?Initiative Berliner Sozialforum?. - Forschungsjournal Soziale ...
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Strategiebildungsprozess der SPD<br />
• eine klare und verständliche Problemanalyse,<br />
• ein definiertes Projekt,<br />
• die Einbettung in eine Wertegrundlage,<br />
• definierte Ziele und Botschaften,<br />
• Kenntnis der Meinungen der Stakeholder<br />
(vom Lobbyistenverband bis zu wichtigen<br />
Wählergruppen) und der Strategie der Konkurrenz,<br />
• ein Prozess, der verbindlich ist, aber Offenheit<br />
und Optionen zulässt,<br />
• eine Dialog- und Kommunikationsstrategie<br />
gegenüber allen relevanten Stakeholdern,<br />
• Personen, die diese Strategie glaubwürdig<br />
und kompetent politisch umsetzen können,<br />
• die Verstärkung des Anliegens durch die<br />
Partei und ein unterstützendes Umfeld von<br />
Multiplikatoren.<br />
Diese theoretischen Einsichten helfen zwar, an<br />
die Dinge strukturiert und systematisch heranzugehen.<br />
Sie sind aber keineswegs eine Anleitung<br />
für die praktische Politik einer politischen<br />
Partei. Denn: Jenseits des in der Regel in einer<br />
Partei gemeinsam getragenen strategischen Ziels<br />
der Erringung oder Aufrechterhaltung von politischer<br />
Gestaltungsverantwortung kann es konfligierende<br />
Ansichten und Interessen geben.<br />
Eine Regierungspartei ist eingebunden in das<br />
Zusammenspiel von Regierung und Fraktion.<br />
Eine Parteistrategie, die auf diese Akteure keine<br />
Rücksicht nimmt, wäre töricht und verbietet<br />
sich von selbst. Für eine Oppositionspartei gilt<br />
dies ebenso, wenn auch in etwas geringerem<br />
Maße. Eine Regierungspartei wird zudem an<br />
vermeintlichen Erfolgen oder Misserfolgen des<br />
Regierungshandelns gemessen. Die Gestaltungsmöglichkeiten<br />
bspw. nationaler Regierungen<br />
nehmen jedoch im Zuge von Europäisierung<br />
und Globalisierung ab. Eine Volkspartei<br />
speist sich aus unterschiedlichen Strömungen<br />
und Traditionen. Dies kann, aber muss nicht zu<br />
programmatischen Zielkonflikten führen. In einer<br />
demokratisch verfassten Mitgliederpartei<br />
müssen die Taktiken und Strategien von Perso-<br />
39<br />
nen, Gruppen und regionalen Gliederungen nicht<br />
immer auf eine gemeinsame Strategie ausgerichtet<br />
sein. Das Sanktionierungspotenzial jedoch<br />
ist begrenzt.<br />
Weitere Aspekte ließen sich anführen, warum<br />
es einer Partei wie der SPD nur bedingt<br />
möglich ist, dem Top-Down-Prinzip klarer strategischer<br />
Masterpläne zu folgen.<br />
Vor dem Hintergrund dieser allgemeinen<br />
Bemerkungen werde ich auf die Situation der<br />
SPD im Jahre 2004 eingehen, um anschließend<br />
am Beispiel des Themas Bürgerversicherung<br />
zu verdeutlichen, wie ein Strategieprozess praktisch<br />
bearbeitet wird.<br />
2 Die Ausgangslage<br />
Rot-Grün hatte die Wahl 2002 erneut gewonnen.<br />
Die SPD hatte, wenn auch sehr knapp,<br />
zum dritten Mal in der Nachkriegsgeschichte<br />
nach 1972 und 1998 mehr Zweitstimmen als<br />
die Union.<br />
Im wesentlichen waren folgende Gründe<br />
dafür ausschlaggebend: Mit Gerhard Schröder<br />
stellte die SPD den Bundeskanzlerkanditaten,<br />
der in wichtigen Punkten einen klaren Vorsprung<br />
vor dem Gegenkandidaten hatte. Das klare und<br />
konsequente Handeln bzw. die Positionierung<br />
der Bundesregierung bei den wichtigen Themen<br />
der Irak-Frage sowie der Flut im Osten.<br />
Mit der Bundestagswahl verband sich auch eine<br />
Werteentscheidung. Die SPD stand stärker als<br />
die Union für ein gerechtes, liberales und modernes<br />
Deutschland. Dafür sprechen bspw. die<br />
überdurchschnittlichen Wahlerfolge in den Großstädten<br />
und bei den Frauen.<br />
Nur wenige Wochen nach der Wahl brach<br />
das Vertrauen in die SPD ein. Die Umfragewerten<br />
sackten dramatisch ab. Der Grund lag vor<br />
allem darin, dass die Erwartungen unserer Wählerschaft<br />
und die konkreten Vereinbarungen in<br />
der Koalition über die politischen Schwerpunkte<br />
der Legislaturperiode in Widerspruch zu<br />
einander gerieten.