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Der Arztvertrag, insbesondere die Haftung des Arztes

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WOLFGANG WIEGAND: <strong>Der</strong> <strong>Arztvertrag</strong>, <strong>insbesondere</strong> <strong>die</strong> <strong>Haftung</strong> <strong>des</strong> <strong>Arztes</strong> 85<br />

stem; vielmehr ergeben sich aus der Besonderheit <strong>die</strong>ser Beziehung auch Probleme<br />

bei der Frage, wie das Vertragsverhältnis zustande kommt und wie sein<br />

Inhalt zu bestimmen ist.<br />

B. Abschluss und Inhalt <strong>des</strong> <strong>Arztvertrag</strong>es<br />

1. Die Besonderheiten beim Vertragsschluss zwischen Arzt und Patient 5<br />

Nach der Modellvorstellung unseres Obligationenrechts kommt ein Vertrag<br />

dadurch zustande, dass sich <strong>die</strong> Parteien über alle wesentlichen Punkte einigen.<br />

Diesen sogenannten Konsens erzielen sie nach der Konzeption <strong>des</strong> Gesetzes<br />

dadurch, dass der eine eine Offerte unterbreitet und der andere sie annimmt.<br />

Dieses Bild entspricht jedoch weder der Theorie noch der Praxis.<br />

Theoretisch betrachtet beurteilt sich das Zustandekommen eines Vertrages<br />

ausschliesslich danach, ob <strong>die</strong> Parteien untereinander Einverständnis und damit<br />

Konsens über ihre wechselseitigen Verpflichtungen erzielt haben. Die Art<br />

und Weise der Einigung zwischen den Parteien tritt hinter <strong>die</strong> Tatsache <strong>die</strong>ses<br />

Einverständnisses selbst zurück. So lässt sich denn auch bei vielen Geschäften<br />

<strong>des</strong> Alltags nicht feststellen, von wem <strong>die</strong> Offerte kam und wer <strong>die</strong><br />

Annahmeerklärung abgegeben hat oder ob überhaupt derartige Erklärungen<br />

ausgetauscht wurden. Gleichwohl besteht kein Zweifel daran, dass zwischen<br />

den Parteien der notwendige Konsens erzielt wurde.<br />

Entspricht also schon bei vielen Erscheinungen der alltäglichen Vertragspraxis<br />

das traditionelle Leitbild nicht der Realität, so gilt <strong>die</strong>s um so mehr<br />

beim <strong>Arztvertrag</strong>. Gewiss ist es denkbar, dass auch hier ein Vertragsschluss in<br />

ganz formaler Weise erfolgt, etwa wenn jemand einen Spezialisten aufsucht,<br />

um sich wegen einer kosmetischen Operation beraten zu lassen, und nach erfolgter<br />

Konsultation den Auftrag zur Durchführung der Operation erteilt. In<strong>des</strong>sen<br />

wird sich der Normalfall ganz anders abspielen. <strong>Der</strong> Patient kommt<br />

nicht zum Arzt und sagt: «Hiermit offeriere ich Ihnen einen Vertragsschluss<br />

zur Entfernung meines Blinddarms.» Vielmehr begibt er sich zum Arzt und<br />

schildert ihm seine Beschwerden. Man spricht nicht darüber, dass man einen<br />

Vertrag schliessen will, sondern darüber, wie man <strong>die</strong>se Beschwerden beseitigen<br />

oder lindern kann. Nun ist es für uns Juristen eine geläufige Erscheinung,<br />

dass Verträge ohne ausdrückliche Absprache geschlossen werden;<br />

denn das Gesetz sieht sogar in Art. 1 Abs. 2 OR <strong>die</strong> Möglichkeit vor, dass sich<br />

der Vertragsschluss ohne ausdrückliche Erklärungen aus dem Verhalten der<br />

Patienten ergeben kann, sofern <strong>die</strong>ses den Willen zum Vertragsschluss deut-<br />

5 Vgl. GAUTSCHI, N 2e zu OR 396; OTT. S.27; SCHROEDER. S.30.

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