?Initiative Berliner Sozialforum?. - Forschungsjournal Soziale ...
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40<br />
Mit seiner Regierungserklärung zur Agenda<br />
2010 im März 2003 brachte der Bundeskanzler<br />
Klarheit über die Planungen der Bundesregierung<br />
in die Debatte. Dass einige Elemente der<br />
Agenda 2010 für maßgebliche Teile der SPD<br />
und ihrer Wählerschaft keine einfache Angelegenheit<br />
waren und sind, ist kein Geheimnis.<br />
Letztlich hat jedoch der Bochumer Bundesparteitag<br />
der SPD im November 2003 der Agenda<br />
2010 zugestimmt.<br />
Auch der sich anschließende Prozess der<br />
konkreten Umsetzung und Vermittlung der Reformen<br />
unter den Bedingungen<br />
• einer Mehrheit der unionsgeführten Länder<br />
im Bundesrat und somit notwendigen Kompromissbildungen,<br />
• einer nicht freundlichen und gelegentlich<br />
hysterischen Medienöffentlichkeit,<br />
• einer in der ersten Phase sehr zurückhaltenden<br />
und sich gelegentlich selbst dementierenden<br />
Partei,<br />
• nicht von der SPD oder der Regierung verschuldeter<br />
aber dennoch negativ wirkender<br />
Ereignisse wie der Verschiebung der Einführung<br />
der LKW-Maut<br />
war keineswegs einfach. Zudem kann kaum<br />
geleugnet werden, dass die gesellschaftlich notwendigen,<br />
aber eben umstrittenen Reformen zu<br />
spät und nicht immer optimal erläutert und begründet<br />
wurden.<br />
Inzwischen (November 2004) gibt es Hinweise<br />
darauf, dass die kurz nach der Bundestagswahl<br />
einsetzende Abwärtsentwicklung gestoppt<br />
und ansatzweise wieder umgekehrt werden<br />
konnte. Wir erfahren dies nicht nur aus den<br />
Umfragen, sondern auch in vielen Gesprächen.<br />
Was sind die Gründe dafür?<br />
2.1 Die Ziele sind stärker in den<br />
Vordergrund gerückt<br />
In dem Maße wie es gelang, der Verunsicherungsstrategie<br />
von Seiten einiger Medien und<br />
der Opposition eine Aufklärungs- und Vermitt-<br />
Andrea Nahles<br />
lungsstrategie entgegenzusetzen, wuchs das<br />
Vertrauen in unsere Partei wieder.<br />
In einer Zeit, in der die Welt immer komplizierter<br />
und die Politik für viele immer undurchschaubarer<br />
wird, wächst der Informations- und<br />
Erklärungsbedarf. Informieren und erklären<br />
lässt sich am besten im persönlichen Gespräch.<br />
Politische Kommunikation kann daher nicht allein<br />
auf gekaufte und werbliche Maßnahmen<br />
setzen.<br />
Es ist kein Zufall, dass im US-Wahlkampf<br />
in beiden großen Parteien ein Trend back to the<br />
roots zu beobachten war: Beide setzten auf Heerscharen<br />
von Freiwilligen, die die Wähler im<br />
persönlichen Gespräch zu überzeugen versuchten.<br />
Von zentraler Bedeutung sind Akteure, die<br />
Glaubwürdigkeit und Geradlinigkeit verkörpern.<br />
Am deutlichsten wurde dies am Beispiel des<br />
brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias<br />
Platzeck, der vor allem in der Endphase<br />
des Landtagswahlkampfs eine klare Haltung zu<br />
den Sozialreformen eingenommen und auf Vermittlung<br />
durch direkte Kommunikation gesetzt<br />
hat.<br />
2.2 Deutlicher Kontrast zum politischen<br />
Gegner<br />
Das Kalkül von Frau Merkel, dass ihre hohen<br />
Umfragewerte dauerhaft Bestand haben würden<br />
und sie auf dieser Woge ins Kanzleramt<br />
gespült werden würde, ging nicht auf.<br />
Die Verunsicherungsstrategie der Union hatte<br />
an dem Punkt ihre Grenze erreicht, als der<br />
sächsische Ministerpräsident Milbradt ankündigte,<br />
sich an den Hartz-Demonstrationen zu<br />
beteiligen. Die Doppelstrategie der Union, im<br />
Vermittlungsausschuss Verschärfungen der Arbeitsmarktreform<br />
durchzusetzen und sich gleichzeitig<br />
in einigen Ländern an die Spitze der Protestbewegung<br />
zu stellen, hat die Führungsstärke<br />
von Merkel und die Glaubwürdigkeit der<br />
ganzen Partei beschädigt.