Wirtschaftswoche Ausgabe vom 13.10.2014 (Vorschau)
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Geld&Börse<br />
30 % AKTIEN<br />
»<br />
unter der Inflationsrate liegenden Zinsen<br />
entwertet, und für Aktien und Immobilien<br />
müssen Anleger so hohe Preise bezahlen,<br />
dass die Renditeaussichten auf Jahre<br />
mau sind.“ Denn die Geschäftsbanken<br />
nutzten das Notenbankgeld weniger, um<br />
damit Kredite an Start-ups oder Mittelständler<br />
zu vergeben. Sie verliehen es weit<br />
großzügiger an Großinvestoren wie Hedgefonds.<br />
Die kauften davon Anleihen, Aktien,<br />
Immobilien. Folge: Alles ist teuer. Privatanleger,<br />
die nicht früh mit auf den Trend<br />
sprangen, haben das Nachsehen.<br />
Dass die Zinsen bald wieder substanziell<br />
steigen, ist sehr unwahrscheinlich. Schuld<br />
daran sind die noch immer viel zu hohen<br />
Schulden der Staaten; sie wurden seit Beginn<br />
der Krise keineswegs abgebaut. Würden<br />
die Zentralbanken jetzt die Zinsen erhöhen,<br />
riskierten sie einen Rückfall in<br />
schlimmste Krisenzeiten. „Die derzeitige<br />
Ruhe trügt; die Schulden können nach wie<br />
vor nicht auf normalem Wege zurückgezahlt<br />
werden“, sagt Schäfer. Der anormale<br />
Weg wären galoppierende Inflation oder<br />
ein Schuldenschnitt, die Zinspapiere entwerten.<br />
NUR KEINE PANIK<br />
Viele fallen nun von einem Extrem ins andere:<br />
„Im Moment fließt viel in Immobilien“,<br />
weiß Uwe Wiesner <strong>vom</strong> Vermögensmanager<br />
Hansen & Heinrich, „die Risiken<br />
blenden viele komplett aus.“ Dort, wo Menschen<br />
Wohnraum weiter nachfragen, sind<br />
die Preise oben: In München etwa kletterten<br />
sie seit 2008 um 56 Prozent. Zinshäuser<br />
in guten Lagen kosten 25 Netto-Jahreskaltmieten<br />
– zu viel.<br />
Ein anderer Vermögensverwalter berichtet<br />
von einem Kunden, Abteilungsleiter bei<br />
einem Dax-Konzern, der aus einem Depot<br />
Mehr Schub fürs Depot<br />
ABB<br />
21<br />
19<br />
17<br />
15<br />
ABB<br />
in Euro<br />
13<br />
12 2013 2014<br />
baut Antriebs- und<br />
Automatisierungstechnik,<br />
etwa Steuersysteme<br />
für Schiffsschrauben.<br />
Vom<br />
Zwang zu mehr Energieeffizienz<br />
profitieren<br />
auch Anleger<br />
von 500 000 Euro 100 000 machte, weil er<br />
2012 fast alles in Gold und Goldminenaktien<br />
investierte – in der festen Überzeugung,<br />
der Euro gehe kaputt, und nur Gold<br />
rette Vermögen.<br />
Besser als solche Hauruck-Umschichtungen<br />
ist es, das Depot zu streuen und regelmäßig<br />
an die für die einzelnen Anlageklassen<br />
festgelegten Quoten anzupassen.<br />
Den Kern sollten Aktien, Anleihen, Cash<br />
und Gold bilden. Sie sind schnell verfügbar,<br />
ihre Preise sind transparent, und Gebühren<br />
halten sich im Rahmen.<br />
Aktien, Anleihen, Cash, Gold<br />
Wie ein Vermögen von 50000 Euro angelegt<br />
werden sollte (in Prozent)<br />
Cash<br />
20<br />
30<br />
Anleihen<br />
Gold<br />
(physisch) 20<br />
50000<br />
Euro<br />
30<br />
Aktien<br />
Akzeptable Renditen sind ohne Aktien<br />
kaum zu schaffen. „Nur die Privatwirtschaft<br />
geht genügend unternehmerische<br />
Risiken ein, um Renditen zu erzielen, die<br />
auf Dauer über der Inflation liegen“, sagt<br />
der Finanzmarktforscher Andreas Beck.<br />
Der Aktienanteil am langfristig angelegten<br />
Depot sollte mindestens 30 Prozent betragen.<br />
Schwankungen müssen Anleger in<br />
Kauf nehmen. Aktuell liegt die Befürchtung<br />
nahe, dass der Dax schon zu weit gelaufen<br />
sein könnte. Mehr als 9100 Punkte<br />
scheinen angesichts von eskalierenden<br />
Krisen in aller Welt, rekordhoher Verschuldung<br />
der Staaten und schwächelnder<br />
Konjunktur ambitioniert, vor allem,<br />
weil die meisten Unternehmen zuletzt<br />
kein Gewinnwachstum mehr erzielt haben<br />
und die Kurse ihrer Aktien nur dank<br />
des renditesuchenden Anlegergeldes weiter<br />
stiegen.<br />
LANGER ATEM ZAHLT SICH AUS<br />
„Aktien sind nicht mehr billig, aber ihr<br />
Preis muss relativ zu den anderen Anlageklassen<br />
gesehen werden“, sagt Maik Bolsmann,<br />
Co-Chef des Kölner Geldmanagers<br />
B&K Vermögen. Berechnet man – analog<br />
zur häufigsten Preisfindungsgröße für Aktien,<br />
dem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV)<br />
– das Preis-Gewinn-Verhältnis von Anleihen<br />
oder Immobilien, sind Aktien immer<br />
noch günstig. Das KGV der 30 Konzerne<br />
im Dax liegt aktuell bei 13,7, über dem<br />
langjährigen Durchschnitt von 11,5. Ein<br />
Sechs-Parteien-Mietshaus in guter Lage<br />
Hamburgs kostet gut drei Millionen Euro<br />
und wirft jährlich Mieteinnahmen von<br />
knapp 97 000 Euro netto ab, Nebenkosten<br />
abgezogen. Damit hat es ein Preis-Gewinn-Verhältnis<br />
von 32. Und deutsche<br />
Staatsanleihen mittlerer Laufzeit bringen<br />
0,2 Prozent Rendite, ihr KGV beträgt mehr<br />
als 500.<br />
Die Crash-Gefahr lässt sich minimieren:<br />
Die Wahrscheinlichkeit eines Fehlstarts<br />
wird kleiner, je länger man investiert. Seit<br />
1949 endeten laut Wirtschaftsprofessor<br />
Max Otte nur 16 von 64 Börsenjahren in<br />
Deutschland mit Verlust. Wer fünf Jahre<br />
durchhielt, konnte mit Pech seit 1949 neun<br />
Mal mit Verlust aus der Börse gehen, dem<br />
stehen 50 Perioden gegenüber, nach denen<br />
Anleger ihre Aktien mit Gewinn verkauft<br />
hätten. Bei zehn Jahren Haltedauer<br />
sind es nur noch drei Verlustphasen, bei 15<br />
Jahren gab es keine Anlageperiode mehr<br />
mit einem negativem Ergebnis. Selbst<br />
»<br />
FOTO: PR<br />
102 Nr. 42 <strong>13.10.2014</strong> WirtschaftsWoche<br />
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