Wirtschaftswoche Ausgabe vom 13.10.2014 (Vorschau)
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Geld&Börse | Barrons<br />
»Alle zum Ausgang«<br />
INTERVIEW | Bill Gross Nach seinem Wechsel von Pimco zu Janus<br />
warnt der Zinsguru vor Apple-Bonds und wettet gegen den Euro.<br />
Bill, Sie sind seit über 40 Jahren in diesem<br />
Geschäft, und Sie haben das nötige<br />
Kleingeld. Warum setzen Sie sich nicht<br />
einfach zur Ruhe, anstatt bei Janus einen<br />
Neustart zu machen?<br />
Das Geldverwalten, das hab ich im Blut.<br />
Morgens um 5.30 Uhr aufstehen, Geld für<br />
meine Kunden verdienen und mich mit<br />
anderen Fondsmanagern messen, das sind<br />
Dinge, die ich mag; das kann man nicht<br />
einfach abstellen. Ich bin nachgerade versessen<br />
darauf, den Anlegern Renditen zu<br />
liefern und mein persönliches Spiel zu gewinnen.<br />
Ich will mich an diesem Punkt<br />
meiner Karriere nicht zur Ruhe setzen, das<br />
passt mir einfach nicht.<br />
Aber ist es der richtige Zeitpunkt, um<br />
einen neuen Rentenfonds zu starten? Die<br />
US-Zentralbank Fed fährt ihr Anleihenkaufprogramm<br />
zurück und dürfte nächstes<br />
Jahr die Zinsen anheben.<br />
Die beste<br />
Geschichte aus<br />
der aktuellen<br />
<strong>Ausgabe</strong> von<br />
dem führenden<br />
amerikanischen<br />
Magazin für<br />
Geldanleger.<br />
Ich werde einen unbeschränkten<br />
Anleihenfonds<br />
verwalten – den Janus Global<br />
Unconstrained Bond<br />
Fonds; dieser richtet sich an<br />
US-Anleger, hat aber auch<br />
eine Offshore-Version für<br />
nicht amerikanische Anleger.<br />
Aufgrund seiner unbeschränkten<br />
Natur werden<br />
Restlaufzeit, Laufzeit der<br />
Anleihen insgesamt und das Risiko von<br />
Kursverlusten bei Zinsänderungen geringer<br />
sein als bei traditionellen Anleihenfonds.<br />
Die meisten mittelfristig aufgestellten Anleihenfonds<br />
orientieren sich an einem Index<br />
von Anleihen mit durchschnittlichen Laufzeiten<br />
von fünf bis sieben Jahren. Unbeschränkte<br />
Fonds haben keine derartige<br />
Benchmark. Generell zielen unbeschränkte<br />
Fonds auf vier bis fünf Prozent Rendite bei<br />
geringem Zinsrisiko ab. Solche Fonds wollen<br />
unabhängig von den Marktbedingungen<br />
positive Renditen erwirtschaften. Rentenwerte<br />
werden zwar 80 Prozent des Portfolios<br />
ausmachen, dennoch eröffnet sich hier eine<br />
Reihe von Möglichkeiten. Man kann den<br />
Hebel unterschiedlich ansetzen, beim Kredit-,<br />
Volatilitäts-, Liquiditäts- oder Restlaufzeit-Risiko.<br />
Die Zeit ist vermutlich sehr<br />
günstig für einen unbeschränkten Fonds.<br />
DER ANLEIHENKÖNIG<br />
Gross, 70, ist Ende September zur mit 180<br />
Milliarden Dollar Kundenvermögen eher<br />
kleinen Janus Capital Group gewechselt. Vor<br />
43 Jahren hatte er die kalifornische Fondsfirma<br />
Pimco mitbegründet und diese 27 Jahre<br />
geleitet. Unter Gross stieg die heutige Allianz-<br />
Tochter zu einem Zwei-Billionen-Dollar-<br />
Koloss auf, der den Anleihenmarkt dominiert.<br />
Ist der Pimco Total Return zu groß geworden,<br />
um ihn effizient managen zu können?<br />
Dazu möchte ich nicht ins Detail gehen.<br />
Der Total Return hatte durch seine Größe<br />
Vor- und auch Nachteile. Alles, was ich sagen<br />
kann, ist: Es wird einfacher sein, Positionen<br />
aufzubauen, wenn einem die Presse<br />
nicht täglich auf die Finger schaut. Für die<br />
Rentenmarkt-Paparazzi wird Janus weit weniger<br />
interessant sein als der Total Return.<br />
Kommen wir zu den Märkten: Die Börsen<br />
sind unter Druck. Der Dow Jones ist von<br />
seinem Rekordhoch zurückgefallen. Ist<br />
das der Beginn eines starken Abverkaufs?<br />
Es ist eine wohlverdiente Pause. Die Aktien<br />
sind fünf Jahre lang gestiegen. In den USA<br />
hängt nun viel davon ab, ob die Wirtschaft<br />
um drei, zwei oder nur um ein Prozent<br />
wächst. Eine Wachstumsrate von drei Prozent<br />
ist fraglich, speziell wenn der Rest der<br />
Welt nicht wächst oder sogar schrumpft.<br />
Ich rechne mit zwei Prozent. Die US-Wirtschaft<br />
funktioniert zwar ziemlich unabhängig,<br />
aber eine Insel ist sie nicht.<br />
Warum verläuft die globale Konjunkturerholung<br />
nach der Rezession schleppend?<br />
Dafür gibt es mehrere Gründe. Die Welt ist<br />
nach wie vor hoch verschuldet. Die USA<br />
und andere Länder verdanken einen Teil<br />
ihres Wachstums der vergangenen Jahre<br />
auch der Tatsache, dass sie Kredite und<br />
Verschuldungsquoten immer mehr ausgeweitet<br />
haben. Wenn die kapitalhungrigen<br />
Länder und Unternehmen erkennen, dass<br />
sie nicht mehr im gleichen Tempo Schulden<br />
anhäufen können, verlangsamt sich<br />
das Wachstum. Auch demografische Faktoren<br />
spielen eine Rolle. Die Babyboomer<br />
boomen nicht mehr, sie werden älter und<br />
gehen in Ruhestand.<br />
Sie nicht! Sie starten gerade neu.<br />
Die meisten Babyboomer brauchen eine<br />
Gesundheitsversorgung, aber ein weiteres<br />
Haus oder ein drittes Auto brauchen sie<br />
nicht. Die Alterung unserer Gesellschaft<br />
drosselt das Wirtschaftswachstum. Der<br />
dritte Punkt ist die Technologie; sie ist ein<br />
Segen und ein Wunder, aber sie vernichtet<br />
Jobs, die nicht im gleichen Tempo ersetzt<br />
werden. Apple ist ein großartiges Unternehmen,<br />
aber sie stellen nicht so viele Leute<br />
ein wie die guten alten General Motors.<br />
Und schließlich ist auch die Globalisierung<br />
ein Thema. Da haben die USA seit dem<br />
Zweiten Weltkrieg die Nase vorn. Wir haben<br />
von der Ausweitung des Handels profitiert,<br />
weil der Dollar die Reservewährung der<br />
Welt war. Jetzt laufen die Dinge im Ausland<br />
nicht so gut. Und wenn man Gegenwind<br />
hat, fliegt man eben nicht mehr so schnell.<br />
FOTO: BRAD TRENT<br />
110 Nr. 42 <strong>13.10.2014</strong> WirtschaftsWoche<br />
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