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Der Arztvertrag, insbesondere die Haftung des Arztes

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WOLFGANG WIEGAND: <strong>Der</strong> <strong>Arztvertrag</strong>, <strong>insbesondere</strong> <strong>die</strong> <strong>Haftung</strong> <strong>des</strong> <strong>Arztes</strong> 95<br />

nannte «wrongful life» 20 nachzuzeichnen, sondern nur darum, zu verdeutlichen,<br />

dass <strong>die</strong> traditionellen juristischen Kategorien nicht ausreichen, um<br />

derartigen Situationen gerecht zu werden. <strong>Der</strong> deutsche Bun<strong>des</strong>gerichtshof 21<br />

formuliert <strong>die</strong>se Aporie folgendermassen: «Es entzieht sich den Möglichkeiten<br />

einer allgemein verbindlichen Beurteilung, ob Leben mit schweren Behinderungen<br />

gegenüber der Alternative <strong>des</strong> Nichtlebens überhaupt im Rechtssinne<br />

einen Schaden oder aber immer noch eine günstigere Lage darstellt».<br />

Die hier deutlich werdende Verlegenheit, man könnte auch sagen Hilflosigkeit<br />

der Juristen beschränkt sich in<strong>des</strong>sen nicht auf derartige Extremfälle. Sie<br />

begegnet vielmehr auch in alltäglichen Arzthaftungsfragen, weil es sich um<br />

Grundprobleme <strong>des</strong> Schadenersatzrechtes handelt. Dies gilt sowohl für <strong>die</strong> Bestimmung<br />

<strong>des</strong> Schadens selbst als auch für seine Bemessung, für <strong>die</strong> Verteilung<br />

der Beweislast ebenso wie für <strong>die</strong> Konkretisierung der ärztlichen Vertragspflichten.<br />

In <strong>die</strong>ser Situation drängt es sich auf, zunächst einmal <strong>die</strong> wesentlichen<br />

Gesichtspunkte festzuhalten, <strong>die</strong> in einem Konzept der Arzthaftung<br />

berücksichtigt werden müssen.<br />

3. Anforderungen an ein konsensfähiges <strong>Haftung</strong>skonzept<br />

Die Vielschichtigkeit der hier aufgezeigten Problematik macht deutlich, dass<br />

Mediziner und Juristen gemeinsam nach einem <strong>Haftung</strong>skonzept suchen<br />

müssen, das den Belangen <strong>des</strong> ärztlichen Berufes Rechnung trägt und zugleich<br />

juristischen Anforderungen genügt. Nicht zu übersehen ist dabei allerdings<br />

<strong>die</strong> Gefahr, dass Juristen und Mediziner sich verständigen und der Patient<br />

auf der Strecke bleibt. Infolge<strong>des</strong>sen muss das angestrebte <strong>Haftung</strong>skonzept<br />

so angelegt sein, dass es den berechtigten Interessen aller Beteiligten<br />

Rechnung trägt. Nun kann auch hier <strong>die</strong> Quadratur <strong>des</strong> Zirkels nicht gelingen.<br />

Dennoch scheint es mir wichtig, einige unabdingbare Positionen festzuhalten:<br />

Die Persönlichkeit <strong>des</strong> Patienten, sein Selbstbestimmungsrecht und<br />

seine körperliche Integrität müssen geschützt werden. Patientenrechte und<br />

potentielle <strong>Haftung</strong> dürfen jedoch nicht dazu führen, dass der zweifellos erforderliche<br />

Handlungsspielraum <strong>des</strong> <strong>Arztes</strong> zu stark eingeengt wird. Andererseits<br />

ist aber eine gewisse Angst <strong>des</strong> <strong>Arztes</strong> vor dem - in den früheren Referaten<br />

und Diskussionen immer wieder erwähnten 22 - «Polizeiwagen» <strong>des</strong>halb<br />

unentbehrlich, weil <strong>die</strong> Beseitigung der Angst vor der persönlichen <strong>Haftung</strong><br />

M In Amerika hat sich eine differenzierende Terminologie durchgesetzt: Mit Krontful binh bezeichnet<br />

man den Anspruch der Eltern bei Geburt eines ungewollten gesunden Kin<strong>des</strong> und Nichtabtreibung<br />

einer geschädigten Leibesfrucht; wrongful life steht nunmehr für den Anspruch <strong>des</strong> geschädigten<br />

Kin<strong>des</strong> gegen den Arzt. Vgl. dazu DEUTSCH in JZ 1984, S.890.<br />

" BGHZ 86. 240, 253; dort auch Nachweise zum Stand der Diskussion.<br />

"Siehe oben S.28. 32.

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