ptj_2014-3
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Cognitive Processing Therapy zur Behandlung<br />
der Posttraumatischen Belastungsstörung<br />
Julia König und Rita Rosner<br />
Zusammenfassung: Zur Behandlung der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS)<br />
liegen positive Therapieergebnisse für unterschiedliche Verfahren vor. Cognitive Processing<br />
Therapy (CPT; Resick, Monson & Chard, 2007) gehört zu den international am<br />
besten evaluierten Verfahren, ist aber in Deutschland trotzdem wenig bekannt. Die CPT<br />
beruht auf einem sozial-kognitiven Störungsmodell der PTBS und ist eine vorrangig kognitive<br />
Psychotherapie. Neben einer Vorstellung der CPT werden Evaluationsstudien bei<br />
Erwachsenen vorgestellt. Aus Deutschland liegen bisher drei Studien vor, deren Ergebnisse<br />
nahelegen, dass sich das Manual auch hierzulande gut einsetzen lässt. Abschließend<br />
wird eine Adaptation für Jugendliche beschrieben: Die Entwicklungsangepasste<br />
kognitive Verhaltenstherapie (E-KVT) kombiniert CPT mit einer Commitmentphase sowie<br />
einem Emotionsregulationstraining und berücksichtigt die entwicklungsbedingten<br />
Bedürfnisse von Jugendlichen. Der Artikel macht die breiten Anwendungsmöglichkeiten<br />
der CPT deutlich und soll Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten 1 zur Anwendung<br />
dieses Verfahrens motivieren.<br />
Zu den international am breitesten und<br />
besten evaluierten Methoden innerhalb<br />
der KVT gehört die Cognitive Processing<br />
Therapy (CPT; Resick & Schnicke, 1993;<br />
im Deutschen manchmal als Kognitive<br />
Verarbeitungstherapie bezeichnet). Sie gilt<br />
zusammen mit der Prolongierten Exposition<br />
nach Foa (PE; Rauch & Foa, 2006) als<br />
die Methode der ersten Wahl. Beide Methoden<br />
sind dem Bereich der KVT zugeordnet,<br />
setzen aber unterschiedliche<br />
Schwerpunkte. Während die CPT den<br />
Schwerpunkt auf die Veränderung problematischer<br />
Kognitionen setzt, betont PE<br />
den Expositions- und Habituationsaspekt<br />
in der Behandlung. Watts et al. (2013) berechneten<br />
innerhalb der evaluierten KVT-<br />
Studien die Effektstärken für Interventionen,<br />
die eher einen kognitiven Fokus setzen,<br />
im Vergleich zu Interventionen mit einem<br />
stärkeren Expositionsaspekt und<br />
fanden Effektstärken von 1.63 (95% KI<br />
1.19-2.07) für eher kognitive Verfahren im<br />
Vergleich zu 1.08 (95% KI 0.85-1.31) für<br />
eher expositionsbetonte Verfahren.<br />
Seit der Einführung der Diagnose Posttraumatische<br />
Belastungsstörung (PTBS) hat<br />
sich die Zahl der Veröffentlichungen zur<br />
Behandlung dieser Störung und anderer<br />
Traumafolgestörungen vervielfacht. Ergebnisse<br />
randomisierter klinischer Studien, Pilotstudien<br />
und Fallberichte sowie die Beschreibung<br />
nicht evaluierter Methoden<br />
stehen für Praktiker oft unverbunden nebeneinander<br />
und erschweren die Einordnung<br />
und Bewertung dieser Methoden.<br />
Leitlinien, die auf Metaanalysen basieren<br />
(z. B. Australian Centre for Posttraumatic<br />
Mental Health [ACPMH], 2007; National<br />
Institute for Health and Care Excellence,<br />
2005 [NICE]), sind oft nur in Englisch verfügbar<br />
und finden daher in Deutschland<br />
nur eine eingeschränkte Leserschaft, während<br />
die deutschen, von der Arbeitsgemeinschaft<br />
der Wissenschaftlichen Medizinischen<br />
Fachgesellschaften (AWMF) herausgegebenen<br />
Leitlinien (Flatten et al.,<br />
2011) eher konsensbasiert sind und nicht<br />
auf einer eigens durchgeführten Metaanalyse<br />
beruhen. Insgesamt liegen aus dem<br />
Bereich der Kognitiven Verhaltenstherapie<br />
(KVT) 54 methodisch hochrangige randomisierte<br />
klinische Studien vor (Watts et al.,<br />
Psychotherapeutenjournal 3/<strong>2014</strong><br />
2013), während zu Eye Movement Desensitization<br />
and Reprocessing (EMDR; Shapiro,<br />
2007) nur 11 und zu psychodynamischer<br />
und Hypnotherapie jeweils nur eine<br />
Studie eingeschlossen werden konnten.<br />
Obwohl es also auch Behandlungskonzepte<br />
aus anderen Schulen, wie der psychodynamischen<br />
(Sachsse, Vogel & Leichsenring,<br />
2006; Müller & Sachsse, 2010) oder<br />
gestalttherapeutischen (Butollo, König,<br />
Karl, Henkel & Rosner, <strong>2014</strong>), gibt, wurden<br />
diese bislang nur selten in methodisch<br />
hochrangigen Designs erforscht. Damit gilt<br />
die KVT insgesamt als das mit weitem Abstand<br />
am besten evaluierte Verfahren. Zudem<br />
liegen die Effektstärken im großen bis<br />
sehr großen Bereich.<br />
CPT wurde ursprünglich für die Psychotherapie<br />
von Vergewaltigungsopfern entwickelt<br />
und wurde seither bei unterschiedlichen<br />
Patientengruppen mit PTBS (Soldaten,<br />
Flüchtlinge, Gefängnisinsassen etc.)<br />
und auch bei Komplextraumatisierten erfolgreich<br />
eingesetzt. Trotz der guten Wirksamkeit<br />
und der Robustheit der Methode<br />
ist die CPT in Deutschland wenig bekannt.<br />
Ziel dieses Artikels ist es zum einen, die<br />
CPT vorzustellen, und zum anderen, insbesondere<br />
die Studienergebnisse zusammenzufassen,<br />
die für Patienten nach sexuellem<br />
Missbrauch vorliegen.<br />
Zum CPT Modell<br />
Die CPT (Resick, Monson & Chard, 2007;<br />
<strong>2014</strong>) beruht auf einem sozial-kognitiven<br />
Modell, welches sich von den rein kognitiven<br />
Theorien darin unterscheidet, dass<br />
nicht nur auf die durch ein Trauma ausge-<br />
1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit werden<br />
im Folgenden nicht durchgehend beide<br />
Geschlechtsformen genannt, selbstverständlich<br />
sind jedoch Frauen und Männer gleichermaßen<br />
gemeint.<br />
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