23.10.2013 Aufrufe

?Initiative Berliner Sozialforum?. - Forschungsjournal Soziale ...

?Initiative Berliner Sozialforum?. - Forschungsjournal Soziale ...

?Initiative Berliner Sozialforum?. - Forschungsjournal Soziale ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Strategiebildung und Strategieblockaden: Ein Resümee<br />

Eine andere Frage wurde überhaupt nicht<br />

diskutiert: Sind Politiker überhaupt noch willens<br />

und fähig, Ziele zu formulieren? Wissen<br />

Politiker überhaupt, was sie wollen, was sie<br />

wollen können oder was sie wollen sollen?<br />

Oder kommen strategische Berater nicht nur<br />

in Versuchung, sondern auch notwendig in die<br />

Lage und Situation, Politikern zuerst sagen zu<br />

müssen, welche Ziele sinnvoll, plausibel und<br />

möglich sind? Stehen wir hier möglicherweise<br />

vor einem Generationenunterschied, für den<br />

die jetzige Generation nichts kann, der aber<br />

dennoch deutlich und folgenschwer ist: dass<br />

nämlich die Nachkriegsgeneration aus biographischen<br />

Gründen genauer wusste, was sie<br />

(nicht) wollte? Wenn man heute einen jungen<br />

Abgeordneten fragt, so hat ein bekannter Politikberater<br />

einmal angemerkt, warum er überhaupt<br />

in die Politik gegangen sei und was er in<br />

der Politik bewirken wolle, dann wisse der in<br />

den allermeisten Fällen keine rechte Antwort.<br />

Wenn das so wäre, dann wäre natürlich auch<br />

die Spannung zwischen Bonapartismus und<br />

Parteiendemokratie noch viel radikaler. Dann<br />

würden im Extremfall Politiker zu Weihnachtsbäumen,<br />

an denen strategische Berater Kugeln,<br />

Kerzen und Lametta aufhängen. Dann wäre<br />

strategische Steuerung kein politisch-demokratischer<br />

Prozess mehr, sondern das Werk strategischer<br />

Berater. Man muss diese Spannung<br />

im Kopf haben, auch wenn man keinen Weg<br />

aus der Aporie weiß.<br />

5 Strategie und Öffentlichkeit<br />

Ein weiteres Spannungsfeld besteht zwischen<br />

öffentlichen und nicht öffentlichen Räumen,<br />

welche die Strategiebildung und die strategische<br />

Steuerung positiv oder negativ beeinflussen.<br />

Die Frage ist, ob es eine Art ‚Korrumpierung’<br />

durch Öffentlichkeit geben könne.<br />

Diese Spannung lässt sich durch zwei Aussagen<br />

verdeutlichen. Die eine These lautet: Strategische<br />

Steuerung braucht nicht-öffentliche<br />

95<br />

Räume, in denen offen, angstfrei und ohne negative<br />

Folgen für die Akteure auch und gerade<br />

jenseits der Beschlusslage gedacht werden kann.<br />

Die andere These lautet: Strategische Steuerung<br />

und Zukunftsorientierung der Politik brauchen<br />

eine demokratische Öffentlichkeit, die neuen<br />

Ideen einen Resonanzboden verschafft und damit<br />

über den ‚Umweg‘ der Öffentlichkeit auch<br />

einen Verstärkereffekt für neue Ideen in die Parteien,<br />

Regierungen und Gewerkschaften hinein<br />

bringt. Diese beiden Aussagen sind auf dem<br />

Workshop in aller Klarheit formuliert worden,<br />

eine Debatte, die ich als besonders originell und<br />

weiterführend empfunden habe.<br />

Wenn man nun eine Realanalyse über die<br />

Medienwirklichkeit macht, stellt man rasch fest,<br />

dass im politisch-medialen Komplex Zukunftsbotschaften,<br />

neue Gedanken und strategische<br />

Steuerung es besonders schwer haben. Der politisch<br />

mediale Komplex verhindert eher Zukunftsorientierung<br />

und strategische Steuerung. 3<br />

Um Aufmerksamkeit zu erringen, muss man<br />

mediengerecht sein. Mediengerecht ist man,<br />

wenn man bestimmte Regeln beachtet. Diese<br />

Regeln werden von den Medien festgesetzt; sie<br />

folgen nicht der Logik der strategischen Steuerung.<br />

4 Auf der anderen Seite gibt es in den Parteien<br />

und Verbänden kaum einen Ort, wo nichtöffentlich<br />

über eine strategische (Neu)Orientierung<br />

beraten werden kann. Die allermeisten<br />

‚geheimen‘ Sitzungen werden als Folge der<br />

Symbiose zwischen Politik und Medien öffentlich.<br />

Wenn es aber keine nicht-öffentlichen Räume<br />

in der politischen Landschaft mehr gibt, dann<br />

hat das natürlich Folgen für alle Formen einer<br />

strategischen oder sonstigen Beratung: Diese<br />

werden dann instrumentalisiert und in ihrem<br />

Sinn ‚verkehrt‘. Oder man lagert sie von Anfang<br />

an ganz aus, an eine Unternehmensberatung,<br />

mit Folgen, die man am Schicksal der<br />

Gesundheitsreform der CDU studieren kann.<br />

Man verzichtet nicht ungestraft auf eine politische<br />

Kommunikation nach allen Regeln der<br />

Kunst. Oder man schafft Ersatz für die fehlen-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!