Pädagogisches Konzept - Gemeinschaftsschule Arzberg
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Anschauung und Besinnung, Hören, Fühlen, Schmecken, Riechen, Schreiten, Vernehmen-Können<br />
und Stillwerden. Der Morgenkreis ergänzt die üblichen schulischen Lernprozesse um assoziatives,<br />
intuitives, kreatives Schauen. Dies stellt auch einen Ansatzpunkt für eine religiöse Erziehung dar,<br />
weil sich auf diesem Weg der junge Mensch für die Tiefendimension der eigenen Existenz öffnen<br />
kann.<br />
Das ergänzende Gegenstück zum Morgenkreis ist der Reflexionskreis am Ende der Schulwoche.<br />
Hier wird zurückgeblickt auf die vergangene Woche, reflektiert, eventuell Atmosphäre bereinigt<br />
und gedankt für die gemeinsame Zeit des Lernens. In dieser Klassenratsstunde geschieht die Einübung<br />
in grundlegende Formen der Demokratie: Hier werden die Belange der Klasse besprochen<br />
und geregelt.<br />
6.2.2 Das selbstgesteuerte Lernen (SegeL) 57<br />
Die Zeiten des selbstgesteuerten Lernens im Stundenplan sind gewissermaßen „Platzhalter“; sie<br />
gewähren den Lehrern der <strong>Gemeinschaftsschule</strong> die Möglichkeit des individualisierten Arbeitens<br />
und können damit im Prinzip auch jedes Unterrichtsfach umfassen. Das tägliche selbstgesteuerte<br />
Lernen ist keine Methode zur Lernoptimierung, sondern eine andere Art von Unterricht. Sie folgt<br />
einerseits der systemisch-konstruktivistischen Wende der Erziehungswissenschaft, welche davon<br />
ausgeht, dass Lernen ein Prozess der beständigen aktiven „Konstruktion lebensdienlicher Wirklichkeiten“<br />
ist 58 und macht ernst mit der durch die Neurowissenschaften bestätigten Einsicht, dass<br />
Lernen kein passives Aufnehmen von vermitteltem Wissen, sondern ein aktiver Aneignungsprozess<br />
ist: „Es ist wichtig sich zu vergegenwärtigen, dass bereits die Rede von der Vermittlung… völlig an<br />
der Realität des Lernens vorbei geht. Gehirne bekommen nichts vermittelt. Sie produzieren<br />
selbst“ 59 .<br />
Selbstgesteuertes Lernen ist die Form schulischen Arbeitens, die die Individualität des Schülers in<br />
die Mitte pädagogischen Bemühens stellt und seinen „sensiblen<br />
Phasen" Rechnung trägt 60 . Es ist keine verordnete Stillbeschäftigung,<br />
sondern Arbeit in relativer Freiheit. Der Schüler ist<br />
frei von ständiger Gängelung, aber begrenzt durch eine vom<br />
Lehrer sorgfältig vorbereitete Umgebung und Zielsetzung. Lernen<br />
ist dabei Arbeit und das heißt Tun und Teilhaben, bedeutet<br />
auch Anstrengung und Mühe, bewirkt Erfolg und auch Misserfolg,<br />
bedeutet Mitgestaltung, Mitverantwortung und Selbstverwirklichung<br />
in dieser Welt. Inneres Prinzip des selbstgesteuerten<br />
Lernens ist die Eigenaktivität, die Selbsttätigkeit.<br />
Dadurch wird die Konsumhaltung des Kindes im Unterricht überwunden.<br />
BLICKWENDE<br />
Vom bevormundeten<br />
zum<br />
selbstständigen<br />
Arbeiten<br />
57 PISA 2000 (PISA-Konsortium) spricht hier von „selbstreguliertem Lernen“. Wenn es auch bildungspolitisch und lerntheoretisch<br />
im Trend liegen mag, so ist es das selbstbestimmte Lernen doch aus neurowissenschaftlicher Sicht „fast<br />
eine Tautologie“ (Horst Siebert, Vernetztes Lernen. Systemisch-konstruktivistische Methoden der Bildungsarbeit,<br />
Augsburg 2007, S.49)<br />
58 Horst Siebert, S.13 und an vielen weiteren Stellen.<br />
59 Manfred Spitzer, Lernen. Gehirnforschung und die Schule des Lebens, Berlin 2003, S.417; i.gl.S.. S.4, 10, 14.<br />
60 Manfred Spitzer (S.210 und 236) bestätigt diesbezügliche Einsichten Maria Montessoris.<br />
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