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Wirtschaftswoche Ausgabe vom 13.10.2014 (Vorschau)

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Geld&Börse<br />

Plötzlich musste es<br />

schnell gehen: Nachdem<br />

das Amtsgericht<br />

das Testament für ungültig<br />

erklärt hatte, das sie zur<br />

Haupterbin ernannte, räumte<br />

eine Witwe das Schwarzgeldkonto<br />

ihres verstorbenen<br />

Gatten leer. „Mithilfe<br />

von Vollmachten und persönlichen<br />

Beziehungen zu<br />

Schweizer Bankern hat sie<br />

Nach Begräbnis<br />

abgeräumt<br />

ERBSCHAFTSSTREIT | Wie geprellte Erben Konten und<br />

verborgene Investments von Verstorbenen<br />

aufspüren. Eine Anleitung in vier Schritten.<br />

mehrere Hunderttausend<br />

Euro eingestrichen – zulasten<br />

der rechtmäßigen Erben“,<br />

berichtet Herbert Notz. Der<br />

Inhaber der Firma Internationale<br />

Vermögensrecherche<br />

in Zürich ist darauf spezialisiert,<br />

Vermögen im Ausland<br />

aufzuspüren, und beschäftigt<br />

sich bereits seit mehreren<br />

Jahren mit dem Fall.<br />

Die Rechtslage ist eindeutig:<br />

Der Verstorbene – ein<br />

Berliner Unternehmer – hatte<br />

mit seiner ersten Frau ein<br />

„Berliner Testament“ verfasst,<br />

demzufolge zunächst<br />

der überlebende Partner und<br />

am Ende die beiden gemeinsamen<br />

Kinder erben sollten.<br />

„Daran blieb der Mann gebunden“,<br />

sagt Notz. Das<br />

zweite Testament zugunsten<br />

der zweiten Gattin sei deshalb<br />

ungültig.<br />

Trotzdem haben Tochter<br />

und Sohn aus erster Ehe noch keinen Cent<br />

des Erbes gesehen. Denn während die Witwe<br />

das Vermögen in der Schweiz einstrich,<br />

erwiesen sich Immobilien und Firmenanteile<br />

in Deutschland wegen hoher Schulden<br />

als wertlos. Die Tochter schlug das Erbe<br />

aus Angst vor Forderungen der Gläubiger<br />

sogar aus. Doch der Sohn ließ es darauf<br />

ankommen – und engagierte Vermögensfahnder<br />

Notz, der bei Schweizer Geldhäusern<br />

nachhakte und dabei die illegalen<br />

Transaktionen der Witwe aufdeckte. Vor<br />

wenigen Wochen konfrontierte er sie damit<br />

und wartet jetzt auf ein Vergleichsangebot.<br />

Solche Fälle erleben Erbrechtsexperten<br />

immer wieder. Auslöser für erbitterte Streitigkeiten<br />

ist dabei meist eine neue Ehe des<br />

Verstorbenen. Denn mangels familiärer<br />

Bindung wird in solchen Fällen oft besonders<br />

erbittert ums Erbe gekämpft. Es sei<br />

aber bisweilen schwierig, nachzuweisen,<br />

dass Stiefmutter oder Stiefvater hohe Summen<br />

beiseitegeschafft haben, berichtet<br />

Notz. Chancenlos sind Betroffene aber<br />

nicht – wenn sie die Spielregeln kennen. Eine<br />

Anleitung in vier Schritten.<br />

1<br />

Gründlich nach<br />

Hinweisen suchen<br />

Bei Geldanlagen in Deutschland kann<br />

theoretisch nicht viel passieren: Im Todesfall<br />

informieren Banken das Finanzamt<br />

über Konten und Depots; das Vermögen,<br />

so scheint es, wird lückenlos erfasst.<br />

Das Problem: „Bisweilen erfahren die Institute<br />

nicht <strong>vom</strong> Tod ihres Kunden“, berichtet<br />

Claus-Henrik Horn, Fachanwalt für<br />

Erbrecht in Düsseldorf. Es komme vor, dass<br />

Ehepartner das Ableben des Besitzers verschweigen<br />

und Konten oder Depots mithilfe<br />

einer Vollmacht oder schlicht einer<br />

EC-Karte am Geldautomaten plündern.<br />

Und damit können sie sogar durchkom-<br />

men. Denn wenn niemand<br />

sonst von dem Konto weiß,<br />

erfährt die Bank in der Regel<br />

nur <strong>vom</strong> Tod ihres Kunden,<br />

wenn Briefe zurückkommen<br />

– und das ist nicht der Fall,<br />

wenn der letzte Partner weiter<br />

an derselben Adresse<br />

wohnt und die Post in Empfang<br />

nimmt.<br />

Zudem müssen Banken<br />

auch dann hohe Summen<br />

überweisen oder auszahlen,<br />

wenn lediglich ein Bevollmächtigter<br />

des Kontoinhabers<br />

dies in Auftrag gibt.<br />

„Nur bei offensichtlichem<br />

Missbrauch sind Bankmitarbeiter<br />

verpflichtet, beim<br />

Kontoinhaber nachzufragen“,<br />

sagt Pierre Rosenberger,<br />

Experte für Bankrecht bei<br />

Dornbach Rechtsanwälte in<br />

München. Die Schwelle dafür<br />

sei „sehr hoch“. Einschreiten<br />

muss die Bank, wenn Bevollmächtigte<br />

ein Konto auflösen<br />

oder auf ihren eigenen<br />

Namen umschreiben wollen.<br />

„Das ist von einer Vollmacht<br />

nicht gedeckt“, erklärt Rosenberger.<br />

Aber Bevollmächtigte können<br />

das Konto eben leerräumen.<br />

Misstrauische Erben<br />

sollten deshalb gründlich<br />

nach Hinweisen auf<br />

Bankverbindungen suchen.<br />

Werbegeschenke wie ein Sparkassen-Kugelschreiber<br />

oder Bank-Telefonnummern<br />

in den Anruf- oder Kontaktlisten können<br />

dabei wichtige Indizien sein.<br />

2<br />

Auskünfte bei der<br />

Bank beantragen<br />

Wer fündig wird, sollte umgehend bei der<br />

Bank anfragen, ob der Verstorbene dort<br />

Konten oder Depots hatte. In Deutschland<br />

ist das meist kein Problem – in Steueroasen<br />

wie der Schweiz kann es dagegen mühsam<br />

sein. „Eidgenössische Banken verhalten<br />

sich wenig kooperativ“, sagt Vermögensfahnder<br />

Notz aus Zürich.<br />

Ähnliche Erfahrungen hat Erbrechtler<br />

Horn gemacht. „Es kann vorkommen, dass<br />

Antragsteller keine Antwort bekommen“,<br />

sagt er. Diese Gefahr bestehe zum Beispiel,<br />

wenn sie sich nicht korrekt legitimieren.<br />

Zudem mauern Geldhäuser, wenn Antrag-<br />

ILLUSTRATION: EDEL RODRIGUEZ<br />

108 Nr. 42 <strong>13.10.2014</strong> WirtschaftsWoche<br />

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