100 Tage Regierung - Österreich Journal
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. 70 / 31. 03. 2009<br />
Wissenschaft & Technik<br />
Detektivarbeit in der Lunge<br />
Versteckten Teilen der Atmung auf der Spur – Hochkarätige Tagung in Innsbruck<br />
Eine gesunde Lunge hat 500 Millionen<br />
Lungenbläschen. Bis zu 20.000 Liter<br />
Luft tauscht unser Körper täglich durch sie<br />
aus. Was in einzelnen Zellen und Molekülen<br />
dieser „Mini-Luftballons“ genau passiert, ist<br />
besonders in Europa ein junges Forschungsthema.<br />
Erstmals standen die als „versteckte“<br />
Teile unserer Atmung geltenden Lungenbläschen<br />
im Zentrum einer hochkarätigen Tagung<br />
in Innsbruck (Tirol).<br />
„Was wir tun, ist sehr vereinfachend<br />
erklärt Detektivarbeit. Mit einer Oberfläche<br />
von insgesamt rund <strong>100</strong> Quadratmetern ist<br />
das Epithel der Lungenbläschen ein großer<br />
Schauplatz. Weitere Herausforderung ist,<br />
daß dieses Epithel – also jene Zellschicht,<br />
die eine Barriere zwischen Luft und Gewebe<br />
bildet – von außen nicht eingesehen werden<br />
kann. Wir wissen allerdings, daß eine ganze<br />
Reihe akuter und chronischer Lungenerkrankungen<br />
genau dort auf zellulärer und molekularer<br />
Ebene beginnen, vor allem wenn schädigende<br />
Einflüsse aus der Luft, wie Zigarettenrauch<br />
oder Feinstaub Entzündungsreaktionen<br />
in den Lungenbläschen auslösen“,<br />
sagt Prof. Paul Dietl, Leiter des EU-Projektes<br />
Pulmo-Net und einer der Organisatoren<br />
der internationalen Tagung.<br />
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Die Lungenbläschen haben einen Durchmesser von ein bis zwei Zehntel Millimetern.<br />
Das entspricht der »Dicke« eines Blattes Papier.<br />
Grafik: Paul Dietl<br />
Blinde Passagiere<br />
Ein Lungenbläschen allein hat gerade<br />
einmal einen Durchmesser von der „Dicke“<br />
eines Blattes Papier. Traubenförmig dicht<br />
gepackt, geben Millionen dieser Mini-Luftballons<br />
unserer Lunge ihr schwammähnliches<br />
Aussehen und sorgen für den Austausch<br />
der lebenswichtigen Atemgase. Ein Lungenröntgen<br />
kann zwar indirekt Auskunft geben<br />
über eine Fehlfunktion der Alveolen, z. B.<br />
bei einem Lungenödem. Direkt aber sind die<br />
Lungenbläschen nicht einsehbar und in bildgebenden<br />
Verfahren daher wie ein „blinder<br />
Passagier“. Um die winzig kleinen Gebilde<br />
untersuchen und damit grundlegende Erkenntnisse<br />
über die Entstehung von Krankheiten<br />
gewinnen zu können, müssen Zellen<br />
und deren Produkte aus Lungenspülungen<br />
oder Gewebeproben gewonnen werden.<br />
„Die Ergebnisse von Pulmo-Net sowie neue<br />
Kooperationen im Zuge der Tagung könnten<br />
nun optimierte Untersuchungsmöglichkeiten<br />
durch neueste mikroskopische Verfahren<br />
bringen. Insbesondere erwarten wir, daß verbesserte<br />
Zellkulturmodelle bisher übliche<br />
Methoden an der ganzen Lunge ersetzen<br />
könnten“, sagt Dietl.<br />
An schleichenden Lungenerkrankungen,<br />
wie der als klassischer Rauchererkrankung<br />
geltenden „Chronic Obstructive Pulmonary<br />
Disease“ (COPD), und am Emphysem leiden<br />
zwischen vier und zehn Prozent der Erwachsenen<br />
in Europa. Die Tendenz dieser<br />
Erkrankungen ist steigend. Diese Lungenerkrankungen<br />
gehen mit einem Umbau des<br />
Lungengewebes einher. Was bei diesem Umbau<br />
im Rahmen zellulärer und molekularer<br />
Mechanismen im Epithel der Lungenbläschen<br />
genau passiert, stand im Zentrum des<br />
„International Congress on Cellular and molecular<br />
biology of the pulmonary alveolar<br />
epithelium in health and disease“ in<br />
Innsbruck.<br />
An diesem Kongreß nahmen rund <strong>100</strong><br />
weltweit führende Experten der Lungenforschung<br />
aus Europa und den USA teil. Veranstaltet<br />
wurde die Tagung vom seit 2005 laufenden<br />
EU-Projekt Pulmo-Net und dessen<br />
Initiatoren, den Physiologen Prof. Paul Dietl<br />
(Institut für Allgemeine Physiologie, Universitätsklinikum<br />
Ulm) und Univ.-Prof. Walter<br />
Pfaller (Abteilung für Physiologie und<br />
Medizinische Physik, Medizinische Universität<br />
Innsbruck). Ziel des Kongresses war es,<br />
die Forschungsachse Europa-USA weiter zu<br />
intensivieren. Gemeinsame Inhalte waren<br />
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