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Aktuelles aus der Forschung<br />

nachfolgenden, durch das sudden gain<br />

möglicherweise ausgelösten Veränderungen<br />

besteht.<br />

Kommentar: Die vorliegende Metaanalyse<br />

wurde methodisch im Rahmen der Möglichkeiten<br />

der bis dato publizierten Studien<br />

sehr gut durchgeführt und enthält einige<br />

wichtige Implikationen für die psychotherapeutische<br />

Praxis: Patienten sollten gemäß<br />

Informationspflicht des Psychotherapeuten<br />

auf mögliche Veränderungssprünge<br />

im Rahmen einer Psychotherapie aufgeklärt<br />

werden.<br />

Diskontinuierliche Verlaufsmuster wie z. B.<br />

sudden gains scheinen zudem ein sehr<br />

allgemeines Phänomen darzustellen, welches<br />

sowohl während einer Psychotherapie<br />

als auch bei einer Placebobehandlung<br />

und einer Pharmakotherapie auftritt (Vittengl<br />

et al., 2005).<br />

Diskontinuität und kognitive Veränderungen während einer expositionsbasiertenkognitiven<br />

Verhaltenstherapie bei depressiven Patienten<br />

Hayes, A. M., Feldman, G. C., Beevers, C.<br />

G., Laurenceau, J. P., Cardaciotto, L. A. &<br />

Lewis-Smith, J. (2007). Discontinuities<br />

and cognitive changes in an exposure-based<br />

cognitive therapy for depression.<br />

Journal of Consulting and Clinical<br />

Psychology, Special Section: Cognitive<br />

Processes and Psychotherapy 3, 409-21.<br />

Hayes und Kollegen haben in ihrer Studie<br />

bei 29 depressive Patienten untersucht, inwiefern<br />

ein „rapid early response“ oder ein<br />

„depressive spike“ im Rahmen von 20 Einzelsitzungen<br />

„Exposure-Based Cognitive<br />

Therapy (EBCT)“ auftrat. Die Autoren grenzen<br />

hierbei ein rapid early response von einem<br />

sudden gain gemäß Tang et al. (1999)<br />

ab. Vorliegende Studie wurde konzipiert, um<br />

einen depressive spike zu induzieren, um<br />

dann ein möglicherweise daran anschließendes<br />

rapid response (Reduktion der depressiven<br />

Symptomatik um mind. 60% in der<br />

fünften Sitzung) zu ermöglichen.<br />

Einleitend erwähnen die Autoren, dass beide<br />

Verlaufsmuster wichtige Marker für Veränderungen<br />

und gleichzeitig Prädiktoren für<br />

den Psychotherapieerfolg darstellen, weshalb<br />

zunächst ein Review des aktuellen Forschungsstandes<br />

dazu folgt. Plötzliche Verbesserungen<br />

treten in 60-80% der Fälle in<br />

der dritten Behandlungswoche auf. Mit rapid<br />

response scheint die Variable Hoffnung<br />

eng assoziiert zu sein: Eine frühe Reduktion<br />

von Hoffnungslosigkeit, wie sie in der Psychotherapie<br />

bei depressiven Patienten mitunter<br />

auftritt, kann u. a. den psychotherapieerfolg<br />

vorhersagen. Hingegen wird das<br />

Gegenteil einer plötzlichen Verbesserung,<br />

ein sog. depressive spike, als vorübergehende,<br />

psychische Systemdestabilisierung<br />

beschrieben, welche für eine Reorganisation<br />

Voraussetzung ist, sobald eine Assimilation<br />

des Individuums nicht mehr ausreicht.<br />

Der emotionale Stress, der mit einem solchen<br />

spike einhergeht, kann als notwendiger<br />

Katalysator hinsichtlich dramatischer<br />

Veränderungen im Leben eines Patienten<br />

bewertet werden.<br />

Die Autoren der Studie leiten anschließend<br />

aus der Verhaltenstherapie von Angststörungen<br />

ab, dass Exposition bei depressiven<br />

Patienten auch sinnvoll sein könnte, um<br />

Vermeidung zu reduzieren und kognitive<br />

Einsicht zu generieren. Hierfür sollten zunächst<br />

kognitive, affektive, behaviorale und<br />

somatische Komponenten des neuronalen<br />

Netzwerks der Depression des Patienten<br />

aktiviert werden, um die individuelle Toleranzschwelle<br />

und die Verarbeitung von vermiedenen<br />

Gefühle und Gedanken beim<br />

Patienten zu erhöhen. Auf Basis dieser Annahmen<br />

haben die Autoren ein integratives<br />

Psychotherapiekonzept für depressive Patienten<br />

entwickelt und in vorliegender Studie<br />

angewendet (Hayes et al., 2000): „Exposure-Based<br />

Cognitive Therapy (EBCT)“. Der<br />

spezielle, integrative psychotherapeutische<br />

Ansatz von Hayes und Kollegen beinhaltet<br />

u. a. Aktivitätenaufbau, Mindfulness-Based-<br />

Therapiebausteine, schemafokussierte und<br />

emotionsfokussierte Methoden, um „kognitiv-emotionales<br />

Prozessieren“ zu ermöglichen.<br />

Die Autoren prognostizieren für die<br />

Expositions- und Aktivierungsphase im Rahmen<br />

der beschriebenen Psychotherapieform<br />

ein depressive spike. Zudem äußern<br />

die Autoren die Hypothese, dass sowohl<br />

depressive spikes als auch ein rapid response<br />

ein positives Psychottherapieergebnis<br />

begünstigen.<br />

Insgesamt umfasste die ursprüngliche<br />

Stichprobe 33 Patienten, von denen neun<br />

Patienten Antidepressiva einnahmen, welche<br />

sie auch im Verlauf der Psychotherapie<br />

im Rahmen der Studie weiter einnahmen.<br />

Von den 33 Patienten nahmen 29 Patienten<br />

an mindestens zwölf von den vorgesehenen<br />

20 einzeltherapeutischen Sitzungen<br />

teil, wobei innerhalb dieser zwölf Sitzungen<br />

vier aktivierende Expositionssitzungen<br />

durchgeführt wurden. Als Messinstrumente<br />

hinsichtlich der Veränderung der<br />

depressiven Symptome wurden die Patienten<br />

gebeten, einmal wöchentlich vor<br />

der bevorstehenden Einzeltherapiesitzung<br />

innerhalb von 20 Minuten ihre persönlichsten<br />

Gedanken und Gefühle hinsichtlich<br />

der Depression schriftlich festzuhalten.<br />

Diese Aufzeichnungen wurden von erfahrenen<br />

psychologischen Ratern mit der<br />

„Change and Growth Experiences Scale“<br />

quantifiziert. Diese Skala beinhaltet u. a.<br />

Fragen zu „Hoffnung“ und „emotional-kognitive<br />

Prozesse“. Zusätzlich wurde die Modified<br />

Hamilton Rating Scale for Depression<br />

(MHRSD) verwendet, um Veränderungen<br />

hinsichtlich der depressiven Symptome<br />

zu detektieren. Hierarchische lineare<br />

Modelle wurden verwendet, um die Art<br />

der Veränderung zu erfassen (linear, quadratisch,<br />

kubisch). Darüber hinaus wurden<br />

Regressionen mit den Prädiktoren depressive<br />

spike und rapid response berechnet.<br />

Die prognostizierte kubische Verlaufsform<br />

der Veränderung konnte bestätigt werden<br />

(Verbesserung, gefolgt von Verschlechterung,<br />

gefolgt von Verbesserung). 41% der<br />

Patienten hatten ein rapid early response,<br />

welches durchschnittlich in der fünften Sitzung<br />

auftrat. 62% der Patienten erlebten<br />

mindestens einen depressive spike, welcher<br />

am häufigsten in der achten Sitzung<br />

auftrat. Die Patienten mit einem rapid early<br />

response hatten in allen darauffolgenden<br />

Sitzungen niedrigere Gesamtscores im<br />

MHRSD als nonrapid early responders. Beide<br />

Verlaufsmuster (early rapid response,<br />

depressive spike) konnten geringere depressive<br />

Symptome zu Psychotherapieende<br />

vorhersagen. Rapid-early-response-Patienten<br />

zeigten in Stunde vier erhöhte Hoffnung<br />

276 Psychotherapeutenjournal 3/<strong>2014</strong>

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