ptj_2014-3
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Bundespsychotherapeutenkammer<br />
Mitteilungen der Bundespsychotherapeutenkammer<br />
Dement, depressiv oder beides?<br />
BPtK-Symposium zu Depression und Demenz im Alter am 1. Juli <strong>2014</strong> in Berlin<br />
Eine Depression kann sich neben Niedergeschlagenheit,<br />
Interessensverlust und Antriebslosigkeit<br />
auch als Gedächtnis- und Konzentrationsstörung<br />
äußern (sog. „Pseudodemenz“).<br />
Sie sieht dann einer beginnenden<br />
Demenz manchmal zum Verwechseln ähnlich.<br />
Dies führt nicht selten zu Fehldiagnosen.<br />
Daher veranstaltete die Bundespsychotherapeutenkammer<br />
(BPtK) gemeinsam mit der<br />
Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-<br />
Organisationen (vertreten durch die Vorsitzende<br />
Prof. Dr. Ursula Lehr), der Stiftung<br />
Deutsche Depressionshilfe (vertreten durch<br />
den Vorsitzenden Prof. Dr. Ulrich Hegerl) und<br />
dem Deutschen Hausärzteverband (vertreten<br />
durch Dr. Dirk Mecking) ein Symposium<br />
zu den Fragen, wie Depressionen und beginnende<br />
Demenzen im Alter richtig diagnostiziert<br />
werden können und wie die Behandlung<br />
von Depressionen im Alter verbessert<br />
werden kann.<br />
Bessere Diagnostik notwendig<br />
Nach den Grußworten der Veranstalter<br />
ging Prof. Dr. Katja Werheid, Juniorprofessorin<br />
für Klinische Gerontopsychologie an<br />
der Humboldt-Universität zu Berlin, auf die<br />
Zusammenhänge zwischen Depressionen<br />
und beginnenden Demenzen ein. Typische<br />
Symptome, die bei beiden Erkrankungen<br />
auftreten könnten, seien Vergesslichkeit,<br />
kognitive Verlangsamung, sozialer<br />
Rückzug und Antriebslosigkeit. Die Abgrenzung<br />
zwischen den beiden Erkrankungen<br />
sei nicht immer leicht und bedürfe einer<br />
ausführlichen Diagnostik, die bisher jedoch<br />
nicht immer angemessen durchgeführt<br />
werde.<br />
Schnelle Behandlung<br />
sicherstellen<br />
In seinem Vortrag betonte Bernd Zimmer,<br />
Facharzt für Allgemeinmedizin und Klinische<br />
Geriatrie, die wichtige Rolle von<br />
Hausärzten bei der Differenzialdiagnostik<br />
zwischen Depression und Demenz, da sie<br />
häufig für ältere Menschen der erste Ansprechpartner<br />
seien. Da weder Depression<br />
noch Demenz „Bring-Diagnosen“ seien,<br />
müssten sich Hausärzte zukünftig noch intensiver<br />
aktiv beiden Erkrankungen zuwenden.<br />
Außerdem sei es wichtig, dass Psy-<br />
Prof. Dr. Ursula Lehr und Prof. Dr. Rainer Richter<br />
chotherapeuten und Neuropsychologen<br />
Hausärzte zeitnaher als bisher bei der Diagnosestellung<br />
unterstützten. Auch die Defizite<br />
bei der Behandlung von depressiven<br />
älteren Menschen müssten behoben werden.<br />
Dies betreffe zum Beispiel die langen<br />
Wartezeiten in der Psychotherapie.<br />
Psychotherapie auch im Alter<br />
wirksam<br />
Prof. Dr. Meinolf Peters, Geschäftsführer<br />
des Instituts für Alterspsychotherapie und<br />
Angewandte Gerontologie, referierte über<br />
psychotherapeutische Ansätze bei der Behandlung<br />
von Depressionen mit kognitiven<br />
Symptomen im Alter. Er machte darauf<br />
aufmerksam, dass ältere Patienten mit<br />
einem Anteil von weniger als zehn Prozent<br />
in der ambulanten Psychotherapie unterrepräsentiert<br />
seien – und das, obwohl verschiedene<br />
und wirksame psychotherapeutische<br />
Ansätze für die Behandlung älterer<br />
Menschen mit Depressionen vorlägen.<br />
SSRI bei Demenz und<br />
Depression<br />
Prof. Dr. Hans Gutzmann, Vorsitzender der<br />
Deutschen Gesellschaft für Gerontopsychiatrie<br />
und -psychotherapie, ging in seinem<br />
Vortrag auf die psychopharmakologische<br />
Behandlung ein. Es gebe einen breiten<br />
Konsens in der Profession und in Leitlinien,<br />
depressive Symptomatik bei Demenzerkrankten<br />
mit Selektiven-Serotonin-Wiederaufnahmehemmern<br />
(SSRI) zu behandeln;<br />
auch wenn die empirische Evidenz hierfür<br />
nicht eindeutig sei.<br />
Diskussion<br />
Abschließend diskutierten die Experten<br />
über Möglichkeiten zur Verbesserung der<br />
Versorgung von alten Menschen mit Depression<br />
bzw. beginnender Demenz. Es bestand<br />
Einigkeit darin, dass die Sensibilität für<br />
psychische Erkrankungen im Alter bei Hausärzten<br />
gefördert und hausarztpraxistaugliche<br />
Testverfahren weiterentwickelt und<br />
stärker verbreitet werden müssten. Wichtig<br />
sei außerdem die Sicherstellung einer kurzfristigen<br />
Unterstützung der Hausärzte durch<br />
zeitnahe Termine bei Psychotherapeuten,<br />
Neuropsychologen und Fachärzten. Auch<br />
die Etablierung niedrigschwelliger Behandlungsangebote<br />
für alte Menschen mit Depressionen<br />
sowie eine größere Bereitschaft<br />
von Psychotherapeuten, alte Menschen zu<br />
behandeln, sei notwendig. Unverzichtbar<br />
seien außerdem die Etablierung eines positiven<br />
Altersbildes im Gesundheitswesen<br />
sowie die Entstigmatisierung psychischer<br />
Erkrankungen in der alten Generation.<br />
Einen ausführlichen Bericht finden Sie auf<br />
der Homepage der BPtK unter www.bptk.de.<br />
292 Psychotherapeutenjournal 3/<strong>2014</strong>