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KOLUMNE<br />
IAAhh<br />
Ein wahrer Sturm <strong>de</strong>s Entzückens geht<br />
je<strong>de</strong>s Mal durch <strong>de</strong>n Blätterwald <strong>de</strong>r<br />
Republik, wenn nach zwei abstinenten<br />
Jahren wie<strong>de</strong>r zur Internationalen<br />
Automobil-Ausstellung nach Frankfurt<br />
gela<strong>de</strong>n wird. Diesmal sogar euphorisch<br />
zur „automobilsten Show <strong>de</strong>r<br />
Welt“. So lautet je<strong>de</strong>nfalls <strong>de</strong>r aktuelle<br />
„Claim“ (übersetzt: Anspruch) von VDA-<br />
Präsi<strong>de</strong>nt Matthias Wissmann <strong>als</strong> Beitrag<br />
zur Diskussion über Anglizismen<br />
in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Sprache, <strong>de</strong>r Du<strong>de</strong>n<br />
<strong>als</strong> „Sprachpanscher“ <strong>de</strong>s Jahres lässt<br />
grüßen.<br />
Veranstaltungsort ist natürlich die Frankfurter<br />
Messe. In <strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n keinem die Leviten gelesen<br />
(außer man begibt sich in die vor Publikum gut<br />
geschützten Bereiche), ganz im Gegenteil: Es wird<br />
das Blaue vom Himmel herunter versprochen. Und<br />
das wur<strong>de</strong> diesmal sehr ernst genommen, doch<br />
dazu später mehr.<br />
Der vom automobilen Virus befallene Liebhaber<br />
<strong>de</strong>r motorisierten Fortbewegung, gleichsam IAAisiert,<br />
wür<strong>de</strong> das Kürzel <strong>de</strong>r 65. Internationalen<br />
Automobil-Ausstellung aber treffen<strong>de</strong>r <strong>als</strong> „Immer<br />
Auf Achse“ interpretiert wissen. Um auch nur<br />
halbwegs <strong>de</strong>n Überblick über das mehr o<strong>de</strong>r weniger<br />
unüberschaubare Angebot zu bekommen, sind<br />
min<strong>de</strong>sten 20 Kilometer Fußweg durch unwegsames<br />
Gelän<strong>de</strong> vonnöten, und das ganz ohne Navigationsgerät.<br />
Denn an Übersichtlichkeit ist trotz<br />
<strong>de</strong>r sowieso schon hohen Hallen <strong>de</strong>r Frankfurter<br />
Messe durchaus noch Luft nach oben.<br />
Zu<strong>de</strong>m lädt gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Anblick <strong>de</strong>r wun<strong>de</strong>rbar polierten<br />
fahrbaren Untersätze (wür<strong>de</strong>n <strong>de</strong>ren Navis<br />
beim Rundgang helfen?) verstärkt zum Reinsetzen<br />
und Losfahren ein. Aber die Devise bei <strong>de</strong>n<br />
schönsten Exemplaren heißt normalerweise: nur<br />
anstarren, nicht anfassen. Allenfalls ein fotografischer<br />
Fingerprint ist gestattet. Natürlich mit<br />
<strong>de</strong>m unverzichtbaren Beiwerk <strong>de</strong>r wie um <strong>de</strong>n Titel<br />
von „Germany’s next Tophostess“ wetteifern<strong>de</strong>n<br />
grenzwertig schlanken jungen Damen. Bei <strong>de</strong>r Ansprache<br />
aber kommt dann doch das eine o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re<br />
Mal sehr schnell krasse Ernüchterung, wenn<br />
einem statt nach <strong>de</strong>m äußeren Eindruck erwarteten<br />
gebrochenen Deutsch mit russischem Akzent<br />
lupenreines Sächsisch entgegenschlägt. Hier sollte<br />
man sich ruhig etwas mehr Zurückhaltung auferlegen.<br />
Für die obligatorischen (tonlosen) Erinnerungsfotos<br />
spielt das sowieso keine Rolle.<br />
So stehen fast alle Exponate einfach nur herum und<br />
können ihre zu Recht o<strong>de</strong>r Unrecht versprochenen<br />
Qualitäten gar nicht unter Beweis stellen. Außer<br />
bei kleineren Testfahrten auf <strong>de</strong>m Gelän<strong>de</strong> um die<br />
Hallen, wo <strong>de</strong>n Fußgängern höchste Aufmerksamkeit<br />
ans Herz gelegt sei, <strong>de</strong>nn mal kurz Beschleunigen<br />
ist für die Tester anscheinend <strong>de</strong>r größte Beweis<br />
echter PS-getriebener Lei<strong>de</strong>nschaft. Als ver-<br />
kehrsberuhigte Zone ist die Umgebung <strong>de</strong>r Hallen<br />
je<strong>de</strong>nfalls nicht gekennzeichnet. Einige Hingucker<br />
drehen sich pirouettenartig auf <strong>de</strong>r Stelle um die<br />
eigene Achse, was nicht zum Standardrepertoire<br />
<strong>de</strong>r automobilen Fortbewegung zählt (zum Einparken<br />
aber ganz nützlich wäre).<br />
Auf <strong>de</strong>r gesamten Fläche von rund 32 Fußballfel<strong>de</strong>rn<br />
bieten sich um die 1.000 Aussteller feil. Allerdings<br />
ist gegenüber 2011 aufgrund <strong>de</strong>r „schwierigen<br />
Zeiten“ kein echtes Wachstum festzustellen.<br />
Nur die Gewichte haben sich etwas verschoben,<br />
in<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Anteil ausländischer Anbieter mit 43<br />
Prozent um elf Prozent gestiegen ist. Von diesen<br />
wie<strong>de</strong>rum kommt ein Viertel aus <strong>de</strong>m asiatischen<br />
Raum (plus sechs Prozent). Allein die Chinesen haben<br />
sich (allerdings nur auf <strong>de</strong>r Messe!) verzehnfacht.<br />
Was solche Statistiken wert sind, kann man<br />
dann allerdings daran ablesen, dass es genau einen<br />
(!) chinesischen Autohersteller („Changan“)<br />
auf <strong>de</strong>r IAA gibt.<br />
Dabei hatte alles mal so schön übersichtlich im<br />
Jahre 1897 angefangen, <strong>als</strong> im Berliner Hotel Bristol<br />
acht „Motorwagen“ von vier Herstellern aufgeboten<br />
wur<strong>de</strong>n. Mittlerweile hat <strong>de</strong>r Veranstalter<br />
VDA jedoch ein wenig die Übersicht verloren. Meine<br />
Anfrage bezüglich <strong>de</strong>r Anzahl <strong>de</strong>r ausgestellten<br />
Fahrzeuge wur<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>m Eingeständnis beschie<strong>de</strong>n,<br />
dass ihnen lei<strong>de</strong>r diese Daten nicht vorlägen,<br />
auch nicht aus früheren Veranstaltungen. Für das<br />
Zählen wür<strong>de</strong>n schlicht die Kapazitäten nicht ausreichen<br />
und die Hersteller/Aussteller wür<strong>de</strong>n diese<br />
auch nicht übermitteln. Also eine tolle Schätzaufgabe,<br />
für welche <strong>de</strong>r bekannten Fernsehshows<br />
auch immer.<br />
Man kann sich jedoch vorstellen, dass vor Ort das<br />
Personal die Zahlen peinlich genau nimmt, ist<br />
doch ein Bugatti „Jean Bugatti“ nicht weniger<br />
<strong>als</strong> 2,25 Millionen Euro netto wert. Bei <strong>de</strong>r Menge<br />
muss man aber nur bis drei zählen können, <strong>de</strong>nn<br />
darauf ist die Gesamtproduktion limitiert. Das<br />
teuerste Auto <strong>de</strong>r Welt ist dies aber wohl nicht. Informationen<br />
zufolge ist das <strong>de</strong>r ebenfalls auf drei<br />
Exemplare limitierte Lamborghini „Veneno“ mit<br />
drei Millionen Euro, netto versteht sich. Schlappe<br />
570.000 Euro fallen dann nochm<strong>als</strong> für die Steuer<br />
an. Da könnte man sich auch rund 200 VW Golf vor<br />
die Tür stellen (wenn man eine genügend große<br />
Garage hätte, die wür<strong>de</strong> aber auch in die Millionen<br />
gehen …)!<br />
Einen groben Eindruck von <strong>de</strong>r Größenordnung<br />
<strong>de</strong>r IAA bekommt man aber schon, wenn, wie vermel<strong>de</strong>t<br />
und einfach zu überprüfen, bei Audi 28<br />
Ausstellungsstücke geparkt sind. Da wird je<strong>de</strong>n<br />
Abend nachgezählt! Auch wenn <strong>de</strong>r Stückpreis<br />
wohl etwas unter <strong>de</strong>m „Jean Bugatti“ und „Veneno“<br />
liegen dürfte.<br />
Bei Durchsicht <strong>de</strong>r Ausstellernamen stutzt man<br />
bisweilen. Auf <strong>de</strong>n Lageplänen ist da an einem<br />
Stand schlicht von „Sitzius“ die Re<strong>de</strong>. In meiner<br />
naiven Unvoreingenommenheit ging ich von einer<br />
schlichten „Latinisierung“ <strong>de</strong>r bequemen Platzierung<br />
<strong>de</strong>s Fahrers in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>s Lenkra<strong>de</strong>s aus.<br />
Bei genauerem Hinsehen stellte sich dies <strong>als</strong> fataler<br />
Irrtum heraus, <strong>de</strong>nn gemeint war das Weingut<br />
Wilhelm Sitzius aus Langenlonsheim. Schon mutig,<br />
bei all <strong>de</strong>n Aktionen gegen Alkohol am Steuer,<br />
aber einen gelungenen Autokauf kann man hinterher<br />
ruhig begießen.<br />
Ein an<strong>de</strong>rer Eintrag bereitete mir noch mehr Kopfschmerzen.<br />
Da wur<strong>de</strong> die Firma „Hallo Frau GmbH“<br />
aus Krefeld aufgelistet. Mein erster Gedanke war,<br />
dass man die „Hallo Mann GmbH“ einfach nur<br />
vergessen hätte. Aber mitnichten. Ein Anruf bei<br />
<strong>de</strong>r Firma brachte heraus, dass man sich die Verbesserung<br />
<strong>de</strong>r Beziehung <strong>de</strong>r Frau zum Automobil<br />
vorgenommen habe. Angesichts eines weiblichen<br />
Anteils von nur rund einem Drittel bei Neuwagenkäufen<br />
ein löbliches Vorhaben. Die von Hallo<br />
Frau betriebene „Ladies Corner“ ist vielleicht auch<br />
nicht mehr auf <strong>de</strong>m Stand <strong>de</strong>r Dinge. Denn, wie die<br />
Frauenzeitschrift „Brigitte“ mit einer Studie gera<strong>de</strong><br />
belegt hat, ist „Schlau das neue Sexy“. Die Männer<br />
wünschen sich nicht mehr die allseits bekannte<br />
Blondine im Opel Manta, son<strong>de</strong>rn eine kluge und<br />
berufstätige Frau (mit eigenem Auto?). Am ersten<br />
Pressetag wur<strong>de</strong>n je<strong>de</strong>nfalls weibliche Besucher<br />
mit eigenen Kin<strong>de</strong>rwagen gesichtet. Gleichzeitig,<br />
so die Studie, leisten die Väter in <strong>de</strong>r Familie aber<br />
nicht mehr <strong>als</strong> früher. Na ja, die beschäftigen sich<br />
dann bestimmt mehr mit <strong>de</strong>n Hostessen …<br />
Schaut man dann aber mal genauer auf die Hauptdarsteller,<br />
so kann man, <strong>als</strong> ob sich die Hersteller<br />
abgesprochen hätten, durchaus Design-Trends erkennen.<br />
Am meisten eignen sich dazu natürlich die<br />
„Concept Cars“, die sich immer beson<strong>de</strong>rs exponiert<br />
am höchsten Punkt <strong>de</strong>s Stan<strong>de</strong>s, womöglich<br />
drehend, auf je<strong>de</strong>n Fall aber gut geschützt (es gibt<br />
nicht viele davon) präsentieren. Sie weisen hin<br />
auf das, was die Zukunft bringen wird (o<strong>de</strong>r auch<br />
nicht). Und diese scheint auf je<strong>de</strong>n Fall schlitzäugig<br />
zu sein (vielleicht auch schlitzohrig?). Das hat<br />
nichts mit <strong>de</strong>r vermehrten Anwesenheit von Asiaten<br />
auf <strong>de</strong>r IAA zu tun, son<strong>de</strong>rn wohl mehr mit <strong>de</strong>r<br />
Miniaturisierung <strong>de</strong>r Lichttechnik. Sowohl vorne<br />
wie hinten sind die Leuchtzonen sehr schmallippig<br />
gewor<strong>de</strong>n und wirken schon recht angriffslustig<br />
(aber auf keinen Fall lustig).<br />
Ein weiteres Merkmal scheint auf die fernere Zukunft<br />
hinzuweisen. Fliegen können die Konzeptautos<br />
zwar noch nicht, aber man hat ihnen zumin<strong>de</strong>st<br />
flächen<strong>de</strong>ckend Flügeltüren verpasst. Diese<br />
gelten anscheinend immer noch Verkörperung<br />
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<strong>Flotte</strong>nmanagement 5/2013