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Der Arztvertrag, insbesondere die Haftung des Arztes

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106 WOLFGANG WIEGAN D: <strong>Der</strong> Arztverlrag, <strong>insbesondere</strong> <strong>die</strong> <strong>Haftung</strong> <strong>des</strong> <strong>Arztes</strong><br />

worüber überhaupt der medizinische Gutachter zu befinden hat. Er muss beurteilen,<br />

ob der handelnde Arzt sich in einer Weise verhalten hat, wie man sie<br />

im konkreten Fall von einem Gynäkologen in <strong>die</strong>ser Situation erwarten<br />

durfte. Entspricht <strong>die</strong> Hinzuziehung eines Urologen nicht dem medizinischen<br />

Standard und lagen keine besonderen Indizien für eine Ausnahmesituation<br />

vor, so wäre es vertretbar, hier bereits den Verstoss gegen <strong>die</strong> Sorgfaltspflicht<br />

abzulehnen.<br />

Mit <strong>die</strong>sen Formulierungen ist schliesslich <strong>die</strong> letzte Schwierigkeit angedeutet,<br />

<strong>die</strong> sich bei der Beurteilung <strong>des</strong> Sorgfaltsverstosses bietet: Es geht<br />

darum, aus welcher Perspektive zu entscheiden ist. Im Schadensersatzrecht<br />

kennen wir in <strong>die</strong>sem Zusammenhang das Schlagwort von der objektiv nachträglichen<br />

Prognose. Damit will man eine gedankliche Operation beschreiben,<br />

in der der später urteilende Richter hier mit Hilfe <strong>des</strong> Gutachters im<br />

nachhinein und unter objektiven Kriterien zu beurteilen versucht, wie man sich<br />

angesichts aller erkennbaren Umstände vor der schadensauslösenden Handlung<br />

hätte verhalten müssen. So schwierig <strong>die</strong>s klingt, so erscheint es doch möglich,<br />

eine derartige Beurteilung im Zusammenwirken von Richtern und medizinischen<br />

Sachverständigen zu erreichen.<br />

Zusammenfassend lässt sich also zur Frage der Vertragsverletzung folgen<strong>des</strong><br />

festhalten: Die gebotene und geschuldete Sorgfalt, welche der Arzt bei seinem<br />

Handeln anzuwenden hat, ist nach objektiven Kriterien zu bestimmen.<br />

Grundlage der <strong>Haftung</strong> bildet <strong>die</strong> vertragliche Leistungspflicht. Sie lässt sich<br />

in zwei Teilbereiche gliedern, nämlich <strong>die</strong> allgemeinen, auch jeden andern Beauftragten<br />

als Schuldner treffenden Verpflichtungen sowie <strong>die</strong> berufsspezifischen<br />

Verpflichtungen. Den Verstoss gegen <strong>die</strong> medizinischen Sorgfaltsregeln<br />

kann der Jurist nur mit Hilfe <strong>des</strong> Gutachters feststellen. Dieser hat zu überprüfen,<br />

ob der Arzt, sofern der Patient keine besonderen Wünsche oder Weisungen<br />

geäussert hat, aus medizinischer Sicht vertretbare Entscheidungen getroffen<br />

und bei der Durchführung der Behandlung <strong>die</strong> erforderliche Sorgfalt<br />

aufgewendet hat. Sein Verhalten ist dann als akzeptabel anzusehen, wenn es<br />

dem derzeit üblichen Standard im konkreten Tätigkeitsfeld <strong>des</strong> <strong>Arztes</strong> entspricht.<br />

Auch wenn das Gutachten in <strong>die</strong>sem Sinne ein Fehlverhalten feststellt, den<br />

der Jurist in eigener rechtlicher Wertung als Vertragsverletzung beurteilt, so<br />

sind damit längst nicht alle Schwierigkeiten ausgeräumt. Als noch komplexer<br />

erweist sich nämlich <strong>die</strong> Überprüfung <strong>des</strong> nächsten Tatbestandsmerkmals -<br />

<strong>die</strong> Frage nach der Ursächlichkeit <strong>des</strong> Sorgfaltsverstosses für <strong>die</strong> eingetretene<br />

Gesundheitsschädigung.

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