Karl Keck
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Stunde feierlich zu den Grundsätzen der Menschlichkeit<br />
und der Gerechtigkeit, der Freiheit und des Sozialismus.<br />
Kein Ermächtigungsgesetz gibt ihnen die Macht, Ideen, die<br />
ewig und unzerstörbar sind, zu vernichten.<br />
Das war für 12 Jahre die letzte freie Rede in Deutschland, mit der<br />
der Abgeordnete und Fraktionssprecher Otto Wels (1873-1939)<br />
die Ablehnung des Ermächtigungsgesetzes durch die SPD begründete.<br />
Aber Hitler bekam seine Zweidrittelmehrheit. 39<br />
2.3 Gleichschaltung<br />
Es folgte die Ausdehnung der Verhaftungswelle auf alle anderen<br />
politischen Parteien, Verhaftungen nicht durch die Staatsorgane,<br />
sondern durch SA oder SS 40 , verbunden mit Misshandlungen und<br />
Einlieferungen in die ersten Konzentrationslager, „ganz unbürokratisch“,<br />
wie die nationalsozialistischen Zeitungen rühmend hervorhoben.<br />
Eine erste Emigrationswelle setzte ein. Die Parteien,<br />
ihrer Führer beraubt, unsicher geworden, gespalten, bespitzelt,<br />
resignierten und lösten sich auf. KPD und SPD wurden verboten.<br />
Die Gewerkschaften wurden zerschlagen, die Länderverfassungen<br />
aufgehoben, die Presse „gleichgeschaltet“ und das Erziehungswesen<br />
und die Kunst einheitlich im Sinne des nationalsozialistischen<br />
Staates ausgerichtet. Nur die Gleichschaltung der<br />
Kirchen gelang nicht vollkommen. Im Protestantismus bildete<br />
sich die sogenannte „Bekennende Kirche“ 41 , die entschieden Widerstand<br />
leistete. Auch die katholische Kirche widersetzte sich<br />
teilweise der geistigen Gleichschaltung, 42 nachdem sie zuerst<br />
39 Schildt, Gerhard, Geschichte Europas, Westermann, Braunschweig, 1988, S. 240-247<br />
40 SS = Abkürzung für „Schutzstaffel“, die ursprüngliche Leibgarde Hitlers, die nach dem<br />
„Röhm-Putsch“ und mit dem Aufstieg Himmlers die vollständige Macht im Staat bekam und<br />
die „Herrenschicht“ in Europa heranzüchten sollte.<br />
41 Widerstandskirche, die sich seit 1933 gegen die „Deutschen Christen“ nationalsozialistischer<br />
Richtung wandte. Am 21.09.1933 wurde unter Führung von Pfarrer Martin Niemöller (1892-<br />
1984) und Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) der „Pfarrernotbund“ gegründet, der 1934 zur<br />
ersten freien Synode tagte und der staatlichen Anmaßung in Glaubens- und Gewissensfragen<br />
mutig entgegentrat. Nach Kriegsende waren die Führer der Bekennenden Kirche maßgeblich<br />
am Neuaufbau der kirchlichen Ordnung beteiligt.<br />
42 Als Beispiel sei hier Rottenburgs Johannes Baptista Sproll genannt, der von Anfang an unter<br />
besonderer Überwachung der Gestapo stand, weil er immer wieder gegen die nationalsozialistische<br />
Weltanschauung predigte und am 10.04.1938 der Volksabstimmung zum Anschluss<br />
Österreichs fernblieb.<br />
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