zum ADHS-Report der GEK
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1 Einleitung<br />
Die mit dem Begriff <strong>der</strong> Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (kurz:<br />
AD(H)S) 4 beschriebenen Symptome von Unaufmerksamkeit, hyperaktivem<br />
Verhalten und starker Impulsivität stellen heute eines <strong>der</strong> am häufigsten diagnostizierten<br />
kin<strong>der</strong>- und jugendpsychiatrischen Störungsbil<strong>der</strong> dar. Während<br />
über die große und zunehmende Verbreitung <strong>der</strong> Symptomatik weitgehende<br />
Einigkeit in <strong>der</strong> Fachwelt besteht, gibt es zu den Fragen, ab welchem Ausmaß<br />
von einer Störung zu sprechen ist, wie viele Kin<strong>der</strong> betroffen sind, welche Ursachen<br />
zu Grunde liegen und welche Behandlung anzuraten ist, sehr kontroverse<br />
Debatten in <strong>der</strong> allgemeinen Öffentlichkeit wie auch in <strong>der</strong> Wissenschaft.<br />
Ein großer Teil <strong>der</strong> inzwischen sehr extensiven Forschung zu diesem Thema<br />
konzentriert sich auf Ursachen, Symptome und Typen von AD(H)S. Insbeson<strong>der</strong>e<br />
über die Ursachen ist ein Streit entbrannt, in dem Vertreter eines primär<br />
medizinisch-(patho)genetischen Erklärungsansatzes den Verfechtern sozialpsychologischer<br />
o<strong>der</strong> multifaktorieller Theorien gegenüberstehen. Die beiden<br />
hier etwas überzeichneten Extrempole stellen sich in etwa so dar: Die eine<br />
Seite spricht von einem Anteil von bis zu 10-15 % betroffenen Kin<strong>der</strong> und einer<br />
möglicherweise noch höheren Dunkelziffer. Die Ursache <strong>der</strong> Erkrankung liegt<br />
aus ihrer Sicht eindeutig in einer (genetisch bedingten) Hirnstörung, die medikamentös<br />
erfolgreich zu behandeln ist. Die an<strong>der</strong>e Seite versteht AD(H)S dagegen<br />
als eine „Modediagnose“, die es eigentlich gar nicht gibt. Die Ursache<br />
sehen Vertreterinnen dieser Position in schlechten (sozialen) Rahmenbedingungen<br />
und erzieherischer Überfor<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Eltern. Eine, auch sportliche,<br />
Beanspruchung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> durch die Eltern könne das Problem meist beheben.<br />
Die mittlerweile weit verbreitete medikamentöse Behandlung mit Stimulanzien<br />
wie Ritalin ® ist ein Kernpunkt des Streits. Hintergrund ist ein exponentieller<br />
Anstieg <strong>der</strong> Verordnungsmengen <strong>der</strong> bei AD(H)S verschriebenen Präparate: In<br />
den letzten 15 Jahren ist die Verordnung von Methylphenidat um mehr als das<br />
100-fache angestiegen (<strong>GEK</strong>-Arzneimittelreport, 2007). Ob dieser Anstieg den<br />
Ausgleich einer vorher bestehenden Unterversorgung o<strong>der</strong> eine Über- bzw.<br />
Fehlversorgung darstellt, ist immer noch umstritten.<br />
Während es jedoch zu Ursachen und Behandlungsmaßnahmen vielfältige v. a.<br />
medizinische Forschungsarbeiten gibt, ist die Perspektive <strong>der</strong> betroffenen Kin<strong>der</strong><br />
und ihrer Eltern bisher noch unzureichend untersucht. Die Eltern finden<br />
sich zwischen den Polen <strong>der</strong> Debatten in einer Situation wie<strong>der</strong>, in <strong>der</strong> sie für<br />
4<br />
Weitere häufige Bezeichnungen für die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung<br />
bzw. Varianten sind „Hyperkinetische Störung (HKS)“, „Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom<br />
(ADS) mit und ohne Hyperaktivität“, „Hyperaktivität“, „ADHD“, „ADD“ o<strong>der</strong> umgangssprachlich<br />
auch „Zappelphilipp-Syndrom“. In diesem Bericht haben wir – wie auch im Fragebogen<br />
– die Kurzbezeichnung „AD(H)S“ als Oberbegriff gewählt, welche die Ausprägungen<br />
mit und ohne Hyperaktivität umfasst.<br />
<strong>GEK</strong>-Edition 15