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Geschichte des Schiller-Gymnasiums Köln 1899 - 2010

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Rassismus als Lernziel<br />

Die „Rassenkunde“ als Teilbereich mehrerer Fächer wurde bereits beschrieben. Die paradoxe Vorstellung,<br />

dass alles Deutsche dem Fremdländischen gegenüber schlechthin überlegen sei, dass es<br />

aber dennoch permanent durch das Fremde in seiner Existenz bedroht werde, diese Idee wird in der<br />

nationalsozialistischen Rassenideologie ins Extrem gesteigert. Die Verachtung der slawischen Völker,<br />

die Herabwürdigung der „Fellachen- und Helotenrassen“, die Bekämpfung der „Erbminderwertigen“<br />

und insbesondere der Hass auf das Judentum waren Teil <strong>des</strong> Schulalltags. Nicht wenige Ehemalige<br />

aller Schulformen haben diese Unterrichtsinhalte in einer Form von selektiver Erinnerung verdrängt<br />

oder sie niemals als solche wahrgenommen; aus einer erdrückenden Vielfalt von Schulakten geht<br />

jedoch hervor, dass die Rassenideologie ein Fundament <strong>des</strong> Unterrichts war. Im Sinne der Nürnberger<br />

Gesetze musste jeder „Reichsbürger“ in einem „Ahnenpass“ die „arische“ Abstammung über die<br />

Großeltern hinaus nachweisen. Nach einer Verfügung vom Januar 1938 wurde bestimmt:<br />

„Betr.: Ahnenpass-Vordruck aus dem Zentralverlag der NSDAP<br />

Die Ausfüllung <strong>des</strong> Ahnenpasses vollzieht sich unter Anleitung <strong>des</strong> Lehrenden; sie ist wesentlicher<br />

Bestandteil <strong>des</strong> Unterrichtsstoffs.“<br />

Diese diskriminierende Bestimmung ist auf dem Hintergrund einer verschärften Verfolgung der jüdischen<br />

Mitbürger zu sehen. Mit dem „Ahnenpass“ hatte man allerdings noch nicht die - im Jargon der<br />

Nazis – eine ‘gesunde Rasse bedrohenden Erbminderwertigen’ erfasst; dies geschah u.a. durch einen<br />

Fragebogen <strong>des</strong> Gesundheitsamts, der im Sommer 1938 im <strong>Schiller</strong>gymnasium ausgegeben wurde:<br />

„Erbbiologische Bemerkungen:<br />

1. Sind in der Familie die im 1 Abs. 2 <strong>des</strong> „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“<br />

genannten Krankheiten oder Zustände vorgekommen? Welche und bei wem?<br />

2. Sind in der Familie noch andere körperliche oder geistige Leiden oder Abnormitäten erblicher<br />

oder nichterblicher Natur vorgekommen? Welche und bei wem?<br />

3. Sind Zwillingsgeburten vorgekommen? Welche? ...“<br />

Um die Schüler an den Gedanken <strong>des</strong> ‘Ausmerzens lebensunwerten Lebens’ zu gewöhnen, ließ man<br />

sie an einer anderen Schule rechnen: ‘Ein Geisteskranker kostet täglich RM 4,-, ein Krüppel 5,50 RM,<br />

ein Verbrecher RM 3,50. Bei 300000 Irren: Wieviel Ehestandsdarlehen zu RM looo,- könnten - unter<br />

Verzicht auf spätere Rückzahlung - von diesem Geld jährlich ausgegeben werden?“ (E. Aleff, Das Dritte<br />

Reich. S. 112) - Fragebögen wie der <strong>des</strong> Gesundheitsamtes ermöglichten es wenig später den Behörden,<br />

Menschen aufzuspüren und zu registrieren, die bald darauf Opfer der „Euthanasie“-<br />

Verbrechen wurden. Und die Schulen hatten das Ihre dazu getan!<br />

Zu erbbiologischen Fragen lieferte die Schule nicht nur den städtischen Behörden entsprechende<br />

Daten. Ein Schreiben <strong>des</strong> Hygienischen Instituts zeigt, dass Dr. Schaeben auch der Universität Daten<br />

mitteilte:<br />

13.2.1939<br />

Sehr geehrter Herr Oberstudiendirektor!<br />

Ich danke Ihnen bestens für die verständnisvolle Unterstützung meiner Untersuchungen<br />

durch Nennung von 7 Zwillingspaaren. Ich bitte Sie höflichst, die beiliegenden Formulare an<br />

die Zwillinge anzugeben zwecks Bescheinigungen, dass die Eltern mit den erbbiologischen<br />

Untersuchungen einverstanden sind. Für die Rücksendung der ausgefüllten Formulare mittels<br />

der städtischen Post wäre ich Ihnen dankbar.<br />

Heil Hitler!“ gez. ...... Oberarzt am Institut<br />

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