100 Tage Regierung - Österreich Journal
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. 70 / 31. 03. 2009<br />
Kultur<br />
71<br />
Museum of Decorative Arts, Prag / © Mucha Trust 2009<br />
Auf mehr als 250 m² Leinwand malte Mucha die Geschichte der beiden osmanischen Provinzen Bosnien und Herzegowina,<br />
die 1878 als Folge des Berliner Kongresses unter die Verwaltung <strong>Österreich</strong>-Ungarns gestellt worden waren.<br />
© Mucha Trust 2009 / Foto: Petit Palais / Roger-Viollet<br />
Alfons Mucha, Anhänger Kaskade , um<br />
1900; Gold, Email, Opale, Diamanten<br />
und Barockperle, 12 x 5 cm; Ausführung<br />
Georges Fouquet Petit Palais, Musée<br />
des Beaux-Arts de la Ville de Paris<br />
Wie kaum ein anderer Künstler arbeitete<br />
Mucha zeitgleich in verschiedenen Genres.<br />
Um die Jahrhundertwende entstanden neben<br />
kunstgewerblichen Arbeiten auch zahlreiche<br />
Serien virtuoser Pastelle und Zeichnungen,<br />
mit kurvilinearen Umrissen und verhaltener<br />
Farbigkeit visualisierte er oftmals düstere<br />
Kapitel der Menschheitsgeschichte oder religiöse<br />
Themen. In Werken wie etwa „Vor<br />
dem Feuer sitzende Frau“ wird erkennbar,<br />
wie weit sich Mucha in dieser Schaffensperiode<br />
von rein dekorativen Intentionen entfernt<br />
hat.<br />
Zu den wichtigsten Aufträgen des Künstlers<br />
zählten seine für verschiedene Pavillons<br />
geschaffenen Beiträge für die Weltausstellung<br />
in Paris im Jahr 1900. Nachdem<br />
Muchas Pläne für einen eigenen Pavillon de<br />
l’Homme für unrealisierbar befunden und<br />
abgelehnt worden waren, wurde er 1899 von<br />
der österreichisch-ungarischen <strong>Regierung</strong><br />
mit der Gestaltung des Pavillons für Bosnien<br />
und Herzegowina beauftragt, für den er<br />
einen monumentalen allegorischen Fries fertigte.<br />
Auf mehr als 250 m² Leinwand malte<br />
er die Geschichte der beiden osmanischen<br />
Provinzen Bosnien und Herzegowina, die<br />
1878 als Folge des Berliner Kongresses unter<br />
die Verwaltung <strong>Österreich</strong>-Ungarns gestellt<br />
worden waren. Der Großteil dieser<br />
Wandbilder blieb erhalten und wird nun erstmals<br />
innerhalb der maßstabgetreu rekonstruierten<br />
Zentralhalle des Pavillons gezeigt.<br />
Nachdem Mucha bereits im Rahmen der<br />
Weltausstellung Schmuck für das Juweliergeschäft<br />
Georges Fouquet entworfen hatte,<br />
gestaltete er 1901 auch die Ausstattung des<br />
Pariser Geschäfts – und schuf damit eine<br />
Ikone des Jugendstil-Interieurs. In der Ausstellung<br />
werden einige der damals gefertigten<br />
einzigartigen Schmuckstücke und Möbel<br />
sowie Entwürfe gezeigt. 1902 gab Mucha<br />
mit seinem Mappenwerk „Documents décoratifs“<br />
ein außergewöhnliches Ornament-<br />
Handbuch für Künstler heraus, drei Jahre<br />
später folgte mit „Figures décoratives“ ein<br />
weiterer Band, in dem sich Mucha insbesondere<br />
mit dem Einsatz des menschlichen<br />
Körpers als dekoratives Element beschäftigte.<br />
Einzelne Blätter aus diesen Mappen werden<br />
in der Ausstellung präsentiert.<br />
Nach mehreren Aufenthalten in Amerika<br />
und schwindendem Erfolg in Paris zog sich<br />
Mucha um 1910 nach Prag zurück. Er erhielt<br />
von der Stadt den Auftrag, die Innenausstattung<br />
des Primatorensaals im Prager Repräsentationshaus<br />
(Obecní dum) zu übernehmen.<br />
Die in zahlreichen Entwürfen und Studien<br />
vorgestellte Arbeit gilt als letztes großes<br />
Kunstwerk des Jugendstils in Prag.<br />
Mit der Unterstützung eines amerikanischen<br />
Mäzens schuf Mucha von 1910 bis<br />
1928 ein weiteres Hauptwerk: einen Zyklus<br />
von 20 monumentalen Gemälden mit Darstellungen<br />
zur Geschichte der slawischen<br />
Völker. Teile des Slawischen Epos sind mit<br />
einer Anzahl bisher unveröffentlichter Skizzen,<br />
Studien und Übertragungszeichnungen<br />
zu sehen.<br />
Nach Ende des ersten Weltkriegs entwarf<br />
der inzwischen weltberühmte Künstler unter<br />
anderem Briefmarken, Banknoten und Orden<br />
für den jungen tschechoslowakischen<br />
Staat sowie die beeindruckenden Glasfenster<br />
des Veitsdoms, welche anhand von Skizzen<br />
und Reproduktionen nun im Belvedere präsentiert<br />
werden.<br />
•<br />
http://www.belvedere.at<br />
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