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Der Arztvertrag, insbesondere die Haftung des Arztes

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WOLFGANG WIEGAND: <strong>Der</strong> <strong>Arztvertrag</strong>, <strong>insbesondere</strong> <strong>die</strong> <strong>Haftung</strong> <strong>des</strong> <strong>Arztes</strong> 103<br />

der Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis... 1391 ; er hat somit grundsätzlich für je<strong>des</strong><br />

Verschulden einzustehen. Die Anwendung <strong>die</strong>ses Grundsatzes mit voller<br />

Strenge wäre jedoch mit einer normalen Ausübung <strong>des</strong> ärztlichen Berufes,<br />

zum Nachteil <strong>des</strong> Kranken wie auch <strong>des</strong> <strong>Arztes</strong>, unvereinbar. Die Rechtsprechung<br />

hat denn auch seine Strenge gemildert, um der Unvollkommenheit der<br />

Wissenschaft und der menschlichen Fehlbarkeit Rechnung zu tragen. <strong>Der</strong><br />

Arzt haftet nicht für einfache Fehlgriffe, <strong>die</strong> bis zu einem gewissen Grad in<br />

der Natur seines Berufes liegen, bei dem <strong>die</strong> Ansichten dermassen vielfältig<br />

und widersprüchlich sein können. Er haftet dagegen für einen offenkundigen<br />

Irrtum, für eine offensichtlich fehlerhafte Behandlung, für einen klaren<br />

Kunstfehler oder <strong>die</strong> Unkenntnis von allgemein bekannten Grundlagen der<br />

ärztlichen Wissenschaft ... Eine unrichtige Diagnose vermag für sich allein<br />

noch keine <strong>Haftung</strong> <strong>des</strong> <strong>Arztes</strong> zu begründen ... Auf dem Gebiete der Chirurgie<br />

ist ganz besondere Zurückhaltung geboten. Die Chirurgie setzt notwendigerweise<br />

eine gewisse Kühnheit, eine gewisse Inkaufnahme von Risiken voraus.<br />

Wollte man einen Chirurgen schon <strong>des</strong>halb verurteilen, weil er sich zur<br />

Operation entschlossen hat, obwohl der Eingriff vielleicht nicht unerlässlich<br />

gewesen wäre, oder weil ihm ein operationstechnischer Fehler unterlaufen<br />

ist, könnte <strong>die</strong>s zur Folge haben, dass <strong>die</strong> Chirurgen sich in zweifelhaften<br />

Fällen von der Operation abhalten Hessen, selbst wenn <strong>die</strong>s für den Patienten<br />

verhängnisvolle Folgen haben könnte.»<br />

Dieser neue Entscheid <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gerichts knüpft teilweise wörtlich an ältere<br />

Urteile 40 an und unternimmt den Versuch, <strong>die</strong> Kontinuität der Rechtsprechung<br />

zu wahren. Das ver<strong>die</strong>nt ebenso Anerkennung wie <strong>die</strong> im Urteil<br />

zum Ausdruck kommenden Überlegungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gerichts schlechthin,<br />

von denen vor allem <strong>die</strong> Passagen am Ende <strong>des</strong> Zitats deutlich <strong>die</strong> Tendenz<br />

erkennen lassen, den Sorgen um <strong>die</strong> «defensive Medizin» Rechnung zu tragen.<br />

Gleichwohl kann <strong>die</strong> Rechtsprechung in <strong>die</strong>ser Form nicht akzeptiert<br />

werden. Das Bun<strong>des</strong>gericht unterscheidet nicht hinreichend zwischen der Vertragsverletzung<br />

und dem Verschulden, sondern vermengt beide Elemente so<br />

sehr, dass daraus notwendigerweise Missverständnisse entstehen müssen.<br />

Dabei geht es weniger um <strong>die</strong> dogmatische Richtigkeit der Einordnung, sondern<br />

um <strong>die</strong> gravierenden Konsequenzen, <strong>die</strong> sich aus der mangelnden Differenzierung<br />

ergeben. Exemplarisch in <strong>die</strong>ser Hinsicht ist ein Entscheid <strong>des</strong><br />

Obergerichts Zürich aus dem Jahre 1979, der Aufsehen erregt und Verwirrung<br />

ausgelöst hat 41 . Zwar hat das Obergericht an der tra<strong>die</strong>rten Aufteilung<br />

der Beweislast im Rahmen <strong>des</strong> Auftragsrechts festgehalten, aber zwischen<br />

Vertragsverletzung und Verschulden praktisch nicht unterschieden und dem<br />

"Dazu unten S. 11 Off.<br />

40 Vgl. BGE 64 II 205; 70 II 209.<br />

41 SJZ 1980. S.383; dazu STEVERT. SJZ 1981. S. 109. und ILERI. SJZ 1981. S.333.

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