“. Wenn<br />
mehr als 90% der Schüler Mitglieder der HJ waren, durften die Schulen als Zeichen ideologischer<br />
Planerfüllung die HJ-Fahne hissen! Übrigens waren im Jahr 1936 über 90% der Schüler in NS-nahen<br />
Unterorganisationen organisiert.- Der Sportunterricht hatte natürlich auch der Vorbereitung auf das<br />
Militär zu dienen, mit Schießübungen, Orientierungsläufen usw. Schwimmunterricht fand übrigens<br />
im nahe gelegenen Neptunbad statt. - - Weniger anekdotisch waren die Mathematikaufgaben in<br />
Klassenarbeiten und im Abitur. Hier findet man immer wieder ideologiebelastete Anwendungsaufgaben<br />
<strong>des</strong> folgenden Typs (Abitur 1936):<br />
„Ein Bombenflugzeug hat 1800 Bomben geladen und den Befehl erhalten, eine geradlinige<br />
Eisenbahnstrecke zu zerstören. Das Flugzeug hat Seitenwind (von Westen) W 11 m/sec. Die<br />
Eigengeschwindigkeit <strong>des</strong> Flugzeugs beträgt 219 km/Std. Jede Sekunde wird eine Bombe<br />
abgeworfen.<br />
-- In welchen Abständen fallen die Bomben?<br />
-- Wieviel Zeit benötigt das Flugzeug für die Zerstörung?<br />
-- Wieviel km Eisenbahnlinie werden zerstört?“<br />
So wurde nach Hitlers Vorstellungen der „Wehrwille“ der Jugend früh gestärkt und der Schulunterricht<br />
für die Kriegsvorbereitung instrumentalisiert.<br />
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