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Der Arztvertrag, insbesondere die Haftung des Arztes

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WOLFGANG WIEGAND: <strong>Der</strong> Arzlvertrag, <strong>insbesondere</strong> <strong>die</strong> <strong>Haftung</strong> <strong>des</strong> <strong>Arztes</strong> 105<br />

gewissermassen <strong>die</strong> Rahmenbedingungen absteckt. Die im folgenden darzulegenden<br />

objektiven Massstäbe gelten nur insoweit, als der Patient nicht<br />

durch individuelle Weisungen (etwa Nichteinwilligung in eine notwendige<br />

Operation) oder durch spezielle Wünsche (etwa Heilbehandlung nach alternativen<br />

Methoden) ein Abweichen von den medizinischen Standards selbst<br />

veranlasst hat. Dies vorausgeschickt, könnte man sich auf eine Formel verständigen<br />

45 , <strong>die</strong> in Amerika zur Beschreibung der an den Arzt zu richtenden<br />

Anforderungen verwendet wird, sie lautet: «A doctor is required to use that<br />

degree of skill and diligence employed by an ordinary, prudent practitioner<br />

in his Field and Community or in similar communities at this time.» Konkret<br />

bedeutet <strong>die</strong>s, dass wir von jedem Arzt erwarten können und müssen, dass er<br />

in dem von ihm ausgeübten Tätigkeitsbereich über den notwendigen, das<br />

heisst den neuesten ihm zugänglichen Wissensstand verfügt. Des weiteren genügen<br />

nicht seine individuellen Fähigkeiten, sondern den Massstab bildet der<br />

durchschnittliche, mit der gebotenen Umsicht handelnde Arzt der jeweiligen<br />

Berufssparte. Soweit und sobald ein Fall seine Möglichkeiten überschreitet,<br />

muss der Arzt den Patienten an einen geeigneteren Arzt weiterweisen. Je<strong>des</strong><br />

Fehlverhalten in <strong>die</strong>ser Beziehung bedeutet eine Vertragsverletzung, von der<br />

sich der Arzt allenfalls unter Hinweis auf <strong>die</strong> besondere Situation durch den<br />

Nachweis fehlenden Verschuldens exkulpieren kann - darauf komme ich zurück<br />

46 .<br />

d) Fazit<br />

Damit sind <strong>die</strong> juristischen Kriterien oder Rahmenbedingungen für <strong>die</strong> Feststellung<br />

eines Sorgfaltsverstosses umrissen. Die eigentliche Feststellung <strong>des</strong><br />

Verstosses muss der Jurist dem medizinischen Gutachter überlassen. In<strong>des</strong>sen<br />

zeigt sich sehr rasch, dass mit <strong>die</strong>sen juristischen Vorgaben nur sehr dürftige<br />

Anhaltspunkte für den Gutachter gegeben sind, dass häufig schon fraglich<br />

ist, unter welcher Perspektive der Gutachter auszuwählen ist und worüber<br />

er zu befinden hat. Dazu ein Beispiel aus der Praxis: Ein Gynäkologe<br />

entfernt eine Gebärmutter, <strong>die</strong> Verwachsungen hat. Dabei wird unbemerkt<br />

ein Harnleiter durchschnitten, weshalb nach mehreren Jahren eine Niere entfernt<br />

werden muss.<br />

<strong>Der</strong> gynäkologische Gutachter stellt fest, dass das Durchschneiden <strong>des</strong><br />

Harnleiters nur hätte verhindert werden können, wenn ein Urologe beigezogen<br />

worden wäre. Die Frage läuft letzten En<strong>des</strong> darauf hinaus, ob in jedem<br />

derartigen Fall ein Urologe beigezogen werden sollte oder nicht. Es geht hier<br />

nicht darum, <strong>die</strong> Frage zu entscheiden - vielmehr soll aufgezeigt werden,<br />

" Dazu STÜRNER. SJZ 1984. S. 124.<br />

"Siehe unten S. llOff.

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