3611S70005 - DORIS - Bundesamt für Strahlenschutz
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Von der US-‐amerikanischen Gruppe um Granger Morgan (Bostrom et al. 1992, Bostrom et al. <br />
1994, Morgan et al. 2002) sowie der Forschergruppe um Nick Pidgeon in England (Poortinga, <br />
Cox & Pidgeon 2008) finden sich Analysen der mentalen Modelle, die Laien von den Ursa-chen<br />
und Wirkungen des Radon-‐Risikos haben. Solche Laienmodelle werden mit den Model-len<br />
von Experten verglichen, um Fehler und Auslassungen zu ermitteln. Auf diese Weise <br />
können Schwerpunkte <strong>für</strong> die Risiko-‐Kommunikation gesetzt werden. Allerdings steht die-sem<br />
Ansatz, der auf Aufklärung setzt, die Erkenntnis entgegen, dass Risiko-‐Wahrnehmungen, <br />
die affektiv stark gebunden sind, sich durch bloße Information kaum beeinflussen lassen. <br />
Information <br />
Eine der treibenden Kräfte <strong>für</strong> die Entwicklung des Forschungsfeldes „Risiko-‐<br />
Kommunikation“ ist die Frage gewesen, wie man die „kleinen“ Risiken der Kernenergie der <br />
Öffentlichkeit deutlich machen kann. Die Arbeiten hierzu haben sich zumeist auf zwei The-menfelder<br />
konzentriert. Zum einen auf die Vermittlung kleiner Wahrscheinlichkeiten, zum <br />
anderen auf die Bewertungshilfen in Form von Risiko-‐Vergleichen (siehe Wiedemann und <br />
Schütz, 2010). Untersuchungen zu unterschiedlichen Risiko-‐Indikatoren sind eher die Aus-nahmen,<br />
siehe aber Purchase und Slovic (1999), und Gosh & Gosh (2005) <strong>für</strong> nichtnukleare <br />
Risiken. Die Studie von Purchase und Slovic (1999) weist z.B. darauf hin, dass die Verwen-dung<br />
des Non-‐Threshold-‐Modells -‐ verglichen mit dem Ansatz „NOAEL 8 + Sicherheitsfaktor“ -‐ <br />
zu einer höheren Risiko-‐Wahrnehmung bzw. einschätzung führt 9 . Untersuchungen, die ähn-lich<br />
wie der Ansatz der intuitiven Toxikologie zeigen, welche Vorstellungen Nicht-‐Experten <br />
von grundlegenden Konzepten zur wissenschaftlichen Bewertung der ionisierenden Strah-lung<br />
und von Verfahren zur Abschätzung des Strahlenrisikos haben, stehen noch aus. Hier <br />
wären vor allem Studien zu den verschiedenen Dosis-‐Konzepten (z.B. <strong>für</strong> die effektive Dosis) <br />
interessant. <br />
Dass Informationen über Risiken vom semantischen Kontext abhängen, haben bereits Lindell <br />
und Earle (1980) gezeigt. Die gleiche Risiko-‐Angabe, einmal anonym und einmal unter dem <br />
Namen „Kernkraft“ vorgegeben, führt zu unterschiedlichen Bewertungen. Eine Studie von <br />
Weinstein et al. (1989) belegt die Wirkung von Risiko-‐Vergleichen im Bezug auf das Radon-‐<br />
Risiko. Sie konnten zeigen, dass Vergleiche das Risiko-‐Verständnis verbessern. Sandman, <br />
Hallman und Weinstein wiesen jedoch <strong>für</strong> die Radon-‐Frage bereits in den 90er Jahren darauf <br />
hin, dass reine Fakten-‐Informationen zur Aktivierung (z.B. Durchführung von Messungen) <br />
nicht ausreichen (Sandman, Weinstein& Miller 1994; Sandman, Weinstein & Hallman 1998). <br />
Die Wahrnehmung der eigenen „Verwundbarkeit“ (d.h. des durch Radon-‐Exposition beding-ten<br />
Lungenkrebs-‐Risikos) ist zwar vorhanden, allerdings korreliert sie nicht mit der Bereit-schaft,<br />
das eigene Haus auf Radon-‐Belastungen testen zu lassen. Ein Grund da<strong>für</strong> ist ein Op-timismus<br />
Bias: Man hält sich selbst <strong>für</strong> weniger verwundbar als andere Personen und ver-zichtet<br />
deshalb auf den Radon Test. <br />
8 Der NOAEL (non-‐observed adverse effect level) ist die höchste Dosis bei der keine schädlichen Befunde beo-bachtet<br />
werden. <br />
9 Im ersten Fall wurde ein Krebsrisiko als 1 zu 100 000 dargestellt, im zweiten Fall als 100 000-‐fache Unter-schreitung<br />
des entsprechenden NOAEL bei Tierversuchen. Da sich diese beiden Angaben einander rechnerisch <br />
entsprechen, die Risikowahrnehmung jedoch verschieden ist, zeigt sich, dass bereits der gewählte Ansatz der <br />
Risiko-‐Abschätzung die Wahrnehmung beeinflusst. <br />
<br />
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