100 Tage Regierung - Österreich Journal
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. 70 / 31. 03. 2009<br />
Kultur<br />
59<br />
den Symbol der <strong>Österreich</strong>ischen Nation<br />
werden. Wenn heute ihre jugendlichen und<br />
ihre älteren BenützerInnen im täglichen<br />
Umgang ebenso selbstverständlich von der<br />
NB sprechen, wie etwa die Pariser von der<br />
BN (Bibliothèque nationale de France), so<br />
kommt darin auch ein Selbstverständnis der<br />
<strong>Österreich</strong>ischen Nation zum Ausdruck, das<br />
eigens nicht mehr bezeichnet werden muß.<br />
1966 erfolgte eine wesentliche räumliche<br />
Erweiterung, indem weite Teile der Neuen<br />
Hofburg bezogen wurden und auch der neue,<br />
bis heute in dieser Funktion bestehende<br />
Hauptlesesaal am Heldenplatz eingerichtet<br />
wurde. Mit der Eröffnung des Bücherspeichers<br />
unter der Burggartenterrasse 1992 wurden<br />
auch zusätzliche Benützungsbereiche für<br />
die neuen Medien und Großformate eingerichtet.<br />
Die bislang letzte große bauliche<br />
Veränderung wurde 2005 durch den Erwerb<br />
des neu adaptierten Palais Mollard in der<br />
Herrengasse erreicht. In diesem schönen Renaissancepalais<br />
haben inzwischen das Globenmuseum,<br />
das Esperantomuseum und die<br />
Musiksammlung einen neuen großzügigen<br />
Standort gefunden.<br />
Damit wurden die räumlichen Voraussetzungen<br />
für eine effiziente Benützung der<br />
Bibliothek geschaffen, die heute durch die<br />
Einbeziehung elektronischer Informationssysteme<br />
und der Neuen Technologien als Präsentationsmedien<br />
ergänzt werden. So schafft<br />
die multimediale Darstellung der Bibliothek<br />
und ihrer wertvollen Bestände einer breiten<br />
Öffentlichkeit Einblicke und Zugänge zu<br />
den Schätzen, in Zukunft wird sie mehr und<br />
mehr auch eine konservatorische Aufgabe<br />
zum Schutz der Originale erfüllen.<br />
Der richtige Gebrauch und die Benützung<br />
der Bibliothek sind – kulturgeschichtlich betrachtet<br />
– Teil des gesellschaftlichen Lebens<br />
und der politischen Kultur eines Landes und<br />
stehen in enger Beziehung zu den Herrschaftsstrukturen.<br />
Die schrittweise Öffnung<br />
der Bibliothek für einen immer weiteren<br />
Lesekreis spiegelt eine allgemeine Entwicklung<br />
zur Demokratisierung von Wissen seit<br />
der Aufklärung wider. Die neuen Medien –<br />
insbesondere das Internet – bieten dazu<br />
heute ganz neue Möglichkeiten und sind so<br />
zu einer besonderen Herausforderung für<br />
Bibliotheken geworden.<br />
Den wichtigsten Beitrag zum richtigen<br />
Gebrauch der Bibliothek leisten indessen die<br />
Benützerinnen und Benützer selbst, wenn sie<br />
die Vielfalt der angebotenen Wissensräume<br />
anerkennen, respektieren und mit ihrem Leben<br />
erfüllen: im Augustinerlesesaal, wo der<br />
atmosphärische Raum zu einem Teil der<br />
Foto: <strong>Österreich</strong>ische Nationalbibliothek<br />
Foto: <strong>Österreich</strong> <strong>Journal</strong>/Michael Mössmer<br />
1966 erfolgte eine wesentliche räumliche Erweiterung, indem weite Teile der Neuen<br />
Hofburg bezogen wurden und auch der neue, bis heute in dieser Funktion bestehende<br />
Hauptlesesaal am Heldenplatz eingerichtet wurde.<br />
Lektüre werden und die Zeit sich aufheben<br />
kann, im Prunksaal, wo man durchaus ein<br />
wenig vor der Macht erschrecken soll, die<br />
Architektur einmal transportieren konnte, in<br />
den modernen Lesesälen, wo die Funktionalität,<br />
die Schnelligkeit und das Studium<br />
regieren, in den virtuellen elektronischen<br />
Räumen schließlich, die mehr und mehr unser<br />
Leben bestimmen. Trotz und in Zukunft<br />
vielleicht auch gegen alle Virtualisierung<br />
steht aber die Bibliothek als sichtbares Monument<br />
und als materieller Ort des kulturellen<br />
Gedächtnisses für die Sinnlichkeit, die<br />
Begreifbarkeit und die Begehbarkeit des<br />
Wissens, das sich in jener Arbeit erschließt,<br />
deren Ausübung sich geschichtlich die Menschen<br />
erst erkämpfen mußten und die man<br />
Lektüre nennt.<br />
»<strong>Österreich</strong> <strong>Journal</strong>« – http://www.oesterreichjournal.at<br />
Das Esperantomuseum und die<br />
Sammlung von Plansprachen<br />
Eine über 80jährige kontinuierliche Sammeltätigkeit<br />
ließ die weltweit größte Fachbibliothek<br />
für Plansprachen entstehen. Es<br />
werden an die 500 Plansprachen dokumentiert,<br />
von denen Esperanto und Interlingua<br />
die wichtigsten sind.<br />
Das Esperantomuseum vermittelt einerseits<br />
über ein modernes Museumskonzept<br />
mit multimedialen Präsentationen die mehr<br />
als hundertjährige wechselvolle Geschichte<br />
des Esperanto und thematisiert andererseits<br />
ganz allgemein das Verhältnis des Menschen<br />
zur Sprache. An interaktiven Medienstationen<br />
können sich die BesucherInnen in<br />
andere Plansprachen vertiefen, wie die<br />
mystische Sprache Lingua Ignota der Hil-<br />
Eine über 80jährige kontinuierliche Sammeltätigkeit ließ die weltweit größte Fachbibliothek<br />
für Plansprachen entstehen: das Esperantomuseum