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Mitteilungen der Psychotherapeutenkammer<br />

Hessen<br />

Aus nicht nur<br />

psychodynamischer<br />

Sicht wurde<br />

die Qualität<br />

psychotherapeutischer<br />

Heilkunde<br />

bisher im Wesentlichen<br />

durch<br />

eine verfahrensgebundene<br />

vertiefte<br />

Ausbildung<br />

Birgit Pechmann<br />

gewährleistet.<br />

Damit liegt dem therapeutischen Handeln<br />

eine umfassende Theorie der Entstehung<br />

und Aufrechterhaltung von Krankheiten<br />

zugrunde, aus der das klinische Vorgehen<br />

abgeleitet wird. Diese Grundannahmen<br />

und das damit verbundene Veränderungswissen<br />

bestimmen die therapeutische Haltung,<br />

die Gestaltung der therapeutischen<br />

Beziehung sowie des therapeutischen Prozesses.<br />

Sie erlauben eine systematische<br />

Reflexion des Geschehens, insbesondere<br />

wenn dieses stockt, in Krisen gerät. Die<br />

Identifikation des Psychotherapeuten mit<br />

dem von ihm angewandten Verfahren, die<br />

„Allegiance“, hat sich in der Wampold-Studie<br />

(2001) als ein wesentlicher Wirkfaktor<br />

innerhalb der Behandlung gezeigt. Demgegenüber<br />

steht eine Position in der Profession,<br />

die störungsspezifische Ansätze<br />

und eine Art verfahrens- und methodenübergreifende<br />

„integrative Psychotherapie“<br />

als Behandlungsmodell der Zukunft favorisiert.<br />

Ein Argument dafür ist, dass es keine<br />

empirischen Beweise für eine Verfahrensbindung<br />

als Voraussetzung für den Therapieerfolg<br />

gebe. Umgekehrt gibt es allerdings<br />

auch bisher keinerlei empirische Belege<br />

über die Wirksamkeit eines solchen<br />

Modells einer „allgemeinen Psychotherapie“<br />

(vgl. u. a. ausführliche Darstellung im<br />

PTJ 4-2009 u. f.). In dem aktuell erstellten<br />

Berufsbild ist der Verfahrensbezug als systematische<br />

Grundlage psychotherapeutischer<br />

Heilkunde nicht enthalten.<br />

Die an eine basale Direktausbildung anknüpfende<br />

Weiterbildung soll dem Vorbild<br />

der fachärztlichen Weiterbildung nachgebildet<br />

werden. Neben der offenen Frage<br />

der Finanzierung steht dabei ein qualitatives<br />

Moment auf dem Spiel: An Stelle der<br />

bisherigen kohärenten curricularen Psychotherapeutenausbildung<br />

könnte eine<br />

Sammlung modularer Bausteine stehen. In<br />

der Diskussion in den Kammern und auf<br />

BPtK-Ebene bzgl. der WBO/M-WBO findet<br />

eine parallele Kontroverse statt: Vertreten<br />

die Kammern weiterhin eine Trennung von<br />

Ausbildung und Weiterbildung, um z. B.<br />

eine fundierte Ausbildung in einem vertieften<br />

Verfahren zu gewährleisten? Oder geht<br />

vieles gleichzeitig via Mehrfachanerkennungen<br />

von Ausbildungsbestandteilen?<br />

Wird weiterhin eine curriculare Weiterbildung<br />

„aus einer Hand“ gefordert und damit<br />

unterstützt – oder eher eine Ansammlung<br />

von Modulen, um die Behandlungsberechtigung<br />

zu erreichen – wie in der<br />

ärztlichen Weiterbildung? In einer aktuellen<br />

Mitgliederbefragung des Marburger Bundes<br />

von <strong>2014</strong> zeigten sich über die Hälfte<br />

der befragten jungen Mediziner unzufrieden<br />

mit der Struktur und der inhaltlichen<br />

Vermittlung der fachärztlichen Weiterbildung.<br />

Die Forderung nach einer Befugniserweiterung<br />

erscheint als überfällige Beseitigung<br />

berufsrechtlicher Beschränkungen. Sie ist,<br />

wie Walz-Pawlita und Müller 2010 formulierten,<br />

auch ein „Aufgeben der Arbeit mit<br />

psychischen Mitteln durch die Ermöglichung<br />

des Einsatzes anderer Mittel“ (Psyche,<br />

64 (7), S. 596). Dabei stellen sich<br />

einige Fragen hinsichtlich der die therapeutische<br />

Behandlung schützenden Abstinenz.<br />

Befugniserweiterungen und Akut-<br />

Sprechstunden, der Psychotherapeut als<br />

„Lotse“ – analog dem Hausarzt? –, wie in<br />

neuen Versorgungsmodellen vorgeschlagen,<br />

verändern den psychotherapeutischen<br />

Behandlungsrahmen erheblich, mit<br />

Rückwirkungen auf dessen Inhalt.<br />

Die angestrebte Parallelisierung der Ausbildung<br />

zum Medizinstudium, Parallelsierungen<br />

in der Berufsausübung sind argumentativ<br />

mit der Hoffnung verbunden, als ein<br />

der Medizin gleichberechtigter akademischer<br />

Heilberuf „anerkannt“ zu werden.<br />

Demgegenüber könnte ein Plädoyer für<br />

eine „Kooperation auf Augenhöhe“ im<br />

Austausch der jeweiligen Expertise und<br />

Funktion mit ärztlichen Kollegen stehen –<br />

die die Besonderheiten psychotherapeutischer<br />

Heilkunde zum Ausgangspunkt der<br />

„Anerkennung“ nimmt.<br />

Birgit Pechmann<br />

(Vorstandsmitglied)<br />

Datenschutz in der Praxis<br />

Veranstaltung der LPPKJP Hessen<br />

am 24.05.<strong>2014</strong> mit Astrid<br />

Ackermann, Rechtsanwältin –<br />

Medien- und IT-Recht,<br />

Frankfurt/Main<br />

Mit ca. 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmern<br />

war das eine erstaunlich gut besuchte<br />

Veranstaltung zu dem Thema. Aber in<br />

Zeiten von NSA und ständig zunehmender<br />

Datensammelwut aller möglichen Internetanbieter<br />

und Hackerangriffen in großem<br />

Stil dringend notwendig für uns Psychotherapeuten.<br />

Mehr denn je müssen wir<br />

uns um die Sicherheit der uns anvertrauten<br />

Patientendaten sorgfältig kümmern.<br />

Frau Ackermann begann ihren Vortrag (Folien<br />

im Mitgliederbereich unter „Dokumente“)<br />

mit Fragen und Problemen rund um<br />

den Internetauftritt von Psychotherapeuten:<br />

Wie sprechen Therapeuten ihre (potenziellen)<br />

Patienten im Internet, auf ihrer<br />

Praxishomepage an? Immerhin sind ca.<br />

78% der Internetnutzer in den Social Media<br />

(z. B. Facebook, Google, Linked in,<br />

wer-kennt-wen.de, Xing) angemeldet und<br />

67% von ihnen dort auch aktiv. Die Vorteile<br />

der Kommunikation liegen auf der<br />

Hand: etwa der niedrigschwellige Zugang,<br />

die leichte Erreichbarkeit, die geringen<br />

Kosten. Die Gefahren können dabei leicht<br />

in den Hintergrund geraten, nämlich ganz<br />

besonders die Gefahr von Persönlichkeitsrechtsverletzungen,<br />

die schwere Kontrollierbarkeit<br />

bzw. der hohe Kontrollaufwand<br />

in den Portalen und die teilweise geringe<br />

Seriosität. Es liegt nahe, dass auch Patienten-Therapeuten-Kontakte<br />

über die sozialen<br />

Medien erfolgen können. Unsere Berufsordnung<br />

gebietet uns hier jedoch äußerste<br />

Zurückhaltung, sodass von der ver-<br />

326 Psychotherapeutenjournal 3/<strong>2014</strong>

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