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Der Arztvertrag, insbesondere die Haftung des Arztes

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WOLFGANG WIEGAND: <strong>Der</strong> <strong>Arztvertrag</strong>, <strong>insbesondere</strong> <strong>die</strong> <strong>Haftung</strong> <strong>des</strong> <strong>Arztes</strong> 111<br />

fen. Dies <strong>des</strong>halb, weil ansonsten <strong>die</strong> Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen<br />

von der zufälligen physischen, psychischen oder sonstigen Konstitution<br />

oder Leistungsfähigkeit <strong>des</strong> Schuldners abhinge.<br />

Gerade <strong>die</strong>se Gedankengänge zeigen jedoch, dass im Arztrecht der objektivierte<br />

Fahrlässigkeitsmassstab nicht ohne weiteres Anwendung finden kann.<br />

Aus den Ausführungen 54 über den Vertragsschluss und <strong>die</strong> dadurch konkretisierten<br />

Vertragsinhalte ergibt sich deutlich, dass beim <strong>Arztvertrag</strong> <strong>die</strong> persönlichen<br />

Merkmale <strong>des</strong> behandelnden <strong>Arztes</strong> in der Regel eine grössere Rolle<br />

spielen als bei anderen Verträgen. Ein zweiter Ansatzpunkt zur Abweichung<br />

von den traditionellen Kategorien findet sich in einem vom Gesetzgeber in<br />

<strong>die</strong>ser Weise nicht gemeinten, gleichwohl aber wichtigen Tatbestand <strong>des</strong> Auftragsrechts.<br />

Gemäss Art. 398 Abs. 1 haftet der Beauftragte nämlich «für <strong>die</strong><br />

gleiche Sorgfalt wie der Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis». Diese Verweisung,<br />

<strong>die</strong> sich in allen auf Arbeitsleistung gerichteten Schuldverhältnissen<br />

findet, ist in ihrer Berechtigung ebenso umstritten wie in ihrer Tragweite 55 .<br />

Für den vorliegenden Zusammenhang ist jedoch von Bedeutung, dass gerade<br />

im Bereich der <strong>Haftung</strong> <strong>des</strong> Arbeitnehmers inzwischen eine Sondernorm geschaffen<br />

worden ist, <strong>die</strong> den objektivierten Fahrlässigkeitsbegriff weitgehend<br />

modifiziert. Es handelt sich um Art.321 e OR, der folgenden Wortlaut hat:<br />

«Das Mass der Sorgfalt, für <strong>die</strong> der Arbeitnehmer einzustehen hat, bestimmt sich<br />

nach dem einzelnen Arbeitsverhältnis, unter Berücksichtigung <strong>des</strong> Berufsrisikos, <strong>des</strong><br />

Bildungsgra<strong>des</strong> oder der Fachkenntnisse, <strong>die</strong> zu der Arbeit verlangt werden, sowie der<br />

Fähigkeiten und Eigenschaften <strong>des</strong> Arbeitnehmers, <strong>die</strong> der Arbeitgeber gekannt hat<br />

oder hätte kennen sollen.»<br />

Mit <strong>die</strong>ser Regelung 56 versucht der Gesetzgeber der besonderen Situation<br />

<strong>des</strong> Arbeitnehmers Rechnung zu tragen. Die Vorschrift wurde formuliert im<br />

Anschluss an eine in Deutschland entwickelte Doktrin, <strong>die</strong> mit den Schlagworten<br />

von der schadensgeneigten Arbeit und dem Berufsrisiko gekennzeichnet<br />

wird. Ziel der damit verbundenen theoretischen Bemühungen ist es, einen<br />

interessengerechten Risikoausgleich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer<br />

herbeizuführen. In der Schweiz ist <strong>die</strong> Interpretation <strong>die</strong>ser 1971 ins Gesetz<br />

eingefügten Regelung noch nicht gefestigt. Vielfach wird sie dahin verstanden,<br />

dass Art.321e OR <strong>die</strong> vom Arbeitnehmer geschuldete Sorgfalt modifiziere.<br />

Dieser Deutung kann sowohl angesichts <strong>des</strong> dogmatischen Hintergrunds<br />

und ihrer Entstehungsgeschichte, wie auch im Hinblick auf <strong>die</strong> Systematik<br />

<strong>des</strong> Vertragsrechts nicht zugestimmt werden. In Art. 321 e werden <strong>die</strong><br />

vertraglichen Pflichten <strong>des</strong> Arbeitnehmers nicht modifiziert, vielmehr wird<br />

" Siehe oben S. 101 ff.<br />

" Dazu HOFSTETTER. S.95ff.. insbes. S.97.<br />

"• Vgl. dazu MEIER. Die Berücksichtigung <strong>des</strong> Berufsrisikos bei der <strong>Haftung</strong> <strong>des</strong> Arbeitnehmers.<br />

Diss. Zürich. 1978.

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