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100 Tage Regierung - Österreich Journal

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Foto: <strong>Österreich</strong> <strong>Journal</strong>/Michael Mössmer<br />

ÖSTERREICH JOURNAL NR. 70 / 31. 03. 2009<br />

1440 | Kaiser Friedrich III.<br />

Der erste große Schritt auf dem Weg zu<br />

einer kaiserlichen Bibliothek wurde unter<br />

Kaiser Friedrich III. (1415–1493) getan, der<br />

es sich zur <strong>Regierung</strong>saufgabe machte, alle<br />

Kunstschätze aus dem habsburgischen Erbe<br />

zusammenzufassen.<br />

110 besonders wertvolle Bücher ließ<br />

Friedrich III. in die Burg nach Wiener Neustadt<br />

bringen, darunter auch das böhmische<br />

Erbe mit den Handschriftenschätzen König<br />

Wenzels I. (IV.) (1361-1419) aus Prag. Die<br />

wertvollste darunter war wohl die Wenzelsbibel,<br />

eine deutsche Bibelübersetzung noch<br />

lange vor Luther, die zwar unvollendet blieb,<br />

aber dennoch 2400 Seiten in zwei Spalten<br />

mit mehr als 600 Miniaturen und prächtigem<br />

Randschmuck füllte.<br />

Ein weiteres kostbares Buch ist die<br />

Goldene Bulle, eine Abschrift des Reichsgrundgesetzes<br />

über die Wahl des deutschen<br />

Königs, das der Luxemburger Kaiser Karl IV.<br />

(1316-1378) im Jahre 1356 erlassen hatte.<br />

Als die deutschen Kurfürsten im Jahre 1400<br />

König Wenzel I. absetzten, ließ dieser aus<br />

Protest die Goldene Bulle, nach deren Wortlaut<br />

er auf rechtmäßige Weise zum deutschen<br />

König gewählt worden war, abschreiben<br />

und mit wunderbarem Bilderschmuck<br />

ausstatten. Kaiser Friedrich III., der sich das<br />

Erbe aneignete, ließ einen neuen Einband<br />

herstellen und versah diesen mit seiner<br />

Devise AEIOU.<br />

1455 | Streit um das böhmische Erbe<br />

Die Goldene Bulle und die Wenzelsbibel<br />

sind die kostbarsten Handschriften aus dem<br />

Schatz König Wenzels aus Prag, um den<br />

Kultur<br />

Friedrich III. einen erbitterten Rechtsstreit<br />

mit seinem Mündel Ladislaus Postumus<br />

(1440-1457) führte.<br />

Diesem Streit verdankt man eine wichtige<br />

Quelle zur Geschichte der Bibliothek. Denn<br />

der junge Ladislaus, der in der Wiener Burg<br />

residierte, forderte in einer Urkunde aus dem<br />

Jahre 1455 vehement die Schätze aus dem<br />

Erbe seines Vaters, König Albrecht II. (1397-<br />

1439), zurück.<br />

1500 | Kaiser Maximilian I.<br />

Maximilian I. (1459-1519), der Sohn<br />

Friedrichs III., war selbst Autor und Mitverfasser<br />

von Werken mit Bezügen zu seiner<br />

persönlichen Lebensgeschichte. Er stand mit<br />

Gelehrten wie Jakob Mennel (1460-1532),<br />

Ladislaus Suntheim (1440-1513) und Johannes<br />

Cuspinian (1437-1529) in Verbindung,<br />

die für ihn Auftragswerke schufen, und er<br />

vermehrte systematisch die Bibliothek seines<br />

Vaters. Durch die Heirat mit Maria von<br />

Burgund kamen bedeutendste Werke der<br />

burgundischen und nordfranzösischen Buchkunst<br />

in habsburgischen Besitz.<br />

Kaiser Maximilians zweite Gemahlin war<br />

Bianca Maria Sforza (1472-1510) und die aus<br />

ihrem Besitz stammenden Meisterwerke der<br />

italienischen Buchkunst waren der nächste<br />

Schatz für die Bibliothek. In einem Widmungsgeschenk<br />

anläßlich ihrer Hochzeit sieht<br />

man sie mit Maximilian I. dargestellt. Wunderbar<br />

illuminiert ist ihr eigenes Lehrbuch.<br />

1504 | Bibliotheca Regia<br />

Die wertvollen Bestände, die dem mittelalterlichen<br />

Schatz entsprachen, befanden<br />

sich stets im näheren Umfeld des Kaisers,<br />

Am Josefsplatz, er hieß früher »Tummelplatz«, ist der Eingang zum »Prunksaal«<br />

54<br />

während die Bestände in der Wiener Burg<br />

wissenschaftlicheren Charakter hatten und<br />

im Laufe des 16. Jahrhunderts durch Gelehrtenbibliotheken<br />

und Werke des Buchdrucks<br />

vermehrt wurden.<br />

So konnte der große Humanist Conrad<br />

Celtis (1459-1508) erstmals im Jahre 1504<br />

von einer „Bibliotheca Regia“ sprechen, die<br />

er auf Wunsch des Kaisers geordnet und vermehrt<br />

habe. Selbstverständlich tat er dies in<br />

Latein, der Sprache der humanistischen<br />

Gelehrten seiner Zeit.<br />

1514 | Gelehrte und ihre Bibliotheken<br />

Von den Gelehrten und ihren Bibliotheken,<br />

die in den nächsten 70 Jahren mit der<br />

Hofbibliothek in Verbindung stehen, seien<br />

hier nur ein paar genannt: Wolfgang Lazius<br />

(1514–1565) war Professor für Medizin an<br />

der Universität Wien und offizieller Historiograph<br />

Kaiser Ferdinand I. (1531–1564).<br />

Sein erstes Werk – Vienna Austriae – kam<br />

1546 in Basel bei Johannes Oporinus heraus.<br />

Der Diplomat Augerius Gislain von Busbeck<br />

(1522-1592) kaufte in Konstantinopel<br />

als Gesandter des Kaisers wertvolle griechische<br />

Handschriften an, von denen noch über<br />

270 nachweisbar sind, aus der Sammeltätigkeit<br />

des Johannes Sambucus (1531-1584) in<br />

Italien stammen über 560 griechische und lateinische<br />

Handschriften und der Katalog des<br />

Hans Derschwamm (1494-1568), des Verwalters<br />

der vom Kaiser an die Fugger verpachteten<br />

Kupfergruben in Neusohl, gibt 651 Werke<br />

an, die nach seinem Tod für die kaiserliche<br />

Bibliothek in Wien angekauft wurden.<br />

1575 | Hugo Blotius,<br />

kaiserlicher Bibliothekar<br />

Die Entwicklung der Wissenschaften im<br />

Humanismus macht es verständlich, daß<br />

Kaiser Maximilian II. (1527 - 1576) im Jahre<br />

1575 Hugo Blotius (1534 -1608), einen holländischen<br />

Gelehrten, der sich in ganz<br />

Europa aufgehalten hatte, zum ersten offiziellen<br />

Bibliothekar der kaiserlichen Bibliothek<br />

ernannte. Als er sein Amt übernahm,<br />

war die Bibliothek in einem Raum im Minoritenkloster<br />

in der Nähe der Burg untergebracht:<br />

etwa 9000 Bücher und Handschriften<br />

in Bücherkästen und Truhen. Seine wichtigste<br />

Aufgabe lag in der Inventarisierung der<br />

Bestände und so legte er einen Index der Bestände<br />

nach Autoren an und verfaßte auch<br />

einen thematischen Katalog, der sich mit den<br />

Turcica befaßte. Diesen widmete er 1576<br />

dem neuen Kaiser Rudolf II: der Katalog<br />

sollte helfen, sich über den gefährlichsten<br />

Feind des Reiches zu informieren.<br />

»<strong>Österreich</strong> <strong>Journal</strong>« – http://www.oesterreichjournal.at

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