?Initiative Berliner Sozialforum?. - Forschungsjournal Soziale ...
?Initiative Berliner Sozialforum?. - Forschungsjournal Soziale ...
?Initiative Berliner Sozialforum?. - Forschungsjournal Soziale ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
86<br />
sich bei Greenpeace die feste Überzeugung gehalten,<br />
dass die ‚echten‘, wirklich guten Ideen<br />
und Aktionen spontan und kreativ entstehen.<br />
So sehr heutzutage auch bei Greenpeace strategisch<br />
analysiert und geplant wird: das Fehlen<br />
ausgeklügelter, allzu detaillierter strategischer<br />
Planungen ist in gewisser Weise identitätsstiftend<br />
für Greenpeacer geblieben. Die Grundstrategie<br />
– bearing witness, direkte gewaltfreie Aktion,<br />
öffentliche Konfrontation des Gegners,<br />
verbunden mit Unkonventionalität, Mut und<br />
Kreativität – war und ist die Basis des Greenpeace-Erfolges,<br />
und sie wurde und wird noch<br />
immer als ausreichende Strategie empfunden.<br />
Als Grundstrategie blieb sie bis heute unverändert:<br />
Kampagnen sind die bewusste Planung<br />
und Herbeiführung einer öffentlichen<br />
Konfrontation mit Unternehmen, Politikern oder<br />
sonstigen ‚Umweltsündern‘. Dazu gehörte schon<br />
früh die öffentliche Identifizierung verantwortlicher<br />
Personen hinter den Konzern- oder Regierungsapparaten<br />
ebenso wie eine Arbeitsweise,<br />
die ein Umweltproblem exemplarisch an einem<br />
prominenten Vertreter einer Branche oder an einem<br />
konkreten Einzelbeispiel – wie z.B. der zur<br />
Versenkung anstehenden Ölplattform Brent Spar<br />
– deutlich machen. Ein weiteres strategisches<br />
Grundelement wurde die politische und wirtschaftliche<br />
Unabhängigkeit der Organisation:<br />
anders als andere Umweltverbände finanziert sich<br />
Greenpeace ausschließlich von Spendengeldern<br />
und lehnt Großspenden und Sponsoring durch<br />
Unternehmen ebenso ab wie projektbezogene finanzielle<br />
Kooperationen mit Regierungen, und<br />
seien sie auch noch so grün.<br />
Die gewaltfreie Aktion als Akt des zivilen<br />
Ungehorsams war in der Greenpeace-Geschichte<br />
nie nur taktisches Mittel, sondern integraler<br />
Teil der Strategie selbst: Greenpeace ist ohne<br />
Aktionen nicht denkbar, ‚Taten statt Warten‘ ist<br />
kein bloßes Motto, sondern das strategische<br />
Herzstück der Umweltorganisation. Dies unterscheidet<br />
Greenpeace bis heute von anderen<br />
Umweltverbänden. Denn von den Zielen her ist<br />
Greenpeace Teil der Umwelt- und Globalisierungsbewegung:<br />
es geht um den Schutz von<br />
Natur und Umwelt vor Zerstörung aufgrund<br />
kurzfristiger wirtschaftlicher Interessen, Bequemlichkeit<br />
und Nichtstun. Und es geht um<br />
den Erhalt eines nicht nur intakten, sondern vor<br />
allem auch friedlichen und wirtschaftlich und<br />
sozial gerechten Ökosystems Erde.<br />
Die Greenpeace-Aktion war von Anfang an<br />
eine spezifische Art der Protestaktion: der Aktionist<br />
als ‚Schutzschild‘ in einem atomaren Testgebiet,<br />
zwischen Harpune und Wal, vor dem<br />
Abflussrohr einer Chemiefabrik, auf einer Ölplattform,<br />
zwischen Baum und Holzfällmaschine<br />
ist mehr als ein Protestträger. Doch um öffentlichen<br />
Druck auf Unternehmen und politische<br />
Entscheidungsträger zu erzeugen, wurden<br />
immer auch ‚indirekte‘, symbolische Aktionen<br />
gewählt, die ein Umweltproblem plastisch deutlich<br />
machen und dessen Verursacher beim Namen<br />
nennen: Banner an Schornsteinen von<br />
Kohlekraftwerken, Fesselballons über dem Taj<br />
Mahal gegen atomare Rüstung, eine Gasmaske<br />
gegen Ozonsmog für die <strong>Berliner</strong> ‚Goldelse‘,<br />
Babypuppen in Reagenzgläsern vor dem Europäischen<br />
Patentamt, ‚Versuchskaninchen‘ gegen<br />
Gentechnik, Die-ins gegen den Irak-Krieg.<br />
Viele andere Umweltorganisationen bedienen<br />
sich ähnlicher Aktionen – symbolische Aktionen<br />
gehören auch zu Greenpeace, machen aber<br />
nicht alles das aus, was Greenpeace ist.<br />
2 Erweiterungen der<br />
Kampagnenstrategie<br />
Stefan Krug<br />
Schon den ersten Greenpeace-Aktivisten war<br />
klar, dass eine reine Protest- und Aktionsstrategie<br />
nicht ausreichen würde, um reale Veränderungen<br />
zu bewirken. Schon früh wurde daher<br />
systematisch politische Lobbyarbeit betrieben,<br />
die etwa bei der Durchsetzung des Walfangverbotes<br />
in den 1970er und 1980er Jahren den<br />
Ausschlag gab. Strategische Erweiterungen der<br />
Grundstrategie folgten in den 1980er und