100 Tage Regierung - Österreich Journal
100 Tage Regierung - Österreich Journal
100 Tage Regierung - Österreich Journal
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 70 / 31. 03. 2009<br />
Kultur<br />
55<br />
Diese gewissermaßen politische Funktion<br />
der Hofbibliothek wurde in der Folgezeit<br />
durch kaiserliche Verfügungen zur Ablieferung<br />
von Pflichtexemplaren unterstrichen.<br />
So bestimmte das kaiserliche Patent Ferdinands<br />
II. vom 26. August 1624 die Ablieferung<br />
je eines Exemplars eines jeden gedruckten<br />
Buches, das auf den Frankfurter<br />
Frühjahrs- und Herbstmessen angeboten<br />
wurde. Dennoch erhielt die Bibliothek die<br />
bedeutendsten Zuwächse noch immer durch<br />
den Ankauf bzw. die Verlagerung von größeren<br />
Bibliotheken.<br />
Wenn man von den großen Büchersammlungen<br />
des 16. und 17. Jahrhunderts redet, die<br />
im Laufe der Zeit in die Hofbibliothek<br />
gelangten, so darf man die Sammlung von<br />
Philipp Eduard Fugger (1546 - 1618) nicht<br />
vergessen, die 1654 um 15.000 Gulden für<br />
die Bibliothek gekauft worden war. 15.000<br />
Bücher, um die 300 Handschriften, darunter<br />
astronomische, mathematische und alchemistische<br />
Texte, sowie als Besonderheit die<br />
Fugger-Zeitungen umfassen die Bestände.<br />
und den Hof allegorische Darstellungen des<br />
Himmels und des Friedens dargestellt sind.<br />
In der Kuppel selbst sind die Apotheose<br />
Karls VI. und die allegorische Geschichte<br />
der Erbauung der Bibliothek dargestellt. Wer<br />
je diesen Saal betreten hat, in dem sich die<br />
Architektur, die Malerei und die Bücherschränke<br />
zu einem Gesamtkunstwerk verbinden,<br />
begreift besser als durch jedes Studium<br />
das universale Weltbild des Barock.<br />
Insgesamt werden im Saal etwa 200.000<br />
Bücher, datierend vom 16. bis zum 19. Jahrhundert,<br />
aufbewahrt. Die ideengeschichtliche<br />
und wenn man so will auch die kulturpolitische<br />
Funktion der Hofbibliothek wird<br />
besonders deutlich, wenn man in den zeitgenössischen<br />
Reiseberichten blättert. Zumeist<br />
sieht man hier die Außenfassade des Gebäudes<br />
abgebildet und im Text ist die Rede<br />
von der Figur des Kaisers im Zentrum des<br />
Saales und von den wunderbaren Fresken<br />
Daniel Grans.<br />
1745 | Gerhard van Swieten<br />
wird Präfekt der Hofbibliothek<br />
Ergänzend zum öffentlichen Bild der<br />
Bibliothek fand deren innere Geschichte<br />
eher im Stillen statt, auch wenn ihr durchaus<br />
berühmte Männer ihrer Zeit vorstanden. So<br />
ist Gerhard van Swieten bekannt als Leibarzt<br />
Maria Theresias, aber eigentlich hatte sie ihn<br />
1745 auch als Präfekten der Hofbibliothek<br />
nach Wien geholt. Der Holländer hatte in<br />
den Niederlanden nicht nur ein modernes<br />
Verlags-, sondern in Leiden auch ein modernes<br />
wissenschaftliches Bibliothekswesen<br />
1723 | Die Barocke Welt<br />
im Großen Saal<br />
Der entscheidende Einschnitt in der Geschichte<br />
der Hofbibliothek fällt ins 18. Jahrhundert.<br />
Kaiser Karl VI. (1685 - 1740) veranlaßte<br />
1722 den Bau einer Bibliothek am<br />
heutigen Josefsplatz – damals hieß er Tummelplatz,<br />
weil sich hier die Reitpferde des<br />
Hofes tummelten – und er verwirklichte damit<br />
nach der Beendigung des Spanischen<br />
Erbfolgekrieges und der Türkenkriege ein<br />
Bauvorhaben, das bereits sein Vater Leopold<br />
I. geplant hatte. Nach den Plänen Johann<br />
Bernhard Fischer von Erlachs wurde die<br />
Bibliothek von seinem Sohn, Joseph Emanuel<br />
Fischer von Erlach in den Jahren 1723 –<br />
1726 errichtet. Bis 1730 zogen sich noch die<br />
Ausstattungsarbeiten und vor allem die Freskenmalereien<br />
im Prunksaal hin, ehe die Hofbibliothek<br />
in diesem imperialen, barocken<br />
Saal ihre wirkliche und erste Heimstatt fand.<br />
Der Prunksaal nimmt die ganze Front des<br />
Josefsplatzes ein. Er mißt in der Länge 77,7, in<br />
der Breite 14,2 und in der Höhe 19,6 Meter.<br />
Zwei Langhäuser und ein zentraler<br />
Mittelrisalit mit einer Kuppelbekrönung, die<br />
eine Höhe von 29,2 Metern erreicht, geben<br />
dem Raum eine dreiteilige Struktur, die sich<br />
auch im Bildprogramm ausdrückt. Im heutigen<br />
Eingangsflügel behandeln die von Daniel<br />
Gran gemalten Fresken Themen der<br />
Welt und des Krieges, während im hinteren,<br />
an die Hofburg angrenzenden Flügel mit<br />
dem ursprünglichen Zugang für den Kaiser<br />
Foto: <strong>Österreich</strong> <strong>Journal</strong>/Michael Mössmer<br />
Der »Prunksaal« nimmt die ganze Front des Josefsplatzes ein. Er mißt in der Länge<br />
77,7, in der Breite 14,2 und in der Höhe 19,6 Meter.<br />
»<strong>Österreich</strong> <strong>Journal</strong>« – http://www.oesterreichjournal.at