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BAHN EXTRA Deutsche Bundesbahn 1975 (Vorschau)

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Bahnreise <strong>1975</strong><br />

LINKS Mit einer<br />

Bezirks- bzw.<br />

Bezirkswochenkarte<br />

war der<br />

Autor im Jahre<br />

<strong>1975</strong> mehrfach<br />

unterwegs<br />

RECHTS Der<br />

Bezirk "Kassel<br />

322" ermöglichte<br />

Fahrten<br />

von Hameln in<br />

den Harz und<br />

bis nach Kassel<br />

Im Jahr <strong>1975</strong> war an eine Bahncard noch nicht zu denken, aber die<br />

<strong>Bundesbahn</strong> bot eine Reihe von Fahrpreisvergünstigungen an, die<br />

das Bahnfahren preiswerter und teilweise auch einfacher machten.<br />

Großer Beliebtheit erfreuten sich seinerzeit die einen Monat geltenden<br />

Bezirkskarten und ihre kleinere Variante, die Bezirkswochenkarte. Diese<br />

galt auf einem Schienennetz von rund 1.000 Kilometern Länge. Das<br />

DB-Netz war dafür in zahlreiche Bezirke aufgeteilt, die sich mehr oder<br />

weniger überlappten.<br />

Im Winterfahrplanabschnitt <strong>1975</strong>/76 kostete eine solche Bezirkswochenkarte<br />

65,- DM. Dafür konnte man sieben Tage lang Nahverkehrs-<br />

, Eil-, D- und DC-Züge unbeschränkt benutzen. Die noblere<br />

Variante, die Bezirkswochenkarte 1. Klasse berechtigte (für 150,- DM)<br />

auch zur Nutzung von IC- und TEE-Zügen ohne Zuschlag.<br />

Tour in den Harz<br />

Die Tage nach Weihnachten wurden von mir wie üblich für eine ausgedehnte<br />

Fototour genutzt. Ende Dezember <strong>1975</strong> ging es aber nicht in<br />

fernere Gefilde wie Hof oder Rottweil, sondern in den Harz und das<br />

östliche Niedersachsen. Ziel waren die Dampfloks der Baureihen 044<br />

und 050-053, die in Lehrte und Ottbergen ihren letzten Fahrplanabschnitt<br />

vor sich hatten – Ende Mai 1976 sollte die Herrlichkeit enden.<br />

Und für Fahrten dorthin war die Bezirkswochenkarte ideal.<br />

Ganz früh morgens um 04:30 Uhr machten wir uns am 29. Dezember<br />

auf den Weg. Wir, das waren zwei gleichgesinnte Freunde und<br />

ich. Unser Ziel: die beiden morgendlichen Reisezüge im Harz, die zwischen<br />

Bad Harzburg und Goslar noch mit Dampfloks bespannt wurden.<br />

Das war ein lohnendes Fotoziel.<br />

Mit einer Ellok 141 und einem Wendezug aus Silberlingen ging es<br />

zunächst als Zug 5801 von Hameln nach Weetzen. Die Türen schlossen<br />

automatisch, was damals noch keinesfalls die Regel war. In Weetzen<br />

gab es Anschluss an den Zug 4801, der über die Deisterbahn von<br />

Haste kam und uns bis Hannover brachte. Auch hier Standardmaterial:<br />

eine Seelzer 141 mit Silberlingen, die noch im Originalzustand daher<br />

kamen; mit Kunstledersitzen und allen Fenstern zum Öffnen. Nach<br />

einer knappen halben Stunde Aufenthalt fuhren wir weiter mit E 3101<br />

nach Goslar. Diesmal lief eine Diesellok 216 aus Braunschweig an der<br />

Spitze und hatte ein Sammelsurium von Wagen am Zughaken: Silberlinge,<br />

einen Mitteleinstiegs-Eilzugwagen, einen Umbau-Vierachser<br />

und als krönenden Schluss des Zuges einen noblen Schürzenwagen<br />

1./2. Klasse. Längst aus dem Fernverkehr verdrängt, bot er mit (in der<br />

2. Klasse) Abteilen mit acht Sitzplätzen Schnellzugkomfort der 50er-<br />

Jahre. Keine Frage: Den mussten wir nehmen.<br />

„Bitte Türen schließen, der Zug fährt ab“ tönte es um 06:04 Uhr<br />

aus dem Bahnsteiglautsprecher. Geschmeidig rollte der Wagen von der<br />

Landeshauptstadt in Richtung Goslar. Kein Vergleich zu den Silberlingen,<br />

in denen immer etwas klapperte und schepperte. Pünktlich erreichte<br />

der Zug nach sieben Zwischenhalten und anderthalb Stunden<br />

Fahrtzeit die Kaiserstadt am Harz, wo uns schon ein Dampfzug erwartete.<br />

Am Hausbahnsteig stand der Leerreisezug für den E 3104 Bad<br />

Harzburg –<br />

Goslar – Hannover<br />

mit<br />

Kurswagen<br />

nach Köln –<br />

seinerzeit der<br />

prominenteste<br />

Dampfreisezug<br />

der DB,<br />

wenngleich<br />

die eingesetzte 44 oder 50 (das Goslarer Personal hatte da frühmorgens<br />

die freie Auswahl) nur die elf Kilometer von Bad Harzburg nach Goslar<br />

am Zug blieb. Ein, zwei Bilder vom Leerzug, der schnell den Bahnhof<br />

verließ, dann ging es mit einem Schienenbus (Nahverkehrszug<br />

6762, im Kursbuch ohne Buchstabe vor der Zugnummer) hinterher<br />

nach Bad Harzburg. Die an diesem Tag eingesetzte 50er hatte mittlerweile<br />

umgesetzt und stand vor ihren sechs 26,4-Meter-Wagen abfahrbereit<br />

am Bahnsteig. Gleich im ersten Wagen hinter der Lok fanden<br />

wir in einem freien Abteil des E 3104 Platz: Um 08:16 Uhr ging<br />

es los und die folgenden 13 Minuten bis zur Ankunft in Goslar blieb<br />

die „Rübe“ draußen. Galt es doch, den Klängen der schwer arbeitenden<br />

Lok zu lauschen und den Geruch von Dampf und heißem Öl zu<br />

schnuppern.<br />

Dampftraktion pur: Von Bad Harzburg<br />

bis Goslar blieb die „Rübe draußen“<br />

Von Goslar aus brachte uns ein Schienenbus als Zug 6121 zurück<br />

nach Bad Harzburg, wo mit dem E 3536 nach Goslar samt Kurswagen<br />

nach Flensburg der nächste Dampfzug anstand. Nur zwei Wagen<br />

umfasste er, doch durch zwei Zwischenhalte brauchte er 17 Minuten<br />

für die Fahrt nach Goslar.<br />

Von Goslar fuhren wir dann in einem weiteren Eilzug nach Kreiensen,<br />

und auch diese Fahrt verlief stilvoll. Letzter Wagen im Zug war<br />

ein aus Polen stammender Schnellzugwagen der Hecht-Bauart: Seitengang,<br />

acht Sitzplätze im Abteil und viel verbautes Holz sorgten in<br />

dem fast 50 Jahre alten Wagen für eine heimelige Atmosphäre.<br />

Nach einem Abstecher nach Herzberg ging es über Goslar am Abend<br />

nach Braunschweig: Höhepunkt des Tages war die nun folgende Mitfahrt<br />

im Zug 6178 Braunschweig – Goslar, dem damals längsten Dampflok-<br />

Durchlauf vor einem DB-Reisezug. Obwohl im Kursbuch mit dem Triebwagen-Piktogramm<br />

(so was gab es damals noch!) gekennzeichnet, verkehrte<br />

der Zug planmäßig mit einer Lehrter 50er und sechs Reisezugwagen.<br />

57 Minuten hatte der Fahrplan für die 53 Kilometer nach Goslar vorgesehen,<br />

und das bei sieben Zwischenhalten – hier waren erfahrene Männer<br />

am Regler und eine „sportliche“ Fahrweise gefragt. Ohne scharfes Anfahren<br />

und beherztes Bremsen war die Fahrzeit nicht zu halten.<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013 71

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